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Jerichower Land Jerichower Land: Störche wählen zwischen zwei Flugrouten nach Afrika

Von Maike Hagedorn 17.08.2012, 06:38

Loburg/dapd. - Albert von Lotto und seine Gattin Mina haben es sich in ihrem Storchennest gemütlich gemacht und bekunden Schnäbel klappernd gegenseitig ihre Zuneigung. Von dem Dach aus, auf dem ihre „Sommerresidenz“ gebaut ist, können sie die Häuser des Storchenhofs in Loburg gut überblicken. Doch so langsam müssen die beiden von ihrem Heim und voneinander Abschied nehmen - zumindest für diese Saison. Denn in ein paar Tagen treten beide getrennt voneinander ihre Reise nach Afrika an.

„Einige Jungstörche sind schon auf dem Weg“, erklärt der Geschäftsführer der Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg, Michael Kaatz. Innerhalb von drei Wochen fliegen die Weißstörche in Gruppen von fünf bis fünfzig Tieren eine Strecke von bis zu 5.500 Kilometern bis nach Zentralafrika. Manche Weißstörche verweilen dann dort, andere ziehen nach einigen Wochen Rast sogar noch weiter bis nach Südafrika. Sie überbrücken sogar eine Strecke von bis zu 12.000 Kilometern.

Weißstörche fliegen am Tag zwischen acht und zehn Stunden

Strecken zwischen 200 und 300 Kilometern seien bei einer täglichen Flugzeit von acht bis zehn Stunden nichts Ungewöhnliches, sagt Kaatz. Da die Störche größtenteils im Segelflug unterwegs sind, sind sie sehr stark auf die Thermik angewiesen und können nur über Land fliegen. Der Weg nach Afrika ist jedoch nicht für alle Weißstörche der gleiche. „Es gibt Ost- und Westzieher“, sagt Kaatz. Hierbei wählen die Ostzieher ihre Zugroute über die Türkei bis nach Afrika. Die Westzieher fliegen über Spanien.

Ob den Störchen eine innere Karte für ihre Flugroute oder die Präferenz für eine Zugroute angeboren sei, wisse man bislang nicht, sagt Kaatz. Möglicherweise würden die früher losfliegenden Jungstörche auch durch die Gruppen, in denen auch nicht brütende Altstörche mitfliegen, beeinflusst. Angeboren sei den Störchen in jedem Fall die „Zugunruhe“, der Trieb zu einer bestimmten Zeit gen Süden fliegen zu wollen.

Klimawandel hat möglicherweise Einfluss auf Flugverhalten

Die Flugroute können Kaatz und seine Mitarbeiter mithilfe von Satellitensendern und Datenloggern verfolgen. Anhand der gewonnenen Daten erhoffen sie sich Erkenntnisse zur Klimaforschung. „Die geflogenen Strecken werden immer kürzer“, sagt Kaatz. Ein Grund dafür könne die Klimaerwärmung sein, weil sich immer mehr Störche in den am meisten von der Klimaerwärmung betroffenen Ländern, wie beispielsweise Spanien oder Portugal, über den Winter niederlassen.

Erst im Februar oder März des nächsten Jahres geht es für die Störche wieder zurück nach Europa. Rund 1.160 Störche zieht es dann wieder nach Sachsen-Anhalt. Ob sich die ursprünglichen Storchenpaare dann wieder zusammenfinden, ist ungewiss. „Wenn beide Störche zur selben Zeit am selben Nest eintreffen, finden sie sich wieder als Paar zusammen“, sagt Kaatz. Sobald einer der beiden jedoch zu spät von seiner Reise zurückkehrt, sieht es kritisch für die „Beziehung“ aus. Zwar könne es sein, dass ein Storch potenzielle neue Partner zunächst einmal wegbeiße, um auf den eigentlichen Partner zu warten. Dauert dies jedoch zu lange, hat Rationalität vor Gefühlen Vorrang. „Arterhaltung geht vor Partnertreue“, meint der Storchenexperte.