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Jüdische Küche in Deutschland Jüdische Küche in Deutschland: Einzige Firma für koscheres Bier steht in Sachsen

Von Carola Benz 01.08.2007, 06:31
Koscheres Bier der Marke «Simcha» wird an der Abfüllanlage des «Brauhaus Hartmannsdorf» in Hartmannsdorf bei Chemnitz abgefüllt. (Foto: ddp)
Koscheres Bier der Marke «Simcha» wird an der Abfüllanlage des «Brauhaus Hartmannsdorf» in Hartmannsdorf bei Chemnitz abgefüllt. (Foto: ddp) ddp

Hartmannsdorf/ddp. - Im Empfangszimmer des BrauhausesHartmannsdorf bei Chemnitz hängt eine ungewöhnliche Urkunde. Zuerstin hebräischer Schrift und darunter noch einmal in Englisch bestätigtder Berliner Rabbiner Yitshak Ehrenberg dem Unternehmen, dass dasBier «Simcha» ohne Beimischung von nicht-koscheren Inhaltsstoffenhergestellt wird und deshalb als koscher gilt - also rein im Sinneder jüdischen Speisegesetze. Soweit sich Brauhaus-GeschäftsführerLudwig Hörnlein auskennt, ist sein Unternehmen das erste inDeutschland, das den Juden damit unbeschwerte Trinkfreude ermöglicht.Denn Simcha ist hebräisch und bedeutet Freude.

Die Idee dazu hatten der Betreiber eines koscheren Restaurants inChemnitz und Wilfried Gotter vom Verein Sächsische Israelfreunde. DerGerstensaft sollte sich von den in Israel oder den USA ausgeschenktenkoscheren Bieren unterscheiden. Diese sind laut Gotter meist ehersüßlich und geschmacklich neutral. Doch es musste ein Betriebgefunden werden, der Erfahrungen mit Spezialitäten hat und denkoscheren Brauprozess mitmacht.

«Wenn das jemand kann, dann wir», gibt sich Hörnleinselbstbewusst. «Und wir betreiben keinen Etikettenschwindel», betonter ausdrücklich. Der Rabbi sei tatsächlich bei den Lieferanten vonHopfen und Malz gewesen und habe seinen Segen für die Rohstoffegegeben. Und vor dem ersten Sud in Hartmannsdorf habe der jüdischeGeistliche genau aufgepasst, dass alles gründlich gereinigt wird undkeine Vermischung mit anderen Produkten möglich ist.

Rein brautechnisch ist das koschere Bier jedoch nichts Besonderes.«Das deutsche Reinheitsgebot schreibt die Ausgangsstoffe vor: Hopfen,Malz, Wasser, Hefe», erläutert Hörnlein. Da die Hartmannsdorfer ihrWasser aus drei eigenen Tiefbrunnen beziehen, war die Qualitätsfragevon vornherein klar, und auf eine eigene Hefezucht kann das seitvorigem Jahr als Privatbrauerei geführte Unternehmen ebenfallsverweisen.

Den Geschmack von «Simcha» beschreibt der Fachmann als mildgehopft, würzig, nicht extrem herb - ein leichtes Pils eben mit 4,9Prozent Alkoholgehalt, das zum Weitertrinken anrege.

Die ersten 10 000 Liter wurden Ende April abgefüllt und gingenlaut Hörnlein «spielend weg». Jüdische Gemeinden und koschereRestaurants in Deutschland ebenso wie rituelle Biertrinker inAmsterdam, Wien und anderen Zentren europäischen Judentums scheinenallmählich auf den Geschmack zu kommen. «Beim 'Simcha' dreht sich dasMarketing um. Nicht wir müssen anpreisen, sondern die Kunden fragennach», hat der Geschäftsführer mit einigem Staunen festgestellt.

In dieser Woche liefen die zweiten 10 000 Liter in die fürHartmannsdorfer Getränke typischen Langhalsflaschen. Auf solchevergleichsweise bescheidenen Mengen könne sich eine kleine Brauereiviel günstiger einstellen als eine große, sagt Hörnlein. Imüberschaubaren Unternehmen könne ein per Internet bestellter24er-Karton auch als einzelnes Paket auf die Reise geschickt werden.Mit den USA hat Hörnlein außerdem einen der größten Märkte fürkoschere Produkte überhaupt im Visier. Auf alle Fälle werde dassächsische Pils dort auf einer speziellen Messe vorgestellt. AuchIsrael als mögliches Absatzgebiet müsse bearbeitet werden.

Erfahrungen mit Bierspezialitäten hat sein Unternehmen schon seitMitte der 90er Jahre gesammelt, als das thailändische «Singha»-Bierfür europäische Asia-Restaurants und -Spezialmärkte in Hartmannsdorfhergestellt wurde. Damals gehörte die seit 1887 bestehende Brauereizur thailändischen B.B.-Group, die sich 2006 aus Hartmannsdorfzurückzog.

Hörnlein und ein stiller Gesellschafter übernahmen das Brauhaus,das derzeit 24 Mitarbeiter zählt. Statt «Singha» produzieren siejetzt ein eigenes Asia-Bier. Neben dem klassischen Biersortimentprobieren die Hartmannsdorfer vieles auf dem so genanntenTrendgetränkesektor aus und erweitern derzeit auch das alkoholfreieAngebot. So wurde zusammen mit sächsischen Obstbauern eineApfelsaftschorle mit 60 Prozent Direktsaft entwickelt.

Lars Dziuballa vom Jüdischen Restaurant «Schalom» kontrolliert im «Brauhaus Hartmannsdorf» in Hartmannsdorf bei Chemnitz frisch abgefüllte Flaschen mit koscherem Bier der Marke «Simcha». (Foto: ddp)
Lars Dziuballa vom Jüdischen Restaurant «Schalom» kontrolliert im «Brauhaus Hartmannsdorf» in Hartmannsdorf bei Chemnitz frisch abgefüllte Flaschen mit koscherem Bier der Marke «Simcha». (Foto: ddp)
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