Erschossener Luchs im Harz Erschossener Luchs im Harz: "Jagdschein wird in jedem Fall entzogen"

Opperode/St. Andreasberg - Das bei Opperode im Landkreis Harz gefundene Luchsweibchen wurde nach Ansicht des Kreisjägermeisters im Harz nicht dort getötet, wo der Kadaver entdeckt wurde. „In der Umgebung hätte jeder den Schuss gehört“, sagte Holger Piegert der MZ. Außerdem habe man kein Projektil gefunden.
Trotzdem will Piegert nicht ausschließen, dass der Inhaber eines Jagdscheines das trächtige Weibchen erschossen hat. Im gesamten Kreisgebiet gibt es seinen Angaben zufolge rund 1.400 Jagdschein-Besitzer, etwa 1.000 davon seien in der Kreisjägerschaft organisiert.
Der Luchskadaver war am Freitag von einem Spaziergänger mehrere hundert Meter von Opperode, einem Ortsteil von Ballenstedt, nahe einem Wald gefunden worden. Luchse sind streng geschützt, weshalb die Nationalparkverwaltung Harz in Wernigerode Strafanzeige erstattet hat. Jagdwilderei kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden, in besonders schweren Fällen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Ein Tier wie den Luchs zu töten, das ganzjährige Schonzeit genießt, sei ein schwerer Fall von Jagdwilderei, betonte auch Kreisjägermeister Piegert. „Der Jagdschein wird in jedem Fall entzogen.“
Wie viele Wilderei-Fälle es in der Vergangenheit im Harz gegeben hat und was mit dem Luchs-Kadaver geschieht, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Piegert ist seit drei Jahren Kreisjägermeister, für ihn ist der getötete Luchs die erste Wilderei im Landkreis Harz. „Anfang der 1990er Jahre gab es einige Fälle im Raum Harzgerode und Siptenfelde, seitdem kann ich mich an keine weiteren Zwischenfälle erinnern“, sagte Piegert.
Im Rahmen der Wiederansiedlung des Luchses in den Jahren 2000 bis 2006 im Harz wurden nach und nach 24 Luchse freigelassen, sagte Ole Anders, der Leiter des Harzer Luchs-Projektes in St. Andreasberg (Kreis Goslar, Niedersachsen). Anders geht davon aus, dass in den vergangenen 15 Jahren rund 200 Luchse in freier Wildbahn zur Welt gekommen sind.
Im gesamten Harz leben 80 bis 90 Luchse
Nach noch nicht abgeschlossenen Zählungen leben heute 80 bis 90 Tiere auf rund 2.200 Quadratkilometer im Harz, wobei die Population langsam wachse. Im Harz ausgewilderte Tiere leben nach Erkenntnissen des Luchs-Projektes mittlerweile außer in Niedersachsen auch in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Hessen. Einschließlich des jetzt erschossenen Tieres wurden insgesamt 47 tote Luchse registriert. Elf von ihnen wurden von Autos überfahren, zweithäufigste Todesursache war die so genannte Fuchsräude.
Im Harz hat es - besonders zu Beginn der Wiederansiedlung - immer wieder kritische Stimmen zu dem Projekt gegeben. Befürchtungen, Luchse könnten eine Gefahr für Menschen darstellen, haben sich allerdings nicht bestätigt. Einzelne Jäger kritisierten, die Raubkatzen könnten für eine Dezimierung des Wildbestandes, vor allem des Rehwildes, verantwortlich sein. Die für die Wiederansiedlung zuständige Nationalparkverwaltung hat dies stets zurückgewiesen.
Der Kadaver des Luchsweibchens wird inzwischen am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin untersucht. Erst durch die Untersuchung lasse sich unter Umständen klären, mit was für einer Waffe das etwa 20 Kilogramm schwere Raubtier getötet wurde, sagte Kreisjägermeister Holger Piegert. Und der Schütze? „Ich glaube nicht, dass sich der ermitteln lässt“, erklärte Piegert. (dpa/mz/wsl)