Landgestüt Prussendorf Landgestüt Prussendorf: Der neue Geschäftsführer glaub an den Erhalt

Prussendorf - Willy Boß hat am Landgestüt Sachsen-Anhalt die Zügel in die Hand genommen. Er wird den Standort durch unruhige Zeiten manövrieren. Denn derzeit steht viel auf dem Spiel. Das Land will perspektivisch als Betreiber aus Prussendorf aussteigen.
Schon vor zwei Jahren ist aus dem Gestüt eine GmbH geworden. Die Landeszuschüsse sollen sinken. Setzt der Landtag in einigen Wochen den Kabinettswillen um, dann stehen Flächenverkäufe in Größenordnungen an sowie weitere Kürzungen.
Doch egal, wie hart die Einschnitte für Prussendorf werden - Boß’ Ziel ist es, dass dort auch noch in vielen Jahren Hengste stehen. „Stellen Sie sich vor, das dicht zu machen. Das wäre eine Katastrophe, dafür stehe ich nicht zur Verfügung“, sagt der studierte Landwirt.
Drei Mal pro Woche will Geschäftsführer Willy Boß nach Prussendorf kommen
Der 65-Jährige lebt in Sennewitz im Saalkreis auf einem ehemaligen Bauernhof. Von Sennewitz bis nach Prussendorf sind es nur 20 Minuten Fahrtweg ins Landgestüt. Ein immenser Vorteil gegenüber seinem Vorgänger, der immer von Magdeburg aus nach Prussendorf reisen musste. Dieser gab zeitlichen Gründe für seinen Ausstieg an.
Der neue Geschäftsführer, Willy Boß, ist näher dran, hat sich vorgenommen, drei Mal pro Woche mehrere Stunden in Prussendorf zu sein. „Ich versuche, die Mitarbeiter mitzunehmen, zu erläutern, zu überzeugen. Das ist eine Frage des Stils.“
Genau wie sein Vorgänger hat auch Boß einen anderen Job. Er ist seit 25 Jahren Geschäftsführer der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt. Die GmbH managt 10.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen.
Verkaufen, Verpachten, Kaufen sind ihre Aufgaben – zum Beispiel, wenn eine neue Straße gebaut wird. Laut Boß lenkt die Gesellschaft jetzt zusätzlich das Landgestüt. Das habe im Herbst das Landeskabinett beschlossen. Da aber eine Gesellschaft keine andere leiten kann, ist Boß als neuer Geschäftsführer bestimmt worden.
„Meine Aufgabe ist es, das Defizit so schnell wie möglich abzubauen“
Er teilt seine neuen Aufgaben in kurzfristige und mittelfristige. Das Kurzfristige beinhaltet die Zeit bis zum Landtagsbeschluss. Kostendeckung ist das Gebot der Stunde. Davon sind die Prussendorfer noch weit weg.
„Meine Aufgabe ist es, das Defizit so schnell wie möglich abzubauen.“ Doch wo anfangen? Durch Analysen kenne man mittlerweile Verlustbringer in Prussendorf. Zum Beispiel sei die Bedeckung von Stuten im Einzugsbereich durch Prussendorfer Hengste auf fünf Prozent zurückgegangen. „Das ist ein geringer Anteil.“
Warten auf den Landtagsbeschluss zur weiteren Zukunft von Prussendorf
Laut Boß ist es unsicher, ob das bisherige Leistungsspektrum des Landgestüts erhalten bleiben kann. Das gleiche gilt für die Zahl der Mitarbeiter. Derzeit sind es 18, plus neun Azubis. Aber wo die Reise hingeht, kann auch Boß noch nicht sagen. „Ich bin erst einen Monat hier, ich habe noch kein fertiges Rezept.“
Die Zukunft hängt vom Landtagsbeschluss zum Doppelhaushalt 2017/2018 ab. Winkt das Parlament den Kabinettsvorschlag durch, muss das Landgestüt in diesem und im nächsten Jahr Millionen-Gewinne abwerfen. Das geht nur über Verkäufe der Ackerflächen.
Die Landwirtschaft sichert jedoch die Gegenfinanzierung des Landgestüts. Ernteverkäufe spülen Geld in die Kasse. Wären die Ackerverkäufe damit das Ende für das Gestüt? Nein, meint Boß. Das Landgestüt könnte danach Pächter der Flächen sein und so weiter Landwirtschaft betreiben.
All das zählt aber zu den mittelfristigen Aufgaben des Geschäftsführers – sofern der Landtag den Kabinettsbeschluss überhaupt unverändert lässt. „Der Beschluss wird Richtschnur meiner Arbeit“, so Boß.
Prussendorf soll erhalten bleiben, könnte aber den Eigentümer wechseln
Von einer Schließung ist derzeit aber keine Rede. „Auch das Land hat nicht das Ziel, das Gestüt platt zu machen“, so Boß. Aber es müsse nicht mehr in der Hand des Landes bleiben. Schließlich nehme es keine hoheitlichen Aufgaben mehr wahr, seit 2013 das Tierschutzgesetz novelliert wurde.
Doch kann eine Privatisierung überhaupt funktionieren und ein Dritter das Gestüt in Prussendorf übernehmen? Boß meint: Ja. „Es gibt Länder, die stark sind in der Pferdezucht, aber kein Landgestüt haben. Schleswig-Holstein ist ein Beispiel dafür.“ (mz)