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Schauspiel Leipzig In Leipzig: Geschlechtertausch in Richard III.

Das Leipziger Schauspiel startet mit Richard III. in die neue Spielzeit. Der Text stammt von Thomas Brasch, und eine Frau spielt die Hauptrolle.

Von Joachim Lange 25.09.2024, 17:12
Anne Cathrin Buhtz als Richard III. im Schauspiel Leipzig
Anne Cathrin Buhtz als Richard III. im Schauspiel Leipzig (Foto: Rolf Arnold)

Leipzig/MZ - In der geschmeidigen Shakespeare-Übersetzung von Thomas Brasch wird aus dem gewohnten „Nun ward der Winter unsers Mißvergnügens glorreicher Sommer durch die Sonne Yorks“ ein „Jetzt folgt des Winters Bitterkeit der Sommer unsrer Macht“. Mit diesem Auftakt zieht auch Brasch fortan in einen Sound, der den Text leuchten lässt im Stück „Richard III.“ am Schauspiel Leipzig, das jetzt Premiere feierte.

Anne Cathrin Buhtz verkündet als Richard Gloster wie den Auftakt einer Show, fortan den „Dreckskerl“ aufzuführen. Diese Geste der Verfremdung bei Shakespeare ist durch den Geschlechtertausch in Enrico Lübbes Inszenierung nicht zu übersehen. Der Tausch bleibt aber nicht in Belehrung stecken, sondern nutzt die assade eines Monsters in heutigem Zivil, das nie so tut, als wäre es entstellt.

Feministische Frauen

Buhtz spielt diesen Richard nicht als Frau, sondern sie spielt den Mann, quasi von außen gesehen. Geradezu feministisch sind die Frauen, die in ihren opulent historisierenden Kostümen die (nicht ganz schuldlosen) Opfer von Männermacht verkörpern. Groß sind sie vor allem im Verfluchen! Bettina Schmidt, Kaja Gaudard, Vanessa Czapla und Larissa Aimée Breidbach liefern so am Rande des Abgrunds Theatervergnügen pur. Die kein bisschen königlichen Männer wie Buckingham (exzellent artikulierend: Christoph Müller) oder Hastings (Denis Petkovi) bleiben dagegen fade Opportunisten.

Metaphorischer Abgrund

Sabine Blickenstorfer greift mit ihren Kostümen von heute aus in die Vergangenheit durch. Martin Zehetgrubers Bühne ist Raum gewordene Düsternis, ein Labyrinth aus hohen Lattenzaunfeldern. Oben ein Laufsteg für die Geschäftigkeit des Tages. Darunter wird die Drehbühne zum metaphorischen Abgrund. Wenn Richard nach einem Kampf-Solo mit übergroßem Schwert vergeblich nach seinem Pferd gerufen hat, landet auch er auf einer Halde aus Leichensäcken. Ist das nun Richard die Dritte? Sagen wir: Es bleibt bei Shakespeare dem Ersten. Den bekommt man in Leipzig auf hohem Niveau. Und ist beglückt, dass es das im Theater noch gibt!

Nächste Vorstellungen: 28. September, 9. und 20. Oktober