Pergande in Weißandt-Gölzau Pergande in Weißandt-Gölzau: Gehen Mitarbeiter in Streik?

Weißandt-Gölzau - Bei der Unternehmensgruppe Pergande in Weißandt-Gölzau stehen die Zeichen auf Sturm. Die Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE) sieht die Zeit für Arbeitskampfmaßnahmen gekommen.
Der Grund: Seit eineinhalb Jahren verhandelt die Gewerkschaft mit der Geschäftsführung über einen Entgelttarifvertrag bzw. einen Manteltarifvertrag. Die Verträge, so Sylke Teichfuß, stellvertretende Landesbezirksleiterin der IG BCE, seien fast fertig gewesen. Nun habe die Geschäftsleitung mitgeteilt, dass sie nicht mehr bereit sei, mit der IG BCE über das Thema Entgelt zu verhandeln.
IG BCE fordert Lohngerechtigkeit und Transparenz
„Es kann nicht sein, dass ein modernes mittelständisches Unternehmen viel Geld investiert, seine Mitarbeiter aber auf der Strecke lässt. Selbst für Schichtarbeiter ist das Lohnniveau nicht nur ungerecht, sondern knapp über Mindestlohn und ohne weitere Ansprüche zu niedrig“, äußerte die Gewerkschaftsfunktionärin.
Im Juli 2014 hatte sich die Gewerkschaft erstmals mit der Forderung, eine Tarifbindung herzustellen, an die Geschäftsführung gewandt. Seit März 2015 wurden dann Verhandlungen zu einem Haustarifvertrag im Unternehmen geführt. Dabei sei es vor allem um einen Entgelttarifvertrag einschließlich eines Entgeltgruppenkataloges gegangen. „Wir wollten damit nicht die Entgelte in die Höhe treiben, sondern Lohngerechtigkeit durch ein einheitliches, transparentes System der Einordnung jeder Tätigkeit herstellen“, betonte Sylke Teichfuß. In den Folgejahren sollte es dann um eine Steigerung der Entgelte gehen. „Auf Wunsch der Geschäftsführung haben wir auch über einen Manteltarifvertrag verhandelt“, teilte Teichfuß mit.
Mitarbeiter berichtet: Stundenlohn liegt bei 8,50 Euro
In dem Unternehmen soll derzeit ein Stundenlohn von 8,50 Euro für die Beschäftigten aus dem produktiven Bereich gezahlt werden. Das erfuhr die MZ von einem Mitarbeiter, der aber wegen eventueller Unannehmlichkeiten seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Nach zwei Jahren steige der Stundenlohn auf 8,80 Euro. Wer in Schichten arbeitet, erhält Nacht- und Sonntagszuschläge.
Außerdem gibt es Weihnachtsgeld - 50 Prozent eines Bruttomonatslohnes. Die Gehaltsempfänger seien finanziell besser gestellt. Sie bekommen ein komplettes 13. Monatsgehalt, das sich je zur Hälfte auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld aufteilt. „Die am besten verdienenden Produktionsarbeiter liegen bei etwa 11,50 Euro pro Stunde“, sagte der Mitarbeiter. Diesen Stundenlohn bekämen aber nur ganz wenige.
Auf wirtschaftliche Lage schauen
Als bekannt wurde, dass sich die Gewerkschaft um eine tarifliche Regelung bemüht, keimte so etwas wie Vorfreude auf. „Jetzt, wo die Verhandlungen gescheitert sind, ist die Laune bei den Kollegen miserabel.“ Dabei sei die Zeit für einen besseren Lohn längst überreif. „Wir haben doch mit unserer Arbeit das Unternehmen erst dahin gebracht, wo es heute steht.“
Mirko Peglow, technischer Geschäftsführer, präsentierte in einem MZ-Gespräch andere Zahlen. Lediglich zwei Reinigungskräfte bekämen einen Stundenlohn von 8,50 Euro. Die Produktionsarbeiter verdienen mehr, durchschnittlich 9,81 Euro pro Stunde. Hinzu kämen Erschwerniszulagen und Zulagen für verantwortungsvolle Tätigkeiten, was in der Summe bis zu 30 Prozent mehr auf den Monatslohn ausmachen könne.
Für das Scheitern der Verhandlungen, so Peglow, sei nicht die Geschäftsführung, sondern die Gewerkschaft verantwortlich. Ein Entgeltkatalog hätte dazu geführt, dass viele Leute automatisch besser gestellt, die Leistungsträger aber über mehrere Jahre leer ausgehen würden. „Wir hingegen waren für eine leistungsorientierte Anpassung der Gehälter mit einem transparenten Bewertungssystem“, sagte Peglow. Zudem müsse bei tariflichen Entwicklungen auch die aktuelle wirtschaftliche Lage berücksichtigt werden. Die gestaltet sich gegenwärtig schwer. „Der Pflanzenschutzmarkt ist in einem Riesenumbruch, der dazu führt, dass wir momentan deutliche Produktionsrückgänge haben“, sagte Mirko Peglow. Unter diesem Gesichtspunkt sei darum gebeten worden, den Entgeltkatalog zurückzustellen. Gleichzeitig gab es den Vorschlag der Geschäftsführung, die Löhne kurzfristig an die jüngsten Tarifabschlüsse anzupassen. Das habe die Tarifkommission aber nicht gewollt.
Mitarbeiter sollen befragt werden
Laut Geschäftsführer Wilfried Pergande gehören deutlich weniger als 50 Prozent der Beschäftigten der Gewerkschaft an. Ihn interessiert aber die Meinung aller Kollegen zum Thema Lohnentwicklung. Deshalb wird es Ende August eine anonyme Befragung der Beschäftigten geben, die die Grundlage für weitere Entscheidungen sein soll. „Wir wollen alle Arbeitsplätze erhalten. Das war immer unser Ziel. Es hat hier bisher weder betriebsbedingte Kündigungen noch Kurzarbeit gegeben. Das soll auch so bleiben. Wir wollen den Betrieb nicht gefährden“, so Pergande. (mz)