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Elbtal Dresden Elbtal Dresden: Waldschlößchenbrücke öffnet im August

Von bernhard honnigfort 15.07.2013, 20:09
Ein Salonschiff fährt in Dresden unter der Waldschlößchenbrücke auf der Elbe entlang.
Ein Salonschiff fährt in Dresden unter der Waldschlößchenbrücke auf der Elbe entlang. dpa Lizenz

dresden/MZ - Der Morast und die bei der Juniflut angeschwemmten Holztrümmer sind inzwischen weggeräumt. An den Pfeilern wird gepflastert, die Elbe ist wieder in ihrem Bett und benimmt sich manierlich. Oben werden Stahlträger gestrichen und letzte Zugänge montiert. Die Fahrbahndecke ist asphaltiert, Markierungen werden aufgepinselt, es ist nicht mehr wirklich viel zu tun. „Wir sind zehn Minuten vorm Ziel“, meint Reinhard Koettnitz, der Dresdner Tiefbauamtsleiter.

Bisher hat die Unesco nur zweimal den Status Welterbe aberkannt. Zum einen im Jahr 2009 beim Dresdner Elbtal. Zum anderen beim Wildschutzgebiet der Arabischen Oryx-Antilope in Oman. Es wurde 2007 gestrichen, weil das Reservat wegen der Ölförderung um 90 Prozent verkleinert worden war. Dadurch sank der Bestand der Oryx-Antilopen dramatisch. Derzeit stehen 44 Denkmäler auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten, die meisten davon in Afrika und Asien. In Europa sind es derzeit vier.

Man hat es in Dresden kaum noch glauben wollen, aber die Waldschlößchenbrücke ist offenbar so gut wie fertig. Vom 24. bis 26. August soll die Brücke über die Elbe eingeweiht werden. Eine Brücke, seit 1996 geplant, seit 2000 gebaut, die einen Kulturkampf in der sächsischen Landeshauptstadt und danach gleich in der gesamten Bundesrepublik entfacht hatte wie selten etwas nach Mauerfall und Wiedervereinigung.

Bau kostet Welterbetitel

Ein Bauwerk, das die stolze Barockstadt im Jahr 2009 den frisch erworbenen Titel vom Unesco-Welterbe gekostet hat und das wegen etlicher Gerichtsverfahren um mögliche Flugrouten von möglicherweise vorhandenen Fledermäusen, wegen Pannen, ein bisschen Sabotage und anderer Verzögerungen eigentlich nicht fertig werden wollte.

Nun ist es soweit: Fertig. Es steht weit sichtbar eine Stahlbrücke im Elbtal, ein Tunnel auf der Ostseite des Flusses schließt sich an. Insgesamt 635 Meter ist alles lang, rund 182 Millionen Euro teuer, zwei Drittel der Kosten bezahlt das Land, den Rest die Stadt. „Dumm baut gut“, ätzte die Wochenzeitung „Die Zeit“ 2007, als das Gezanke über Sinn und Unsinn der Flussquerung wieder mal überkochte.

Es ging dabei nie um Geld oder explodierende Baukosten wie bei der Hamburger Elbphilharmonie, deren Preis sich im Lauf der Jahre verzehnfachte. Es ging auch nie um Planungschaos und Murks am Bau wie beim Berlin-Brandenburger Flughafen. Es ging auch nicht wie beim Stuttgarter Bahnhof darum, dass sich Zehntausende aufgebrachte Bürger plötzlich einmischen und das Heft des Handelns in die Hand nehmen wollten.

Kampf um Dresdens Schönheit

Es ging immer um Dresdens Schönheit und deren mögliche Zerstörung für alle Zeiten, was erklärt, mit welcher Heißblütigkeit anschließend gestritten wurde. Es ging um das liebliche Elbtal mit seinen Schlössern, mit den Sichtachsen und Blicken, festgehalten in den Bildern des Dresdner Hofmalers Canaletto. „Ein einzigartiger Akt kultureller Selbstverstümmelung“, urteilte 2006 noch die Wissenschaftlerin Sabine von Schorlemmer über die geplante Stahlbrücke. Das war, bevor sie Kunstministerin in der CDU-geführten Landesregierung wurde. Günter Grass, Martin Walser, Christoph Hein, Rolf Hoppe, Wim Wenders - sie alle unterschrieben einen flehentlichen Brief an Kanzlerin Angela Merkel, sie möge doch bitte alles unternehmen, um „irreparablen Schaden am Dresdner Erbe“ und am „Ruf unseres Landes als Kulturnation“ zu verhindern. Was sie nicht tun sollte.

In Deutschland stand zuletzt in den Jahren 2004 bis 2006 der Kölner Dom auf dieser Liste. Grund war ein umstrittenes Hochhausprojekt. Damit wäre laut Unesco die Silhouette der Stadt gefährdet gewesen. Die Stadt Köln hat daraufhin die Höhe der Hochhäuser begrenzt.  (JOP)

Man war nicht zimperlich. Gegner der Brückenplanung wurden als „totalitäre Eliten“ (vom CDU-Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz) oder „Dschihadisten“ (vom Ex-Justizminister Geert Mackenroth) verspottet. Befürworter wie die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) fanden sich plötzlich poponackt auf einem großen Gemälde einer Malerin namens Erika Lust wider. Eine Sache, die dann vom Landgericht verboten wurde, weil es meinte, die Geschlechtsteile der Oberbürgermeisterin gehörten nicht in die Öffentlichkeit.

Brücke ein "Sonderling"

Seinen Gipfel erreichte der Streit 2009, als die Unesco Dresden den Welterbetitel strich. „Ist zu verkraften“, knurrte der frühere Ministerpräsident Georg Milbradt. Dresden hatte sich ausgerechnet mit seinem Elbtal beworben und in den Unterlagen den Bau der Brücke ein paar Kilometer weiter an eine andere Stelle gerückt. Als das herauskam, war die Unesco empört, setzte Dresden erst einmal auf die Rote Liste, dann nicht mal mehr auf die. Fazit: Die Brücke sei ein „Sonderling“, der sich nicht einpasse in die hübsche Landschaft.

War die Entrüstung in Kulturkreisen stets enorm, hielt sich die Empörung der Auto fahrenden und staugeplagten Dresdner eher in überschaubaren Grenzen. Es gab sogar einen von CDU, FDP und ADAC angeschobenen Bürgerentscheid im Februar 2005. Damals stimmten 67,9 Prozent der Befragten dafür, die Brücke zu bauen. Seitdem ist die Zustimmung sogar noch auf 80 Prozent gestiegen, meint Wolfgang Donsbach vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni Dresden. „Es gab immer eine deutliche Mehrheit für die Brücke, auch in Zeiten heißer Debatten.“

Neuer Anlauf für Welterbetitel

Aber auch zur Eröffnungsfeier Ende August wird es nicht ohne Protest gehen. Dresdens Grüne forderten kürzlich Oberbürgermeisterin Orosz auf, die Feier gleich ganz abzublasen. „Es wäre möglich“, so der Grüne Thomas Löser, „dass die Unesco die Einweihungsfeier als Affront versteht.“

Mit der Unesco will man nicht noch einmal Krach: Dresden bewirbt sich gerade mit der hübschen Gartenstadt Hellerau wieder für einen Welterbetitel. Hoffentlich ist Hellerau an der richtigen Stelle im Plan der Bewerbungsmappe eingezeichnet.