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Der Herr der Orgeln Der Herr der Orgeln: Irgendwann muss auch Schluss sein

Von Uwe Kraus 09.03.2021, 12:56
Sein B-A-C-H hängt bei Dietmar Damm an der Wand (rechts): „Das Modell ist sogar spielbar“, sagt er über die Orgelpfeifen.
Sein B-A-C-H hängt bei Dietmar Damm an der Wand (rechts): „Das Modell ist sogar spielbar“, sagt er über die Orgelpfeifen. Uwe Kraus

Wernigerode - Dietmar Damm kennt viele Familiengeschichten, die der Schukes, Eules, Rövers, Silbermanns, von Ladegast,  Papenius und Hüfken. Die Orgelbauer-Dynastien begleiten den 82-jährigen Kirchenmusiker fast sein Leben lang. Als frisch gebackener Absolvent der Kirchenmusikschule Dresden trat er zum 1. Advent 1959 in Crostau seine erste Kantorenstelle an. „Dort in der Oberlausitz saß ich an einer schönen Silbermann-Orgel. Sie hatte mich eigentlich in diese Gemeinde gezogen“, erzählt er. 

Die wahre Praxis beginnt auf den Gangbrettern

Mitte der 1960er Jahre zog das Kantorenpaar nach Wernigerode: Gertraud Damm wirkte an der Liebfrauenkirche, seine Stelle als Kirchenmusiker war ab 1965 an die Stiftskirche St. Sylvestri gebunden. Schon damals suchte der Kirchenkreis Wernigerode jemanden, der sich mit Orgelproblemen befasst. Und fand ihn in Dietmar Damm. „Wir haben zwar im Studium mal eine Orgelwerkstatt besichtigt, aber die wahre Praxis beginnt im täglichen Leben, wenn man mal auf Gangbrettern ganz hoch in die Orgel steigt.“

Das tat der 82-Jährige bis vor kurzem noch. Seine Beauftragung im Kirchenkreis Halberstadt endete zum 1. Januar. „Irgendwann muss auch als Orgelbeauftragter Schluss sein“, sagt der agile Kirchenmusiker.

Zum Wernigeröder kam kurz darauf der damalige Kirchenkreis Osterwieck hinzu - was dem späteren Kirchenmusikdirektor Probleme jenseits der Orgeltastatur bescherte. „So 15 Gemeinden befanden sich im Sperrgebiet. Dorthin einreisen durfte ich erst nach viel Bürokratie.“ Es ist bis heute wichtig, den Gemeinden als Berater zur Seite zu stehen.

„Neubau, das war damals ein Traum“

Zur DDR-Zeit ging es vornehmlich darum, die Instrumente spielbar zu halten. „Neubau, das war damals ein Traum. Keine Mitarbeiter, kein Material. Da warteten die Gemeinde acht bis zehn Jahre, also so lange wie auf einen Trabant. Früher ging es darum, überhaupt eine Orgelwerkstatt zu finden, heute laufen drei Angebote bei mir als Orgelsachverständigem auf.“

Damm ähnelte manchmal auch einem Umzugsunternehmer:  Als die Orgel der Nikolai-Kirche Osterwieck nach Stötterlingen umzog, war er ebenso dabei wie beim wertvollen Instrument aus Hordorf, das nun in Belzig zu hören ist.

Fast jede Orgel hat eine Geschichte

Zu fast jeder Orgel zwischen Heteborn und Brocken weiß Damm eine Geschichte zu erzählen. Er schaute hinter die Kulissen, denn manch wunderschöner Orgelprospekt verbirgt Neuhinzugefügtes. Gelernt hat er in den Jahren, dass „manche Orgelhistorie ohne die Originalakten mit Vorsicht zu genießen ist“.

„Es gibt zwar nicht viele Neubauten, aber wunderbare Instrumente“, schwärmt der Kirchenmusiker zu den über 150 Orgeln im Kirchenkreis Halberstadt. Dabei fallen nicht vorrangig die Namen bekannter Gotteshäuser: Klein Quenstedt, Badersleben, Danstedt, in Abbenrode stehe eines der ältesten Instrumente, eine barocke Cuntzius-Orgel, „die die Firma Schuke noch zu Sperrgebietszeiten restaurierte“.

Wer Damm als Orgelbeauftragtem folgt? „Ich freue mich, dass mein pensionierter Kollege Werner Jankowski aus dem Kirchenkreis Egeln nun die Aufgabe übernommen hat.“ (mz)