Landgestüt Sachsen-Anhalt Landgestüt Sachsen-Anhalt: Zuchthengste kennen keine Rente

Prussendorf/dpa. - Morgens um halb sieben wird er gefüttert, dann geputzt und gesattelt. Um sieben beginnt sein tägliches Training unter dem Reiter. Danach darf er sich eine halbe Stunde lang auf der Weide bewegen und um zehn wird er zur Samenspende in die Besamungsstation gebracht. Der Arbeitstag eines Zuchthengstes im Landgestüt Sachsen-Anhalt in Prussendorf (Landkreis Bitterfeld) verlangt von dem Tier Kraft und einen langen Atem. «In Rente geht ein Zuchthengst nicht», sagt Pferdewirtschaftsmeister Oliver Polster. «Er muss solange ran, bis er stirbt. Allerdings werden seine Einsätze im hohen Alter weniger.»
Das Zuchthengstleben ist kein Zuckerschlecken. «Die Tiere müssen hart arbeiten», sagt Landstallmeister Frank Bangert, der das Gestüt seit fünf Jahren leitet. «Das gilt für die Zuchtleistung, aber auch sportlich werden sie gefordert.» Ein Grundsatz des Landgestüts - einem von zehn in Deutschland - lautet, dass die Tiere sowohl für die Nachwuchsgewinnung als auch für den Pferdesport eingesetzt werden. Mit der Doppelbelastung kommen die 25 Hengste laut Bangert gut zurecht.
Zum Gestüt gehören 160 Pferde. Um die Tiere sowie die Weide- und Ackerflächen kümmern sich 20 Beschäftigte und zwölf Auszubildende. «Die Arbeit ist zum Teil anstrengend, macht aber meistens Spaß», sagt Michael Thurow. Der 18-Jährige wird im Gestüt zum Pferdewirt ausgebildet. «Es war mein Traum, Pferdewirt zu werden. Deshalb habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht.» Der angehende Pferdewirt Peter Grohnwald betont: «Es ist für mich selbstverständlich, wenn morgens zuerst die Tiere versorgt werden, bevor wir frühstücken.»
Das Gestüt bietet eine idyllische Arbeitsatmosphäre und den Tieren viel Freiraum. Das natürliche Liebesspiel zwischen Stute und Hengst findet auf dem 900 Hektar großen Gelände jedoch nicht statt. Die Stuten werden künstlich befruchtet. Das heißt, dem Hengst wird nur vorgetäuscht, er begatte die Stute, die ihm vorgeführt wird. Er fühlt sich von ihr angezogen, bespringt aber nicht sie, sondern einen vor ihm aufgebauten Bock. Sein Sperma wird mit einem schlauchartigen Gerät aufgefangen und kommt ins Labor. «Das ist sauberer und hat den Vorteil, dass mehrere Samenportionen für die Befruchtung von Stuten hergestellt werden können», sagt Bangert.
Von einem Prussendorfer Hengst werden laut Gestütsleitung im Jahr durchschnittlich 25 Stuten trächtig. Neben den eigenen zehn Zuchtstuten sind das vor allem die Tiere der privaten Pferdezüchter. Sie bringen ihre Stuten zur Besamung nach Prussendorf oder in eine der elf nachgeordneten Deckstationen - in das altmärkische Stappenbeck, nach Thalwinkel im Burgenlandkreis, nach Silstedt im Vorharz oder nach Körbelitz im Jerichower Land. Die Besamung einer Privat-Stute kostet zwischen 150 und 500 Euro. Der Preis richtet sich unter anderem nach der Abstammung des Hengstes und seinen sportlichen Erfolgen.
«Die Besamung einer Stute von Donnersmarck zum Beispiel kostet 400 Euro», sagt Polster. Der Hengst belegte 2002 beim Bundeschampionat im nordrhein-westfälischen Warendorf den vierten Platz. Die besten deutschen dreijährigen Hengste werden bei dem Wettbewerb vorgestellt und miteinander verglichen. «Wenn einer der Viertbeste seines Jahrgangs bundesweit ist, macht uns das stolz», sagt Polster. Über zwanzig Jahre alt können Pferde werden. Jede Menge Zeit für Donnersmarck, um auf Turnieren zu gewinnen und Fohlen zu zeugen.