Gericht Gericht: Tödliche Messerstiche nach Nazi-Musik
Halle/Halberstadt/MZ. - Im Prozess um die tödlichen Messersticheauf einen 60-Jährigen nach einem Streit überNazi-Musik hat die Staatsanwaltschaft eineHaftstraße von sechseinhalb Jahren für einenehemaligen Skinhead gefordert. Die Verteidigungplädiert auf Freispruch.
Andreas Sch.versucht auch am vorletzten Prozesstag einegute Figur zu machen. Der 33-jährige Angeklagtebleibt stehen, während ihm OberstaatsanwaltAndreas Schieweck im Schlussvortrag vorwirft,dem Gericht seit dem Verhandlungsbeginn vorsieben Monaten eine konstruierte Version derEreignisse zugemutet zu haben.
Akt der Notwehr?
Mit Notwehr habe der Tod des 60-Jährigennichts zu tun gehabt, sagt der Jurist, bevorer vor der 1. Großen Strafkammer des LandgerichtsHalle für Sch. wegen Körperverletzung mitTodesfolge eine Gefängnisstrafe von sechseinhalbJahren fordert. Der ehemalige Rechtsradikalehatte dagegen vor Gericht von einem Akt derSelbstverteidigung gesprochen.
Schon bei der ersten Verhandlung vor dem Landgerichtin Magdeburg war diese Notwehr-Version desAngeklagten von dessen Ehefrau gestützt worden.In ihrer Gegenwart sei der 60-jährige Asthmatikerim April 2000 so brutal auf den damals 27Jahre alten Sch. losgegangen, dass der nurnoch in Todesangst habe zum Messer greifenund zustechen können.
Das Landgericht Magdeburg hatte den Angeklagtenim November 2000 freigesprochen. Der Bundesgerichtshofgab daraufhin der Revision der Familie desOpfers statt. Grund dafür war ein Verfahrensfehler.Am Ende der Berufungsverhandlung wollen Staatsanwaltschaftund Nebenklage nun aber nicht an Notwehr glauben.
Anwalt will Freispruch
Sie gehen davon aus, dass Andreas Sch.am 29. April 2000 im Flur eines HalberstädterPlattenbaus zielgerichtet auf den Nachbarnlosgegangen war. "Der Angeklagte wollte der60-Jährigen sicher nicht töten, aber er wollteihm einen Denkzettel verpassen", so Schieweck.Die Erregung des Rentners darüber, dass Sch.in seiner Wohnung laut das Horst-Wessel-Liedabgespielt habe, sei vom alkoholisierten Angeklagtenals persönlicher Angriff verstanden worden.
Die Verteidigung fordert dagegen erneut Freispruch,die Vorwürfe seien nicht bewiesen. Das Urteilwird am kommenden Montag verkündet.