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Bob Dylan auf Deutschlandtour Konzert in Erfurt: Der Meister ist geradezu aufgekratzt

Bob Dylan startet mit seiner Deutschland-Tour in Erfurt. Fotografiert werden möchte er dabei nicht.

Von Andreas Montag Aktualisiert: 10.10.2024, 11:01
Bob Dylan 2015 in Los Angeles. Seine aktuelle Deutschlandtour startete er in Erfurt.
Bob Dylan 2015 in Los Angeles. Seine aktuelle Deutschlandtour startete er in Erfurt. (Foto: Vince Bucci/Invision/AP/dpa)

Halle/MZ - Für junge Leute, von denen man hier freilich weniger sieht, ist das wohl der Härtetest schlechthin: Bevor du die Erfurter Messehalle betreten darfst, wirst du gebeten, dein Handy in eine Art verschließbaren Pantoffel zu stecken. Der wird erst beim Hinausgehen von einem netten Security-Mann wieder geöffnet. So will es der Meister. Bob Dylan mag keine geschwenkten Handy-Lämpchen. Und Fotos schon gar nicht.

Es geht auch ohne Handy

Freilich hätte man auch behaupten können, kein Smartphone dabei zu haben. Aber man soll ja nicht lügen. Und tatsächlich geht es auch mal zwei Stunden „ohne“. Die meisten Menschen in der voll besetzten Arena fühlen sich beim Start von Dylans Deutschland-Tour am Dienstagabend offensichtlich bestens unterhalten.

Dabei sind bestuhlte Rockkonzerte in solchen Riesentempeln der Unterhaltungskunst durchaus speziell: Man hockt erwartungsfroh dicht an dicht, die überwiegend älteren Herrschaften haben endlich ihre Plätze gefunden, sich aus den feuchten Regenplünnen gepellt und sich zurecht geruckelt.

Gegen 19.40 Uhr wuseln Techniker auf der dunklen Bühne herum, fünf vor Acht ertönt ein Gong: Dylan und seine famose Band sind wie aus dem Nichts da – und ab geht die Post. Vorfristige Planerfüllung.

Verfremdete Klassiker

Er startet mit einem seiner unzähligen Klassiker: „All Along the Watchtower“, andere, darunter „When I Paint My Masterpiece“ und „Desolation Row“, werden folgen. Und wie immer muss man erst einmal genau hinhören, was hier läuft, weil der inzwischen 83-Jährige seine Stücke als Material begreift und ständig verfremdet. Eine „Oldie-Show“ hat er nie abgeliefert.

Filigran und fast zerbrechlich wirkt er, wenn er sich gelegentlich hinter dem schützenden Klavier hervor ins Offene der Bühne wagt: dunkel gekleidet – und mal ohne das sonst obligatorische Hütchen.

Auch neue Stücke stehen auf dem Zettel, das kraftvolle „Black Rider“ und das melancholische „Key West (Philosopher Pirate)“ vom Album „Rough And Rowdy Ways“. Und das Beste: Der oft mürrische alte Herr ist für seine Verhältnisse geradezu aufgekratzt. Sogar die Mundharmonika packt er aus. Das Publikum dankt es ihm mit viel Applaus. Und weiter geht’s, von diesem Donnerstag an wird Berlin gerockt. Drei Mal in Folge.