Erfurt Erfurt: Frühere Häftlinge besetzen Ex-Stasi-Gefängnis

Erfurt/dpa. - Ehemalige Häftlinge haben das einstige Stasi-Gefängnis in der Erfurter Andreasstraße besetzt. Damit wollen sieeine stärkere Beteiligung an der künftigen Arbeit der Gedenkstätteerzwingen, wie der Vorsitzende des Vereins Freiheit e.V., JoachimHeise, sagte. Die Aktion hat am 1. Januar begonnen, einer der Männerist in einen Hungerstreik getreten.
«Wir sind der Spielball der Landesregierung. Bei wichtigenEntscheidungen werden wir immer ausgegrenzt», kritisierte Heise amSamstag. Der zuständige Staatssekretär Thomas Deufel zeigte sichüberrascht von der Aktion: «Es gibt noch keine fertig verabschiedetenKonzepte und damit auch keinen Ausschluss der Betroffenen.» Anfangdieser Woche soll ein Gespräch Klärung bringen. Die Besetzung werdeso lange dauern, bis «eine belastbare Vereinbarung» vorliege, betonteHeise.
In dem einstigen Gefängnis soll die DDR-Staatssicherheit zwischen1952 und 1989 rund 5000 Menschen psychisch und physisch gefolterthaben. Der Gebäudekomplex steht seit Ende 2002 leer. Der Verein«Freiheit e.V.» hatte erfolgreich gegen den Abriss protestiert undbietet seit 2005 jeden Sommer Führungen und Ausstellungen an. Nunsoll das einstige Hafthaus zum Gedenk- und Lernort ausgebaut werden.Dazu wurde vom Land die Thüringer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gegründet. Unter ihrem Dach sollen neben dem Aufbau derGedenkstätte in der Erfurter Andreasstraße auch die Arbeit von dreiGrenzlandmuseen und anderen Gedenkstätten konzentriert werden.
Durch diese verschiedenen Projekte befürchtet Heise einenInteressenkonflikt zwischen der Stiftung und der GedenkstätteAndreasstraße. «Die Stiftung soll mit uns einen belastbarenKooperationsvertrag schließen», forderte er. Nach seinem Willen solldie künftige Gedenkstätte im früheren Stasi-Gefängnis von demZeitzeugen-Verein unter dem Dach der Stiftung geführt werden.
«Ich habe Herrn Heise zugesichert, dass in jeder Phase derEntscheidungsfindung er und seine Mitstreiter einbezogen seinwerden», sagte Deufel. Dazu habe es vor gut zwei Wochen ein Gesprächgegeben. Das bestätigte auch Heise. Doch kritisierte er, dass derVerein dennoch etwa über einen geplanten Abriss eines Gebäudeteilsnicht informiert worden sei. «Wir lassen uns da nicht vorführen.»Zudem bekräftigte Heise, dass es bei einer Haftgedenkstätte bleibenmüsse und kein allgemeines DDR-Museum entstehen dürfe.
Laut Deufel gibt es bislang noch kein Gesamtkonzept und keineEinigung zur genauen Trägerstruktur der Gedenkstätte. Dieser Prozesshabe erst begonnen und darin sei auch der Opfer-Verein einbezogen. Eswürden aber auch Museumsexperten und Historiker gebraucht. NachAngaben von Deufel sollen im Frühjahr weitere Entscheidungen zumMuseumskonzept und zu Baumaßnahmen an der Gedenkstätte fallen. Erhoffe, dass etwaige Missverständnisse im Gespräch mit den Besetzernausgeräumt werden können.