Junge Mutter Junge Mutter: Mit Saskia auf neuen Wegen
Halle/MZ. - Wenn Mandy an die Zeit zurückdenkt, in der Saskia noch ein Baby war, dann fallen ihr die durchwachten Nächte ein und Kinderweinen, das einfach nicht aufhören wollte. "Es gab Tage, da wusste ich nicht mehr, was ich machen sollte." 17 Jahre alt war Mandy, als sie ihre Tochter zur Welt brachte. Eine von jährlich rund 12000 minderjährigen Mädchen in Deutschland, die Kinder bekommen. Selbst in Heimen aufgewachsen, hatte Mandy die Geborgenheit einer Familie kaum kennen gelernt. Und dann Mutter werden? "Das war ein Schock für mich."
Mandy ist heute 24, Saskia schon sieben Jahre alt. Das weinende Baby von einst ist eine stolze Schulanfängerin geworden. Und Mandy hat mit ihrer Tochter einen schwierigen Weg gemeistert. "Da gibt es so viele Probleme, an die hat man vorher nie gedacht. Ohne Hilfe hätte ich das niemals geschafft."
Als Mandy von ihrer Schwangerschaft erfährt, lebt sie in einem halleschen Kinderheim. An eine Familiengründung haben weder sie noch ihr wenig älterer Freund gedacht. Zunächst denkt die werdende Mutter an Abtreibung. "Zu dem Termin bin ich hingegangen, aber dort war mir klar: Ich will das Kind. Da habe ich wieder kehrt gemacht." Vor der Geburt zieht Mandy in ein betreutes Wohnprojekt des halleschen Arbeiter-Samariter-Bundes. Mit anderen minderjährigen Müttern und deren Kindern leben sie und Tochter Saskia drei Jahre in einer Wohngemeinschaft.
Trotz Hilfe von Sozialarbeitern und Betreuern türmen sich auch in dieser Zeit Probleme. "Das fängt schon beim Ausschlafen an. Mit einem Baby ist das kaum noch drin." Oft sei sie "völlig fertig" gewesen, erinnert sich Mandy. "Es gab einige Situationen, in denen ich dachte: 'Ein Leben mit dem Kind - das schaffst Du nicht.'" Mandys damalige Freunde sind keine Stütze: "In unserer Clique waren wir ziemliche Rowdys und haben viel dummes Zeug angestellt." Doch Saskia braucht eine verantwortungsvolle Mutter - das spürt Mandy. Ein regelmäßiger Tagesablauf, pünktliche Mahlzeiten - all das muss plötzlich wichtiger sein als Partys oder "Rumhängen". "Zu den Freunden habe ich da den Kontakt verloren."
Und noch etwas ändert sich in Mandys Leben durch die Mutterschaft. Schule und Ausbildung, bisher in ihren Augen kaum von Belang, sind nun größtes Anliegen. "Ich muss Saskia ein gutes Vorbild sein können." Mandy macht harte Zeiten durch, drückt tagsüber die Schulbank, kümmert sich in der restlichen Zeit um Saskia. Die junge Mutter schafft ihren Hauptschulabschluss und die Lehre zur Malerin und Lackiererin.
Doch manchmal hat sie das Gefühl, dass ihr alles über den Kopf wächst. "Da wollte ich nur noch flüchten", sagt sie heute. Oder einfach nur wieder einmal ausgehen. Manchmal hat Mandy das Gefühl, ihre Jugend zu verpassen - Partys, spontane Treffen mit Freunden. Jetzt, wo Saskia größer ist, gibt es wieder einige "freie Abende". Freunde passen dann auf die Tochter auf. Und doch hat die Mutter Gewissensbisse, nicht bei Saskia zu sein. "Sie ist das Wichtigste in meinem Leben", sagt Mandy.
Tatsächlich sind die zwei heute ein "eingespieltes Team": Mutter und Tochter leben in ihrer Wohnung in Halle-Neustadt ein ganz normales Familienleben. "Mit ihren sieben Jahren ist Saskia sehr selbständig", ist Mandy stolz. Wenn sie von ihrer Arbeit in der Altenpflege nach Hause kommt, hat Saskia ihre Hausaufgaben oft schon ganz allein erledigt. Selbstständigkeit ist ohnehin ein Muss: Zu Saskias Vater gibt es keinen Kontakt mehr, einen neuen Mann auch nicht. "Wir meistern unser Leben auch allein sehr gut", weiß Mandy. "Ein neuer Freund müsste nicht nur gut für mich sein, sondern auch für Saskia."