Freizeit und Meditation Freizeit und Meditation: Von Traumfänger bis Bügelperlen-Bilder
Hedersleben - Ein typisches Bastelmädchen sei Stephanie Maria Noah nie gewesen. Vor zwei Jahren ist sie es schließlich doch geworden: Auf der Suche nach Entspannung und Ruhe hat sie Traumfänger für sich entdeckt und fortan verschiedenste Varianten in allen Größen hergestellt. „Der größte glich einem Hula-Hoop-Reifen“ erzählt sie und deutet mit ausgebreiteten Armen die Dimensionen an.
Traumfänger – Ringe mit einem spinnennetzartigen Geflecht –, so sagt es der indianische Ursprungsglaube, lassen schöne Träume durch, während die schlechten im Netz hängenbleiben. Für Maria, deren erster Vorname schon in der Schulzeit an Bedeutung verlor, persönlich dennoch eine schwere Zeit – da half auch das Abfangen böser Träume nichts.
Bergauf ging es durch eine dreimonatige Therapie, in der die heute 33-Jährige sich wegen Depressionen und einer Angststörung behandeln ließ. „In der Ergotherapie hatten wir die Wahl, mit Holz oder Traumfängern kreativ zu sein.“ Sie bleibt den Traumfängern treu und schöpft auch durch die positive Resonanz Mut. Kurz darauf wird sie durch eine Freundin auf Bügelperlen-Bilder aufmerksam.
Was viele auf Anhieb an die eigene Kindergartenzeit erinnert, hat unter Erwachsenen eine kleine, aber feine Künstler-Szene. Es gibt kaum ein Motiv, das nicht bereits aus den kleinen bunten Kunststoffperlen raffiniert gesteckt wurde.
Die ersten „Iron Beads“ setzt Maria als individuelle Geschenke für Familie und Freunde zusammen. Aus anfänglich einer Handvoll Farben und wenigen Perlen ist inzwischen ein großer Korb mit zahlreichen Farbvariationen geworden. Für die Hederslebenerin bis heute eine Art der Meditation.
Eine Instagram- und Facebook-Seite entstehen - die „KreativeMaria“ wird geboren. Hier teilt Noah häufig auch persönliche Storys, will so ihr Mantra von Selbstliebe und Glücklichsein weitergeben. Seit Herbst 2019 nicht mehr nur als Inspirationsplattform oder digitale Galerie, sondern auch ganz offiziell als Nebenerwerb.
Dabei genießt sie vor allem den Austausch mit Kunden. Oft kämen die Leute „nur mit einem Stichwort oder einem Foto und ich gucke, was ich daraus machen kann“, erzählt sie. Ist das Motiv gefunden, wird eine passende Vorlage gesucht oder kurzerhand selbst erstellt.
Merchandise-Themen, zum Beispiel aus bekannten Filmen, seien zwar beliebt, wegen lizenzrechtlicher Fragen aber kaum umzusetzen. Eine eigene Webseite mit Shop und ein Arbeitszimmer stehen für dieses Jahr auf der To-Do-Liste. Bisher dient ihr Wohnzimmer als Materiallager und Werkstatt zugleich. Gesteckt wird vom Sofa aus – Dackel Arthie gern mal auf dem Schoß. Er durfte seinem Frauchen sogar schon Modell stehen und existiert seither als 2000-Perlen-Kopie in Originalgröße.
Die Französische Bulldogge Betty gehört auch zur Wohngemeinschaft, hält sich aber aus dem Bügelperlen-Business völlig raus.
Ihre Arbeit an solchen Hundeporträts will Noah unbedingt ausbauen, auch andere Kunstformen wie Keramikmalerei schwirren ihr im Kopf herum. Aktuell möchte aber erst noch eine Meerjungfrau fertiggestellt werden. Das Einzige, was hier noch schiefgehen kann: „Kurz vor Vollendung und bevor ich das Motiv mit dem Bügeleisen fixiere, stoße ich manchmal gegen das Raster“. Noah muss lachen beim Gedanken an die fliegenden Perlen. Dafür sitzen die technischen Handgriffe an anderer Stelle besonders gut.
Statt mit einer Pinzette, wandern von Hand gleich drei oder vier Perlen zeitgleich aufs Bild. Je größer ein Motiv, desto länger und desto mehr Perlen – logisch. Inzwischen dürfte sie weit mehr als 50.000 verschiedenfarbige Perlen verwendet haben, schätzt sie. Wenn die Konzentration nachlässt, legt sie eine Pause ein.
Auf Körpersignale hören und entsprechend handeln – auch etwas, das sie in der Therapie gelernt hat. Seit Mai arbeitet die Musikliebhaberin in Teilzeit wieder in der Landkreisverwaltung. „Die Auszeit nach der Krankheit war wichtig“, sagt sie, „aber jetzt fühlt es sich richtig gut an.“ (mz)

