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Anhaltisches Theater Dessau Ein bisschen Trash in Dessau: Malvolios Fluch

Am Anhaltischen Theater Dessau ging William Shakespeares Komödie „Was ihr wollt“ im Großen Haus über die Bühne. Das Stück ist melancholisiert, aber voller Humor.

Von Joachim Lange Aktualisiert: 07.10.2024, 14:59
Elegant bis trashig ausgestattet: Roman Weltzien, Christel Ortmann und Stephan Korves in „Was ihr wollt" am Anhaltischen Theater Dessau
Elegant bis trashig ausgestattet: Roman Weltzien, Christel Ortmann und Stephan Korves in „Was ihr wollt" am Anhaltischen Theater Dessau (Foto: Claudia Heysel)

Dessau/MZ - William Shakespeares „Was ihr wollt“ („Twelfe Night, Or what you will“) in der deutschen Fassung von Jürgen Gosch und Angela Schanelec ist gegenwartsgeschmeidig, aber ohne sich zu sehr an unseren Zeitgeist anzubiedern. Es bleibt vor allem eine Komödie der Täuschungen in Liebesdingen; mit Hintersinn, versteht sich. Und obendrein mit etlichen Steilvorlagen für's theatermodische Hin und Her zwischen den Geschlechterzuweisungen der Rollen.

Knapp überlebt

Im Zentrum steht das Zwillingspaar, Viola (Mona Georgia Müller) und Sebastian (Edgar Sproß), das einen Schiffbruch knapp überlebt. Von der Rettung des einen weiß der andere jeweils nicht. Sie tritt verkleidet als Cesario in die Dienste des Herzogs Orsino (Jan-Eric Meier) und soll für ihn um die so schöne wie widerspenstige Gräfin Olivia (Maribel Dente) werben. Mit dem Ergebnis, dass sich beide in sie beziehungsweise ihr männliches Alter ego verlieben. Komödie heißt, dass Bruder Sebastian rechtzeitig auftaucht, von der „Vorarbeit“ der Schwester profitiert und deren „Stelle“ bei der Gräfin übernimmt. Der Herzog bekommt am Ende die Schwester beziehungsweise sie ihn, denn das war von Anfang an ihr Plan. Dass er Viola auch als Cesario genommen hätte, ist eine damals kühn verdeckte, heute plausible Pointe.

Regisseur Robin Telfer und Ausstatter Siegfried Mayer beginnen das Spiel mit einem deftigen Bühnengewitter zu einem hübsch imaginierten Schiffsuntergang im Hintergrund. Davor baumeln die Zwillinge eindrucksvoll an Seilen, um am Strand eines kulissenknapp illustrierten Illyriens zu landen. Dort werden sie in Anzugszivil in das shakespearelike (von elegant bis trashig) ausstaffierte Personaltableau integriert.

Stephan Korves in "Was ihr wollt"
Stephan Korves in "Was ihr wollt"
(Foto: Claudia Heysel)

Immer mit einem kleinen Seitenblick auf den Klamauk steuern sie im schauspielerischen Wohlfühlmodus auf das vorhersehbare Happyend zu. Und bewältigen auch die hinzugefügten Gesangseinlagen. Am Klavier, Schlagwerk und an der Gitarre sorgt David Leonard Neumann für die Begleitmusik, für die auch Günter Lehr steht. Schade, dass man die Songtexte nicht nachlesen kann. Die klingen inhaltlich vertiefend. Vor allem beim herrlich schlurfenden Penner-Narren Roman Weltzien.

Überhaupt das übrige Personal! Nicht nur hier wird das Ganze erst zu einem kompletten Shakespeare, durch die, die vor allem fürs deftige Zulangen zuständig sind. Und die faszinieren tatsächlich über den Text hinaus. Selbst wenn sie zum Klamauk greifen. Anja Andersen Rüegg hat es als Kammerfrau Maria faustdick hinter den Ohren. Eine komödiantische Glanzleistung zeigt Christel Ortmann als versoffener Onkel der Gräfin Sir Toby. Das hat Falstaff- Format. Zusammen mit Stephan Korves als begriffsstutzigem Sir Andrew mit Sturmfrisur sind beide eine Wucht.

Dennoch: Auf der Bühne im Großen Haus ist soviel Platz, dass sie nicht nur den Text von Shakespeare zu spielen scheinen, sondern auch die weißen Stellen im Manuskript gleich noch mit. Anders gesagt – das Tempo wirkt wenn nicht ausgebremst, so doch verlangsamt, melancholisiert. Immerhin bleibt so Platz für die hinzugefügten Songs. Wenn irgendeine Wortpointe in Sicht ist, dann wird die im Vorbeigehen gepflückt und ins Publikum geworfen.

Zum Affen gemacht

Einer fehlt hier noch? Klar: Malvolio, der Haushofmeister, dem Maria und Sir Toby übel mitspielen, indem sie ihn dazu verführen, sich vor der Gräfin und aller Welt zum Affen zu machen. Natürlich kommt er mit den berühmten gelben Strümpfen, den überkreuz gebundenen Strumpfbändern und einem Dauergrinsen, das überhaupt nicht zu ihm passt. Es ist ein grandios aufspielender Michael Rothmann, der mit seinem Malvolio dafür sorgt, dass sich Shakespeare an diesem Abend dann doch mal zu voller Größe aufrichtet. Wenn er am Ende allesamt donnernd verflucht und im Untergrund der Bühne verschwindet, dann kann man sich gut vorstellen, dass er als böser Geist auf einer anderen Shakespeare-Insel wieder auftaucht.

Nächste Vorstellungen: 18. und 27. Oktober, 2. und 17. November