Dorfgemeinschaft Ehepaar Tannhäuser kümmert sich um Vögel auf Spielplatz Hedersleben: "Das ist sein Ritual" sagt Giesela

Hedersleben - Man merkt Siegfried Tannhäuser schnell an, dass er gut mit Tieren kann. Er hat diese gewisse Ruhe, macht nicht viele Worte. Dann erzählt er aber doch: „Ich komme eben vom Dorf. Und wir hatten damals halt kein Handy oder so was - wir hatten Tiere.“ Sein Vater habe Kanarienvögel gehabt und er als Junge schon Tauben, um die er sich kümmerte.
Und heute kümmert sich Siegfried Tannhäuser um die Vögel in der Voliere auf dem Mehrgenerationenspielplatz neben dem Hederslebener Kloster. Wie jeden Morgen verbringt er auch heute etwa eine Stunde hier, um die Kanarienvögel und Tauben zu füttern, die Voliere zu säubern und ein bisschen aufzuräumen.
„Wir hatten damals halt kein Handy - wir hatten Tiere“, berichtet Siegfried Tannhäuser
„Das ist eben sein Ritual“, sagt seine Frau Giesela Tannhäuser, die heute mal mit zum Spielplatz gekommen ist. „Nach dem Frühstück zieht er los zu den Vögeln. Jeden Tag, auch sonn- und feiertags, und im Winter oft sogar zweimal täglich, um die gefrorenen Wassernäpfe neu zu füllen.“
Siegfried Tannhäuser blinzelt zu den Worten seiner Frau in die Vormittagssonne, über sich selbst zu reden ist auch nicht so sein Ding. Nur das Nötigste: 50 Jahre habe er auf dem Bau gearbeitet, bis er 2013 in Rente ging.
Sogleich sei er dann zur damaligen Bürgermeisterin von Hedersleben, Kornelia Bodenstein, gegangen, um sie zu fragen, wo er sich ehrenamtlich im Ort einbringen könnte. Er hatte die Vögel und den Spielplatz schon dafür ins Visier genommen, schlug das der Bürgermeisterin vor und die Sache war abgemacht.
Wenn ihr Mann angeln ist, übernimmt Giesela Tannhäuser die Vogel- und Spielplatzpflege
Einmal im Jahr ist Siegfried Tannhäuser, der am 1. Mai 72 Jahre alt wird, mit ein paar Freunden in Norwegen zum Angeln. Diese Leidenschaft sei mit der Wende gekommen, erzählt er, der auch Mitglied im Angelverein Ostharz ist.
Dass er auch sehr schlagfertig sein kann, stellt sich heraus, als er über das Kennenlernen mit seiner Frau sagt: „Sie ist mir freiwillig an den Haken gegangen, da habe ich gar keinen Köder gebraucht.“ 1971 haben die beiden geheiratet, bald ist goldene Hochzeit.
Wenn Siegfried in Norwegen angeln ist, übernimmt Giesela die Vogel- und Spielplatzpflege. Sie ist weniger zurückhaltend als ihr Mann, auch wenn es darum geht, Missstände zu benennen. „Das sieht hier morgens manchmal aus“, schimpft sie. „Manche Leute lassen einfach ihren Müll hier liegen, ich kann das nicht verstehen.“
Nach sechs Wochen Pause ist wieder Essensausgabe im Kindergarten in Hedersleben
Nach sechs Wochen Pause gibt sie am Montag das erste Mal wieder das Mittagessen in der Hederslebener Kita aus, weshalb sie gleich losmüsse. Mit diesem Job verdient sich die 66-Jährige etwas zu ihrer Rente dazu und unterstützt ihre alte Schulfreundin Sieglinde Schwede, die jeden Tag in der Küche ihrer Gaststätte „Night and Day“ verschiedene Mahlzeiten für Abo-Kunden und eben auch die Kita und die Schule kocht.
Für Giesela Tannhäuser sind diese zweieinhalb Stunden am Tag - von 11 bis 13.30 Uhr ist sie meistens in der Kita - eine schöne Abwechslung und auch ein Quell der Lebensfreude. „Natürlich erzähle ich dort auch immer ein bisschen mit den Kindern und die rufen schon von Weitem, wenn sie mich sehen:
,Giesela, was hast du heute für uns gekocht?‘ Dabei gebe ich das Essen ja nur aus“, lacht sie. Einfach auf der heimischen Terrasse sitzen sei nichts für sie, sagen die beiden. „Da wird man ja erst recht steif.“ (mz)