Fleischerhandwerk im Landkreis Harz Fleischerhandwerk im Landkreis Harz: Keine Chance für Bio-Burger

Quedlinburg - Die Bratwurst auf dem Grill, die Boulette im Burger, der Braten am Sonntag - Fleisch gehört für viele zum Essen dazu; nur drei Prozent der Deutschen sind laut des „Ernährungsreports 2016“ Vegetarier. Auf den Tellern und in den Kühltruhen von Supermärkten und Discountern ist dabei vermehrt Bio-Fleisch zu finden.
Die Einkaufsmenge von Fleisch und Wurst mit Bio-Siegel hat über die Jahre stetig zugelegt, 2015 noch einmal um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nimmt man allerdings die Fleischereien im Harz in den Blick, stellt man schnell fest: Von einem Öko-Boom ist hier kaum etwas zu spüren.
Statt auf Bio setzt Christian Peters in seiner Fleischerei auf Regionalität. „Wir beziehen unser Fleisch vom Halberstädter Schlachthof“, so Peters. Auch die Züchter, mit denen der Schlachthof zusammenarbeite, seien aus der näheren Umgebung, etwa aus Derenburg oder Asmusstedt. Dafür, dass Biofleisch bei ihm nicht angeboten wird, nennt er mehrere Gründe.
Nicht die Bio-Schiene
„Meine Schiene ist nicht die Bioschiene“, erklärt Peters. Er setzt auf eine Vielfalt von Fleisch- und Wurstspezialitäten, die er in seiner Metzgerei herstellt und verkauft. „Was ich mache, könnte ich mit Biofleisch preislich so nicht realisieren“, sagt der Metzger aus Gernrode.
Die Produkte, die er anbietet, kommen auch ohne Bio-Siegel an. Peters habe „gut zu tun“; eine Nachfrage nach ökologischem Fleisch gebe es nicht. „Ich denke, das Klientel, das ich bediene, würde den Preis für Biofleisch nicht bezahlen“, so Peters. Wer dazu bereit sei, fahre direkt zu den Höfen und kaufe sein Fleisch dort.
Der Preis von Bio-Fleisch ist tatsächlich ein entscheidendes Kriterium. Zwar gaben 89 Prozent der Befragten im Rahmen des „Ernährungsreports 2016“ an, dass sie bereit oder eher bereit seien, mehr für Fleisch zu zahlen, wenn die Tiere dafür besser gehalten werden.
Eine weitere Umfrage zeigt jedoch: Den Bio-Preis - also etwa das Zweifache vom Normalpreis - würden nach Angaben des „Fleischatlas 2016“ lediglich 6,3 Prozent der Befragten zahlen. Fünf Euro für ein Kotelett mit 250 Gramm ist den meisten also doch zu viel - auch wenn die deutschen Verbraucher 2015 durchschnittlich 97 Euro für Bio-Lebensmittel ausgaben. Ein neuer Rekord-Wert.
Wie Christian Peters sagt, ist ein Bio-Siegel aber auch nicht das Wesentliche - weder für die Kunden noch für ihn als Verarbeiter. „Entscheidend ist vor allem die Frische.“ Die kurzen Wege zwischen Schlachthof und seiner Fleischerei seien deshalb ein großer Vorteil.
Alles regional
Ähnlich sieht es in der Fleischerei von Dirk Kreft in Thale aus: Die Waren werden aus regionalem, aber nicht aus ökologischem Fleisch hergestellt. „Bio ist vermutlich eher in den größeren Städten gefragt“, so Kreft. Bei ihm in der Fleischerei ist der Trend dagegen nicht zu spüren.
Die Kunden legen stattdessen vor allem Wert auf eine traditionelle Verarbeitung des Fleisches, sagt er. „Der Endverbraucher möchte Produkte, die möglichst von Hand hergestellt sind.“ Krefts Erfahrung ist außerdem: Statt für Bio-Qualität interessieren sich die Menschen eher dafür, welche Zusatzstoffe in den Fleischprodukten stecken. Darauf versuche er sich mit seinem Betrieb einzustellen. „Wir sehen zu, dass wir so wenige Zusatzstoffe wie möglich verwenden“, so Kreft.
Schlachten für Bio-Bauern
Die Fleischerei Leopold in Dankerode ist Bio-zertifiziert - verkauft wird ökologisches Fleisch aber auch hier nicht. „Ich schlachte für Bio-Bauern und gebe das Fleisch dann an sie zurück“, so Rex Leopold. Jedes Jahr muss sich die Fleischerei neu zertifizieren lassen, aber selbst Bio anzubieten, das ist für ihn keine Option.
„Wir haben das Problem, dass Bio-Bauern hier so gut wie keine Schweine haben. Und wenn sie welche haben, sind es zu wenige, damit sie uns zuverlässig beliefern könnten“, sagt Leopold. Und zweigleisig zu fahren - also sowohl Bio also auch konventionelles Fleisch anzubieten - sei vom Aufwand her zu groß.
Für Bio-Fleisch sprechen vor allem die ethischen Gründe; ob es gesünder ist als konventionelles, das ist unter Experten umstritten. Auch für Rex Leopold stellt sich die Frage, inwieweit Biofleisch tatsächlich besser ist als das, was er von seinen „Bauern von nebenan“ bezieht. „Die Bauern ziehen ihre Ferkel selbst. Sie werden mit Futter aus eigenem Anbau gefüttert und stehen auf Stroh“, erklärt Rex Leopold. Bereits seit 25 Jahren arbeite er mit denselben Bauern zusammen. „Da weiß ich, was ich kriege“, sagt er. (mz)