Ausstellung "Jurassic Harz" in Braunschweig Ausstellung "Jurassic Harz" in Braunschweig: Wo die Dinos leben

Halberstadt - „Die meisten verbinden Halberstadt mit Würstchen, die wenigsten mit Dinosauriern. Wir wollen das ändern“, sagt Rüdiger Becker, Direktor des Halberstädter Vogelkundemuseums Heineanum. Das Magazin des Hauses ist eine Fundgrube für Paläontologen wie Ralf Kosma.
Der Mitarbeiter des Staatlichen Naturhistorischen Museums Braunschweig ist am Donnerstag nach Halberstadt gekommen, um mehrere Kisten mit Plateosaurus-Fossilien abzuholen: Oberschenkelknochen, Wirbelsäulenfragmente, Rippen, Krallen, Zähne. Die 20 Objekte, die mitunter aus mehreren Teilen bestehen, werden bald in Niedersachsen zu sehen sein.
Eröffnung am 1. April in Braunschweig
Für die Sonderausstellung „Jurassic Harz“, die am 1. April im Naturhistorischen Museum Braunschweig eröffnet wird, hat das Heineanum Leihgaben zur Verfügung gestellt. „Halberstadt ist ein Fundort von internationaler Bedeutung“, sagt Kosma mit Blick auf das, was von den Plateosaurus-Exemplaren übrig blieb, die vor etwa 220 Millionen Jahren dort unterwegs waren, wo nun die Straße nach Quedlinburg vorbei führt. Die Zahl der Plateosaurus-Fundorte sei „sehr überschaubar“, so Kosma, und nennt neben Halberstadt noch den Raum Stuttgart und einige Orte in der Schweiz.
„Gegenüber vom Media-Markt“, so umschreibt der ehemalige Heineanum-Mitarbeiter Rüdiger Holz den Halberstädter Fundort der Vorläufer der Sauropoden wie Brachiosaurus und Diplodocus. Arbeiter hatten sie im Sommer 1909 entdeckt; wissenschaftlich begutachtet wurden sie dann im Herbst vom Paläontologen Otto Jaekel:
„Die Funde von Dinosauriern und anderen Wirbeltieren, die in den letzten drei Jahren in der oberen Trias von Halberstadt gemacht wurden, haben ein so umfangreiches Material für neue Forschungen geliefert, dass ich es bisher noch nicht wagte, der Wissenschaft darüber einen Bericht zu erstatten“, schreibt er 1914 in der „Paläontologischen Zeitschrift“.
Schon 1914 eine Sensation
Und weiter: „Bis jetzt sind nun etwa 35 Skelette von Dinosauriern in der Grube entdeckt worden. Eines davon ist nahezu vollständig, es fehlten ihm nur, als wir die Ausgrabung begannen, die Zehenglieder des rechten Hinterfußes, die wohl zuerst vorhanden waren, aber von den Arbeitern im Ton übersehen sein mögen. Im übrigen enthielt dieses Skelett alle Teile im natürlichen Zusammenhange, so dass der Skelettbau dieser triassischen Dinosaurier schon durch dies eine Exemplar hätte klargestellt werden können“, so Jaekel.
Dass es bis heute schwierig ist, Dinosaurierskelette richtig zusammenzusetzen, zeigt das Plateosaurus-Exemplar, das im Halberstädter Heineanum in einer Vitrine steht, die eigentlich viel größer sein müsste: Der größte Fehler zeige sich bei den Beckenknochen, die nicht korrekt positioniert sind, erklärt Holz. Auch der Winkel der Schulterblätter ist nicht korrekt. „Er würde ansonsten aufrechter stehen“, sagt Holz, „aber dann wäre es schwierig, ihn in die Vitrine zu kriegen.“ Das Problem sei schon sehr lange bekannt, es gebe aber keine Möglichkeit zum Umbau.
Saurier-Montage kostet 10.000 Euro
Museumsleiter Rüdiger Becker hatte gehofft, man könne den Braunschweigern im Zuge von „Jurassic Harz“ dieses Exemplar ausleihen und es nach der Sonderschau „richtig montiert zurückbekommen“. Allerdings habe dafür die Zeit nicht gereicht, außerdem seien die Kosten zu hoch: „ab 10.000 Euro aufwärts“. Die hohe Summe spiegelt den Aufwand wider, den das Auseinandernehmen, Sanieren und Zusammensetzen eines solchen, Hunderte Millionen Jahre alten Skeletts mit sich bringt.
So bleibt es bei den Einzelteilen, die Kosma unter anderem danach ausgewählt hat, dass sie „für Besucher einigermaßen erkennbar sind“: Diesen Knochen sieht man selbst als Laie an, dass sie von Dinosauriern stammen. Sie gehörten den Urahnen von Tyrannosaurus Rex und anderen. „Sie gelten als Pflanzenfresser, könnten möglicherweise aber auch Aas gefressen haben“, sagt Kosma. „Der Plateosaurus war eine Übergangsform, da gibt es noch viel Forschungspotenzial“, fügt Becker hinzu. Das Heineanum besitze einen originalen Plateosaurus-Zahn, und das Braunschweiger Museum soll helfen, ihn genau zu bestimmen.
Acht Meter hohe Tiere
Etwa acht Meter groß waren diese so genannten Prosauropoden, die die Region um das heutige Halberstadt durchstreiften, die damals ein tropisches Inselparadies war, „das eher den heutigen Bahamas ähnelte als der Landschaft, die wir heute am nördlichen Harzrand vorfinden“, betont das Braunschweiger Museum.
Dass es sozusagen vor den Toren Halberstadts ein tropisches Meer samt Küste gegeben hat, belegen die mehr als hundert Jahre alten Ausgrabungsfunde: Fische, Land- und Meereskrokodile, Meeressaurier, Land- und Meeresschildkröten. „Eine der ältesten Landschildkröten wurde hier gefunden“, sagt Rüdiger Holz. Der größte Teil dieser Fossilien befinde sich im Naturkundemuseum Berlin, vieles davon „noch in Kisten verpackt“.
Auch die Funde, die sich jetzt im Heineanum befinden, waren viele Jahre lang andernorts untergebracht, erzählt Becker. „Mitte der 1970er Jahre wurden die paläontologischen Funde im Harzmuseum in Wernigerode zentralisiert. Mit der Wende kamen sie in Depots, die Besitzer - Stadt und Landkreis - haben mehrfach gewechselt. Letzte Station war der Keller einer Grundschule. Jetzt sind sie wieder im Heineanum, wo sie ja herkommen.“ (mz)
