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"Güldene Berge" in Weißenfels "Güldene Berge" in Weißenfels: Erinnerungen an goldene Weinzeiten

Von Anja Herold 30.08.2014, 11:27
Prächtig kommt das Weißenfelser Hotel „Güldene Berge“ daher.
Prächtig kommt das Weißenfelser Hotel „Güldene Berge“ daher. Peter Lisker Lizenz

Weißenfels - Am Anfang war eine Weinschenke. Vor gut 300 Jahren war das, als die Weißenfelser Herzöge noch umherreisten. Der Weinanbau blühte damals rund um die Stadt, auf den „Güldenen Bergen“ rankten die Reben. Die verschwanden nach und nach, die Stadt wuchs, die Weinberge wurden mit Häusern bestückt. An Stelle der Schenke entstand 1897 das „Gasthaus an den Güldenen Bergen“, ein beliebtes Ausflugslokal. In den 20er Jahren dann kam ein schwedischer Konsul und Trommelfabrikant namens Link daher, kaufte kurzerhand das Ganze - ihm behagte die gute Lage - und wohnte fortan in dem für seine Zwecke hergerichteten Haus. Zur Zeit des Dritten Reiches mussten die Links fliehen, und das Gebäude stand leer. Bis nach dem Krieg ein Altenpflegeheim darin eingerichtet wurde. Das Haus überlebte auch diese Belegung, es wurde irgendwann rekonstruiert und umgebaut, und seit 1996 erstrahlt es in mattem Rosa als „Parkhotel und Restaurant Güldene Berge“. Innen zeugen noch der Parkettboden, große Flügeltüren und alte Kronleuchter von vergangenen Zeiten.

Dem Weinbau fühlt man sich immer noch verbunden, die Karte ist entsprechend lang. Allein 25 Sorten aus der Saale-Unstrut-Region haben wir gezählt. Wir entschieden uns - später - für einen Weißen Burgunder vom Weingut Herzer aus Naumburg (7 Euro) und haben das keinesfalls bereut. Vorher jedoch natürlich ein Aperitiv: ein Hugo für die Dame.

„Grüne Fee“ zum Auftakt

Na, und der Herr entschied sich ein wenig kenntnislos, wie sich herausstellte, für einen Absinth. Dabei handelt es sich um ein Getränk, das traditionell aus Wermut, Anis und Fenchel hergestellt wird. Als Vorspeise, wenn man so will, eher ungeeignet, beträgt doch der Alkoholgehalt der wegen seiner Farbe auch „Grüne Fee“ genannten Spirituose zwischen 45 und 85 Prozent. Absinth wurde im 18. Jahrhundert als Heilelixier in der Schweiz hergestellt. Berühmte Absinth-Trinker waren etwa Oscar Wilde und Edgar Allen Poe. Das Getränk war nach 1915 lange verboten in vielen Ländern, da es angeblich schwere gesundheitliche Schäden und starke Abhängigkeit hervorrief. Seit 1998 erst wird es wieder in den meisten europäischen Ländern verkauft. Studien haben die verheerenden Folgen des Absinth-Genusses mit der schlechten Qualität des damals verwendeten Alkohols und dem übertriebenen Konsum erklärt.

Adresse:

Langendorfer Str. 94, Weißenfels

Kontakt:

Telefon: 03443-39200

Internet: www.gueldene-berge.de

Öffnungszeiten:

täglich von 7 bis 24 Uhr

Angebote:

Hauptgerichte von 9 bis 20 Euro

Teuerste Flasche Wein: 49 Euro

Derart aufgemuntert, ging es an die Speisenauswahl. Zwischen 18 und 22 Uhr wird in den „Güldenen Bergen“, passend zum Wein sozusagen, täglich selbst gebackener Flammkuchen angeboten. In vielfacher Variation übrigens, die Elsässer würden sich wahrscheinlich wundern, was aus ihrem Gebäck so gezaubert wird. Da gibt es solche mit Spargel und Shrimps oder mit Salami, Peperoni und Käse. Das Kind am Tisch entschied sich für die klassische Variante mit Schinken, Zwiebeln und Rahm (6 Euro) und war rundum zufrieden. Knuspriger, dünner Teig, und der Rest schmeckte auch.

Zugegeben, ansonsten gab es wenig ausgefallene Gerichte, wenn man mal vom in Ostdeutschland entwickelten „Steak au four“ absieht. Für den, der sich nicht mehr erinnern kann: Es handelt sich um die wundersame Mischung aus einem Steak, Würzfleisch und Käse.

Wir starteten mit einer Rucolaschaumsuppe mit gerösteten Serrano-Schinkenstreifen (4,50 Euro), zu der angemerkt werden muss, dass Rucola beim Erwärmen doch gehörig von seiner Wucht verliert. Die knusprigen Streifchen aber glichen das weitgehend aus.

Die gebratenen Rinderfiletstreifen auf buntem Salat mit Knoblauchbaguette (10 Euro) waren, ja, erwartbar. Das Baguette war ein Brötchen, aber das störte nicht, Butter und Knoblauch veredelten es. Und der Salat, das war wirklich hübsch, war mit einer essbaren Blüte dekoriert. Leider wissen wir nicht, um welche es sich handelte. Sah jedenfalls äußerst apart aus, schmeckte allerdings nach nichts.

Mit Rind ging es dann auch weiter: Das argentinische Rindersteak auf Pfeffersoße mit feinem Gemüse und Schmandkartoffeln (20 Euro) schmeckte gut, das Gemüse bestand aus frischen Möhren in Orange und Gelb, Brokkoli und Blumenkohl; die Kartoffeln waren leicht säuerlich, was sie interessant machte. Die Soße fiel hingegen nicht ins Gewicht.

Dorsch aus der Ostsee

Uns unbekannt und daher verlockend war das Ostseedorschfilet unter einer Meerrettichkruste auf Blattspinat und Petersilienkartoffeln (14 Euro). Bis dahin dachten wir ja, dass die Ostsee bereits leergefischt ist. Stimmt nicht, wie unsere Recherche ergab. Der Dorsch - im Westen und in Atlantik-Nähe als Kabeljau bekannt - ist in der Ostsee wieder reichlich vertreten. Die Bestände haben sich so weit erholt, dass das Magazin „Fisch und Fang“ gar vom „Dorschwunder“ spricht. Die Anzahl der Raubfische entspricht der von vor zwanzig Jahren, wer hätte das gedacht. Sei’s drum, der Fisch schmeckte uns recht gut, wenngleich die pikante Meerrettichkruste den Geschmack deutlich überdeckte. Der angekündigte Blattspinat sah jedoch dem, was wir in Zeitnot frisch aus der Pappe mal im Topf erwärmen, sehr ähnlich und verdient daher den Beinamen Blatt eigentlich nicht.

Den Abschluss machte eine Rote-Beeren-Grütze mit Vanille-Sauce (4 Euro), hausgemacht und mit gutem Säure-Süße-Verhältnis. Zudem gab es Grießflammerie mit Pflaumenkompott (3,50 Euro). Die Pflaumen waren sehr gut, das Flammerie schon ein wenig müde, also geschmacklich. Aber die Sahne dazu war frisch geschlagen, was wir natürlich begrüßen.

Fazit: So ein bisschen muss sich das Restaurant noch strecken, um dem Anspruch „gehobene Küche“, mit dem es für sich wirbt, gerecht zu werden.

Hotelfachmann Kevin Brendel (li.) serviert den Gästen zum Frühstück Obst.
Hotelfachmann Kevin Brendel (li.) serviert den Gästen zum Frühstück Obst.
Peter Lisker Lizenz