Edelmetalle Edelmetalle: Unruhe im Schloss
GÜLDENGOSSA/MZ. - Eine Freitreppe führt zu der großen braunen Holztür des Schlosses Güldengossa. Das Foyer ist mit einem roten Teppich ausgelegt, an einem Schreibtisch sitzt eine Empfangsdame im Kostüm. In zwei Vitrinen glänzen Gold- und Silbermünzen. "Willkommen", sagt Schlossherr Adalbert Geiger und begrüßt den Gast mit Handschlag. Es ist still und gediegen. "Durch den zuletzt wieder etwas gesunkenen Goldpreis ist es auch bei uns ruhiger geworden", sagt der Goldhändler.
Es klingt fast erleichtert. Anfang Mai standen an einigen Tagen schon Morgens Kunden vor dem Tor des Schlosses Schlange. "Viele kamen mit einem Bündel Euro-Noten in der Tasche und wollten dafür gleich Gold mitnehmen", sagt Geiger. Für den Goldhändler bedeutet dies viel Umsatz. "Gleichzeitig lief mir ein Schauer über den Rücken. Wir hatten gar nicht so viel Gold hier, um die Nachfrage zu decken." Der drohende Staatsbankrott in Griechenland und die damit verbundene Euro-Krise habe bei einigen Menschen Panik ausgelöst.
Lange Tradition des Silberhandels
Schlechte Zeiten sind gut für Händler von Edelmetall. Geiger ist jedoch mehr als ein Verkäufer. Die Firma "Geiger Edelmetall" gehört zu den etwa einem Dutzend Prägeanstalten für Gold und Silber in Deutschland. Nach Worten des Schlossherren hat vor allem Silber eine lange Tradition in der Region. Im Jahr 1218 gab es den ersten Silberhandel in Leipzig weltweit. Vor allem dem im Erzgebirge und im Mansfelder Land abgebauten Silber verdankt der Handelsplatz im Mittelalter Renommee und Wohlstand. Silber wurde auf Flößen über Kanäle bis in die Messestadt transportiert. Der Leipziger Floßplatz erinnert noch heute daran. Mit der Schließung der letzten Silbermine 1871 endete die Tradition.
Der Baden-Württemberger Adalbert Geiger hat einen kleinen Teil zurückgebracht. Im Jahr 2006 kaufte die Familie das Schloss Güldengossa im Süden von Leipzig. Nach der aufwändigen Restaurierung sollte das 1720 als Herrenhaus im Spätbarockstil erbaute Schloss vermietet werden. "Es hat uns aber so sehr gefallen, dass wir beschlossen, unseren Firmensitz von Brainkofen bei Stuttgart nach Güldengossa zu verlegen", erklärt Geiger. Für das Geschäft sei dies kein Problem: Ein Großteil des Verkaufs laufe per Versand an Kunden aus ganz Deutschland.
Vor dem Schloss erstreckt sich ein großer Garten. Innen sind die Parkettböden mit Teppich ausgelegt, an den Wänden hängen alte Gemälde. In den Räumen der zweiten Etage werden Gold und Silbermünzen aus aller Welt präsentiert. Dort ist auch die größte Silbermünze der Welt aus der australischen Lunar-Serie mit zehn Kilogramm zu sehen. "Schöner lässt sich Gold und Silber kaum präsentieren", schwärmt Geiger.
Seine Kunden sind jedoch nicht nur die Vermögenden. "Vom Taxifahrer bis zum Millionär haben wir alles dabei", sagt der Firmeninhaber. Der Durchschnittskunde gebe zwischen 10 000 bis 30 000 Euro aus. Es kommen jedoch auch Menschen, die für einige hundert Euro Gold oder Silber kaufen.
Geiger trifft eine andere Unterscheidung: "Es gibt zwei Arten von Kunden. Die, die regelmäßig kaufen, egal wie hoch der aktuelle Goldpreis ist. Und diejenigen, die Gold eher spekulativ erwerben." Normalerweise würden Stammkunden den Großteil des Edelmetalls kaufen. Durch die Euro-Krise und den damit stark gestiegenen Goldpreis habe die zweite Gruppe zuletzt zugelegt. Im Mai hatte sich der Umsatz kurzzeitig verachtfacht. Genaue Zahlen nennt er nicht. Nur so viel: "Das Gold war bei uns ausverkauft. Ein Kunde wollte seine Euro-Noten gar nicht mehr mitnehmen. Er forderte eine Art Gutschein für Gold."
Was hält Geiger von dieser Art von Panik? Er zuckt mit den Schultern. "Ich sage den Kunden, ich bin Edelmetall-Händler und kein Vermögensberater." Aber natürlich hat der Unternehmer seine Meinung: "Schauen sie sich in den Geschäften die Preise an. Glauben sie an eine Inflation von nur ein bis zwei Prozent in den letzten Jahren? Glauben sie, dass unser Papiergeld in einigen Jahren mehr Wert ist?" Geiger glaubt das nicht. Und viele seiner Kunden auch nicht. Deshalb kaufen sie Gold und Silber. Dies bringt zwar keine Zinsen, soll aber vor Inflation schützen. Dass der Boom schnell wieder vorbei sein kann, ficht sie nicht an.
Bei dem Edelmetall-Händler kann man von der viertel Silber-Unze bis zum 100-Kilogramm-Goldbarren für über drei Millionen Euro alles erwerben. Doch Geiger verkauft nicht nur, sondern stellt auch selbst her. Von den großen Goldscheide-Anstalten kauft er reines Gold und Silber als Granulat. In einer eigenen Fertigung im Raum Leipzig werden daraus Barren gegossen oder aus Blechen Medaillen und Münzen gestanzt. Diese erhalten dann die Prägung von "Geiger Edelmetall". "Rein rechtlich gesehen, darf dies jeder machen", erklärt Geiger. Doch seien die nötigen Maschinen für die Prägungen so teuer, dass sich dies kaum rechne. Der Markt der Hersteller sei daher in Deutschland überschaubar.
Die Geschäfte bei Geiger laufen so gut, dass er nach zwei Jahren wieder erweitern muss. "Wir haben ein großes Gebäude im benachbarten Espenhain erworben, wo wir ab Frühjahr 2011 produzieren wollen. Dort soll auch ein Großteil der Lagerung stattfinden."
Tresorraum im Keller
Bisher ist der Tresor-Raum noch im Schloss. Über eine alte Steintreppe gelangt man in den Schlosskeller. Der Besucher muss zunächst durch eine Sicherheitsschleuse. Hinter einer 18 Tonnen schweren Stahl-Tür befinden sich ein Lagerraum und Schließfächer von Kunden. In den Regalen stapeln sich Säcke mit Silber-Granulat und kleinen Goldbarren. Alles glänzt und funkelt.
An den Wänden hängen viele Kameras. Mit der Renovierung des Schlosses wurde auch ein Sicherheitssystem installiert. "Dennoch versuchen wir, nur wenig Metall vor Ort zu haben", sagt er. An den Schließfächern verdiene das Unternehmen kaum. Die Kunden würden dies jedoch wünschen. Natürlich könnten die Käufer auch ein Schließfach bei ihrer Bank mieten, sagt Geiger. "Doch einigen fehlt einfach das Vertrauen."