Kommentar zur Bürokratie bei Ausschreibungen Ein Neustart ist nötig
Eine Fülle an Vorschriften belastet die Unternehmen. Die Koalition in Magdeburg muss handeln.
Magdeburg/MZ - Dass öffentliche Stellen bei Ausschreibungen nur solche Unternehmen beauftragen, die auch Tariflohn zahlen, ist grundsätzlich keine verkehrte Idee. Landesbehörden, Landkreise, Städte und Gemeinden sollten ein natürliches Interesse daran haben, dass die Menschen in ihrer Region fair entlohnt werden. Mit dem Vergabegesetz setzt Sachsen-Anhalt das im Bereich öffentlicher Aufträge durch. Warum aber reißen die Klagen über das Gesetz nicht ab?
Was anhaltend für Empörung sorgt, ist nicht der Zwang zur Tariftreue an sich, sondern die Fülle an Vorschriften insgesamt. Es klagen die Unternehmen, die Dutzende Seiten an Formularen vorgesetzt bekommen. Es klagen die Kommunen, die all das Papier überprüfen müssen. Und es leiden die Bürger, wenn am Ende ein dringendes Vorhaben verschoben wird, weil es nicht zum Vertragsabschluss kommt. Das ist es, was die Landespolitik dringend angehen muss.
Kommunen haben gegenüber privaten Auftraggebern das Nachsehen
Als CDU, SPD und FDP das Gesetz vor zwei Jahren auf den Weg brachten, legten sie zugleich eine Wiedervorlage fest: Nach fünf Jahren sollten die Folgen überprüft werden. Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) hat recht, wenn er das vorzieht. Ein Gesetz, über das derart massive Klagen kommen, muss auf den Prüfstand.
Dabei gehören die Beschwerden der Unternehmen in den Blick, aber auch die der Kommunen. Letztere stellen fest, dass sie als Auftraggeber im Vergleich zu Privaten oft unattraktiv sind. Solange es nennenswerte private Investitionen gibt und einen Mangel an Arbeitskräften, wird diese Situation anhalten. Das haben die Koalitionäre in Magdeburg vor zwei Jahren offenbar nicht kommen gesehen.
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In jedem Fall gehören in die von Wirtschaftsminister Schulze angekündigte Arbeitsgruppe auch Arbeitnehmervertreter. Beim Abbau von Bürokratie ist ein Neustart nötig. Die Interessen der Beschäftigten dürfen dabei nicht aus dem Blick geraten.