3.000 Tonnen Geld 3.000 Tonnen Geld: Was aus dem DDR-Schatz im Halberstädter Bunker wurde
Halberstadt - Viel sicherer geht es nicht als hier, in der „Anlage 16/ 630“, die ab April 1944 auf Befehl von Hitler unter dem Namen „Malachit“ von Zwangsarbeitern in den Thekenbergen in der Nähe von Halberstadt gebrochen wurde. Das später von der NVA unter dem Tarnnamen „Komplexlager 12“ genutzte unterirdische 13-Kilometer-Labyrinth liegt gut umzäunt in einem Wäldchen. Riesige Metalltore versperren den Zugang und alle Lufteinlässe waren zugemauert worden, als die Volksarmee sich auflöste und der Nachschubspeicher mit 9.000 Tonnen Munition und Ausrüstung für den Ernstfall eines heißen Krieges im kalten nicht mehr benötigt wurde.
Zehn Hektar Platz für den größten Schatz, den die DDR nach dem ersten Juli 1990 und der Einführung der D-Mark im gesamten Osten noch hatte: 620 Millionen Geldscheine der DDR-Währung Mark, numerischer Gesamtwert in Ost etwa 100 Milliarden, Gesamttauschwert in West wenigstens 30 oder 50 Milliarden. Ein Berg aus Geld andererseits, für den kaum Raum war im neuen D-Mark-Deutschland.
3.000 Tonnen DDR-Geld
Das DDR-Geld wog immerhin rund 3.000 Tonnen - eine Last, die die DDR-Staatsbank gern kostengünstig loswerden wollte. So begann nach der Währungsunion die Geheimaktion Endlager: Die Fünf- und Zehn-, die Zwanzig-, Fünfzig- und Hundert-Mark-Scheine wurden in Säcke verladen und unter höchster Geheimhaltungsstufe mit der Bahn direkt in die Anlage 16/630 gefahren, die über einen unterirdischen Bahnhof verfügt.
Von hier aus wurden die Geldsäcke in eine der großen leeren Kammern des Komplexlagers gebracht, ungeordnet, unsortiert und ungesichert. Der Stollenzugang wurde am Ende vermauert, in der Hoffnung, beim nächsten Öffnen in hundert Jahren werde die DDR-Mark sicherlich zu Staub zerfallen sein. Ein Irrtum. In der trockenen und gleichbleibend klimatisierten Luft des Komplexlagers blieben die Geldscheine wie neu.
DDR-Staatsbank bestellte 200- und 500-Mark-Scheine
Und sicher waren sie hier auch nicht. Vermutlich schon kurz nach der Schließung der Zugangsmöglichkeiten buddelten sich Schatzsucher durch einen zugestopften Lufteinlass in den Behelfstresor, in dem Mark-Noten aller Jahrgänge abgekippt worden waren. Für Sammler ein Geschenk, und zwar nicht wegen der großen Mengen an DDR-Mark. Es war inzwischen zu spät, um sie noch nachträglich gegen D-Mark umzutauschen. Doch unter den Millionen Scheinen in der Grabkammer des Geldes befanden sich auch umfangreiche Bestände an 200- und 500-Mark-Scheinen.
Die hatte die DDR-Staatsbank bestellt, um mit der auch in der DDR durchaus existierenden Inflation mitzuhalten. Angeblich aber legte Erich Honecker sein Veto ein: Der Staatsratsvorsitzende argwöhnte, dass seine Bürger die Herausgabe von Geldscheinen mit so hohem Wert nicht als Zeichen des Erfolges der DDR-Staatswirtschaft werten, sondern als Anfang einer galoppierenden Geldentwertung sehen könnten, wie die Älteren sie in den 20ern als Kinder erlebt hatten.
Die DDR-Mark landet in der Müllverbrennung
Je seltener aber, desto begehrter. Auf dem Sammlermarkt kursierten schon bald nach dem Staatsbegräbnis für die DDR-Mark die ersten Exemplare der Banknoten, die bis dahin nur ein Gerücht gewesen waren. Die erstaunlichen Angebote fielen erst Anfang der 2000er Jahre auf, als die Scheine bei Ebay auftauchten, Herkunft unklar.
Am späten Nachmittag des 28. Juli 2001 aber erwischten dann Mitarbeiter einer Wachschutzfirma die beiden Halberstädter Marko K. und Karsten H. auf frischer Tat, als sie Nachschub aus der Grabkammer holen wollten. 10.000 Geldscheine hatten die 24 und 26 Jahre alten Einbrecher in ihren Rucksäcken, darunter 313 druckfrische 500er.
Nun wurden die Restbestände an DDR-Mark auf Geheiß der Kreditanstalt für Wiederaufbau per Bahn zur Vernichtung in die niedersächsische Müllverbrennungsanlage Buschhaus gefahren. Die DDR-Geldscheine aus dem Bunker gingen dort im Sommer 2002 in Flammen auf. Ein halbes Jahr, nachdem der letzte D-Mark-Schein geschreddert worden war. (mz)