70 Jahre Puppentheater Halle Von Puppen, Schnüren und Menschen
„Sabotage“ als Gastspiel in Halle macht Puppen lebendig und Menschen zu Marionetten. Grandios.
Halle/MZ - Als ganz und gar würdig – im Sinne von: des Puppentheaters würdig – erwies sich am vergangenen Wochenende einer der letzten Höhepunkte im 70. Jubiläumsjahr der Bühne. Ein Fest in erster Linie für die Augen, für die Sinne war das Gastspiel „Sabotage“, ein wortloses Miteinander der vier Darsteller und einer Puppe.
Marionettengleich
Schnüre und Umlenkrollen spannten sich über die Bühne, je nach Beleuchtung sichtbar oder auch nicht. Daran nun hingen, marionetten-, puppengleich, die zwei Frauen und zwei Männer und, natürlich, eine Puppe, einäugig, mundlos. Um Manipulation gehe es, um Abhängigkeiten, um Machtsysteme, so hieß es in der Ankündigung. Natürlich, das Stück konnte man so verstehen: Eine zieht, einer fällt. Einer hebt den Arm, eine zweite ebenso. Und dann noch die Puppe, um deren Gunst, ja deren körperliche Zuwendung alle ringen. Das lässt sich alles als Machtspielchen deuten, so war es ja nun wohl auch gemeint, aber am Ende trat die Bedeutung etwas in den Hintergrund.
Nach vorne hingegen rückten die Körper. Anfangs noch mehr oder weniger unabhängig voneinander, hingen die Gliedmaßen der Darsteller zunehmend an Schnüren. Wie das gelang, wirkte geradezu magisch, denn zu sehen war die plötzliche Verbindung von Mensch und Schnur nicht. Jedenfalls, die Darsteller hingen plötzlich im Gewirr, wurden von fremder Hand geführt, wurden selbst zu „Dargestellten“. Und wie sie das umsetzten! Sara Angius – sie ist auch Choreographin des Stückes –, Vittoria Franchina, Joshua Heines und Stefano Rovedo sind ausgebildete Tänzer.
Verwandlung
Und nur die schaffen das, was ein solches ästhetisches Vergnügen bereitet: Gelenkigkeit, Geschmeidigkeit, eine scheinbare Leichtigkeit der Bewegungen und des Tanzes. Sie wurden zu – Puppen! Das, was sich auf der kleinen halleschen Bühne sonst vollzieht, nämlich die kaum merkbare Verwandlung der Kunst- in menschliche Figuren, fand da umgekehrt statt.
Die Idee für „Sabotage“, auch die Gestaltung von Puppe und Bühne, stammen von Johanna Ehlert, einer ausgebildeten artistischen Bühnenkünstlerin, das Lichtdesign von Tommaso Contu. Das Puppentheater hätte kaum einen passenderen Abschluss für sein Jubiläum präsentieren können.