Betrugs-Masche per Telefon Betrugs-Masche per Telefon im Landkreis Harz: Angebliches Inkasso-Büro will Schulden eintreiben

Quedlinburg - Herbert Hübner (Name von der Redaktion geändert) geht nicht mehr ans Telefon, wenn er die Nummer, die im Display angezeigt wird, nicht kennt. „Eine Schutzmaßnahme“, erklärt er. Wer ein Anliegen hat, muss auf den Anrufbeantworter sprechen.
Betrüger wollten ihn vor ein paar Tagen abzocken. Sie haben es zwar nicht geschafft, aber der 78-Jährige befürchtet, sie könnten es noch mal versuchen, schlimmstenfalls vor seiner Tür stehen. Deshalb will er auch unerkannt bleiben.
„Rechtsabteilung“ drohte mit Kontensperrung
Ein vermeintliches Inkasso-Büro war am anderen Ende der Leitung, wollte Schulden eintreiben, die Hübner, der im Altkreis Quedlinburg zu Hause ist, angeblich bei der Win AG hat. Der Anrufer habe ihm unterstellt, vor drei Jahren einen Fernabsatzvertrag abgeschlossen zu haben, und teilte ihm mit, dass sich die offenen Forderungen inzwischen auf knapp 2.000 Euro beliefen, schildert er.
Als der Rentner das in Frage stellte, wurde er mit der „Rechtsabteilung“ verbunden. Die habe ihm zu einer „außergerichtlichen Einigung“ geraten: Überweise er noch am selben Tag 1.500 Euro, sei er „alle Sorgen los“. Andernfalls werde man eine Kontensperrung veranlassen und den Gerichtsvollzieher vorbeischicken.
„Man hört und liest so was ja überall“, sagt Hübner. Deshalb sei ihm die Sache von Anfang an komisch vorgekommen. Zumal er auch wusste, dass er nichts Dubioses unterschrieben und an keinem Gewinnspiel oder dergleichen teilgenommen hatte. Er wandte sich an den für seinen Ort zuständigen Regionalbereichsbeamten und erstattete Anzeige, brachte bei der Sparkasse in Erfahrung, dass Konten nicht einfach auf Zuruf gesperrt werden könnten und holte sich auch bei der Verbraucherzentrale Rat.
Anzeige bei Polizei, Rat von der Verbraucherzentrale
„Er hat sich absolut vorbildlich verhalten“, sagt Bettina Moosbauer vom Polizeirevier Harz in Halberstadt. Nicht nur, weil er nicht gezahlt habe, sondern auch, weil er bei der Polizei gewesen sei. Je mehr Fälle - ob Betrug oder Versuch - bekannt würden, desto eher könnten Rückschlüsse auf die Täter gezogen werden.
Im besten Fall steht am Ende ein Ermittlungserfolg. Wobei die Strafverfolgung bei Betrugsdelikten oft schwierig sei, weil die Täter häufig aus dem Ausland agierten, Scheinkonten nutzten. Hübner hat sich - neben der Bankverbindung - auch die Telefonnummern notiert. „Das ist schon mal ein Ermittlungsansatz, vorausgesetzt der Anruf wurde nicht über einen Rechner umgeleitet“, so Moosbauer.
Rentner notierte sich die Telefonnummer
In der vom Bundeskriminalamt veröffentlichen Kriminalstatistik für das Jahr 2016 sind Sachsen-Anhalt-weit 22.754 Betrugsfälle erfasst. Rund drei Viertel der Fälle wurden demnach aufgeklärt.
Moosbauer kennt die Maschen der Betrüger und auch den Inkasso-Betrug, der in der Regel mit einem Brief oder einer E-Mail seinen Lauf nehme, seltener telefonisch. Sie rät deshalb, E-Mail-Anhänge von unbekannten Absendern nicht zu öffnen, misstrauisch zu sein und nicht vorschnell zu handeln. „Wer Geld will“, weil eine echte Rechnung noch nicht beglichen sei, „der meldet sich“ - mit einer ordentlichen Zahlungserinnerung beziehungsweise Mahnung.
Nicht wie in Hübners Fall. Bei ihm klingelte das Telefon am Nachmittag, sechs Stunden nach dem ersten Anruf, erneut. Wieder das angebliche Inkassobüro. „Die wollten jetzt wissen, wie ich mich entschieden habe.“ Er erklärte, dass er nicht zahlen werde, ja, bereits bei der Polizei gewesen sei - und bekam zur Antwort, dass ihm das nichts nützen werde. Doch „bis jetzt war Ruhe“, sagt Hübner.
Drohungen haben den Rentner erschreckt
Was allerdings bleibt, ist die Verunsicherung. Die Vorgehensweise der Betrüger habe ihn erschreckt, ihre Professionalität und „womit sie einem gedroht haben“. Er weiß nicht, wie er reagiert hätte, wenn seine Frau nicht gewesen wäre. Die habe ihn in seiner Einschätzung bestärkt, dass der Anruf unseriös sei. „Vielleicht wäre ich sonst drauf eingegangen, um meine Ruhe zu haben“, überlegt er. „Und dann wäre das Geld weg gewesen.“ (mz)