Korruptionsverdacht Korruptionsverdacht: Hat der Landrat Privates und Dienstliches nicht klar getrennt?
Eisleben/MZ. - Für falsche Angaben bei einem Förderantrag für Dirk Schatz' Solaranlage auf dem Dach seines Hauses in Volkstedt. Die Ermittlungen wegen möglicher Vorteilsnahme, die parallel geführt worden waren, wären fallengelassen worden gegen den Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz. Zu kompliziert das Ganze; zu gering die Aussichten, vor Gericht einen Erfolg zu erringen. Dirk Schatz, der hemdsärmlige CDU-Politiker, wäre mit einem blauen Auge davongekommen.
Eine neue Küche
Hätte nicht das Finanzamt Eisleben bei einer Geschäftsprüfung eines örtlichen Küchenstudios Merkwürdiges entdeckt: Die Firma hatte Schatz für dessen Wohnhaus eine neue Küche verkauft - nichts von der Stange, die Küche kostete etwa 25 000 Euro. Eben jene Firma installierte dann wenig später in der Kantine der Sangerhäuser Kreisverwaltung eine neue Abluftanlage für eine sechsstellige Summe. Die halten einige Kreistagsmitglieder nicht nur für völlig überdimensioniert, sondern auch am zuständigen Kreistag vorbei vergeben. "Alles, was mehr als 100 000 Euro kostet, hätte nicht am Kreisausschuss vorbei entschieden werden dürfen", sagte der stellvertretende SPD-Kreistagsfraktion, Norbert Born.
Doch damit der Merkwürdigkeiten nicht genug: Kaum ist der Kantinen-Auftrag unter Dach und Fach, bekommt Schatz für seine inzwischen ein Jahr alte Küche nach Erkenntnissen der Ermittler gut 5 000 Euro vom Küchenstudio erstattet - für angebliche Schäden, die beim Einbau angerichtet wurden. Das Problem: Beweise dafür fanden sich nach MZ-Informationen bei einer Durchsuchung im Hause Schatz nicht.
Die Küchen-Geschichte weckt nun den Ehrgeiz der halleschen Staatsanwaltschaft - dort wird der bereits um ein Haar abgeschlossene Fall der Schatzschen Solaranlage noch einmal hervorgekramt. Denn beide Vorgänge weisen frappierende Ähnlichkeiten auf - Firmen, die für Schatz privat agierten, erhielten dann auch Aufträge aus dem Landkreis. Und Schatz, so der Verdacht, im Nachgang von eben jenen Firmen Geld zurück.
Bei der Solaranlage lief die Sache so: Schatz ließ diese auf seinem privaten Wohnhaus installieren, um den erzeugten Strom ins öffentliche Netz zu speisen. Mit seiner Frau hat er dazu eigens die "Schatz & Schatz GbR" gegründet. "Aus steuerlichen Gründen und im Rahmen der Altersvorsorge", erklärt der Landrat. Neben der Anlage auf dem Wohnhaus betreibt "Schatz & Schatz" noch zwei weitere Photovoltaik-Anlagen. Dass der Chef einer Kreisverwaltung gleichzeitig auch noch Firmeninhaber ist, mag merkwürdig klingen, illegal ist es freilich nicht.
Bei den Schatzschen Geschäftspraktiken hingegen stellen sich schon Fragen: Denn mindestens eine dieser Solaranlagen - die auf Schatz' Privathaus - wurde von der Firma SRU Solar aus Berga errichtet. SRU Solar ist gleichzeitig auch ein großer Geschäftspartner des Landkreises Mansfeld-Südharz; dieser hatte von dem Unternehmen ebenfalls zwei Photovoltaik-Anlagen für mehr als 19 Millionen Euro gekauft.
Schatz wiederum erhält von SRU Solar einige Zeit nach Installation seiner privaten Solaranlage mehrere Tausend Euro rücküberwiesen. Zusammenhänge? Will Schatz nicht erkennen. Fragen zum Küchenstudio-Kauf will der 42-Jährige nicht beantworten, er kenne den Tatvorwurf bislang gar nicht. Und was die Solaranlage angeht: "Es stellt sich so dar, dass ich dafür zu viel bezahlt habe", sagt Schatz - und er deshalb Regress eingefordert habe. Ob und wie viel Geld bereits zurückgeflossen ist, mag er aber mit dem Hinweis auf "laufende Verfahren" nicht sagen.
Schatz findet das alles auch überhaupt nicht anrüchig. Geschmäckle? "Die Frage stellt sich für mich nicht", sagt Schatz und argumentiert gern mit Aspekten der Wirtschaftsförderung: "Ich verdiene mein Geld hier im Landkreis und gebe es auch hier aus." Und im Übrigen: "Lege ich ganz großen Wert darauf, dass es eine ganz strikte Trennung zwischen privat und dienstlich gibt."
Genau daran hat die Staatsanwaltschaft Halle aber erhebliche Zweifel, es geht ihr letztlich um die Frage: Ist Schatz korrupt? Denn was im Fall des Landrats besonders schwer wiegt: Das Gesetz legt an Amtsträger wie ihn besonders hohe Maßstäbe bei möglicher Bestechung oder Bestechlichkeit an. "Die Bürger erwarten zu Recht, dass Amtsträger sachbezogen und unparteiisch handeln", sagt die hallesche Oberstaatsanwältin Heike Geyer und verweist auf die Paragrafen 331 bis 334 des Strafgesetzbuches, die das Vertrauen der Allgemeinheit in die öffentliche Verwaltung schützen sollen. Schatz hingegen argumentiert, er könne dem Landkreis nicht verbieten, Geschäfte mit Firmen zu machen, mit denen er privat bereits zu tun gehabt habe.
Geyer hingegen dreht den Spieß genau andersherum: "Schon der Anschein, dass Privates und Berufliches miteinander verquickt worden sein könnte, könnte den Anfangsverdacht einer Straftat begründen." Deshalb sollte ein Amtsträger alles, wovon er amtlich betroffen ist, auch im privaten Bereich beachten. Zu den Inhalten der Ermittlungen äußerte sich Geyer jedoch nicht.
Noch immer Finanzbeamter
Für Schatz könnte es jetzt eng werden. Selbst wenn nicht zu beweisen ist, dass die Zahlungen der Unternehmen an Schatz etwas mit weiteren Auftragsvergaben zu tun haben - die Nähe zwischen Schatz und den besagten Firmen ist offenkundig. Im Falle einer Verurteilung zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe - auch auf Bewährung - wäre Schatz seinen Job als Landrat los. Doch auch bei einer geringeren Strafe droht ihm Ungemach: Schatz ist immer noch Finanzbeamter des Landes Sachsen-Anhalt. Er ist derzeit lediglich beurlaubt, das Beamtenverhältnis ruht. Sollte Schatz irgendwann zu seinem alten Arbeitgeber zurückkehren wollen, müsste er bei einer Verurteilung mit einem Disziplinarverfahren rechnen. Denn zu den Verfahren wegen Vorteilsnahme und Bestechlichkeit gesellt sich ja noch das wegen Betruges bei der Beantragung von Fördermitteln für seine Solaranlage. "Der Nachweis derartiger Straftaten hat regelmäßig auch dienstrechtliche Konsequenzen", so Staatsanwältin Geyer.