Unternehmer in Freyburg Unternehmer in Freyburg: Robert Sander mit Herz für Heimat und Hotel

Freyburg - Da scheint einer Spaß zu haben: Der Mann auf dem Foto, kariertes Hemd, Trachten-Lederhose, prostet mit einer Maß Bier in die Kamera. Der Mann heißt Robert Sander, das Foto ist das Profilbild seiner Facebook-Seite.
Komisch ist bloß, dass Robert Sander Bier gar nicht so gerne mag. Spätestens an dieser Stelle fragt man sich, ob das vielleicht der spezielle Humor eines Mannes ist, der in der Wein- und Sektstadt Freyburg an der Unstrut ein Hotel betreibt und regelmäßig Weinverkostungen anbietet.
Robert Sander lacht, nimmt noch einen Schluck Kaffee und sagt: „Ach nein, ich hab das Bild bloß noch nicht ausgetauscht.“ Vor ein paar Jahren war er mit Freunden auf dem Oktoberfest in München. Er hat da tatsächlich mal ein Bier getrunken, obwohl er lieber Wein mag. So entstand das Bild.
Robert Sanders Ämter und Aktivitäten
Vielleicht hat er noch keine Zeit gehabt zum Austauschen. Robert Sander betreibt in Freyburg nicht nur das Hotel „Zur Neuenburg“, sondern auch das Schützenhaus, in dem er Feiern und Weinabende ausrichtet. Er unterstützt den Karnevalsverein.
Er gehört der „Weinbruderschaft Saale-Unstrut“ an, einem Verein zur Pflege der Weinkultur. Er sitzt im Rat der Verbandsgemeinde Unstruttal und im Freyburger Stadtrat. Er ist Prüfer bei der Industrie- und Handelskammer für Hotel- und Restaurant-Fachleute. Er arbeitet im Vorstand des Freyburger Fremdenverkehrsvereins mit.
Noch was vergessen? Sander kratzt sich am Kopf und überlegt einen Moment: „Glaub’ nicht.“ Die Auflistung seiner Ämter und Aktivitäten klingt nach jahrzehntelanger Karriere. Aber Robert Sander ist gerade mal 32 Jahre alt, und damit einer der jüngsten Gastronomen in Freyburg.
Als wäre das noch nicht genug: Mit 21 war Sander der jüngste Restaurant-Meister Deutschlands. 21, das ist ein Alter, in dem viele aus den ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts längst weg sind. Oder auf dem Sprung. Sie ziehen der Arbeit hinterher oder der Ausbildung. Sie beginnen ein Studium. Oder sie gehen, weil ihnen die Decke auf den Kopf fällt.
„Was du für deinen Chef machst, kannst du auch für dich machen.“
Robert Sander, geboren in Wippra (Südharz), gehört zu denen, die nie weg wollten. Sein Ziel, sagt er, sei immer ein anderes gewesen: sich selbstständig machen. Also gab er früh Gas: Nach der Schule Ausbildung zum Restaurant-Fachmann in Halle, gleich danach setzte er den Meister obendrauf. Schon das ist ungewöhnlich: „Normalerweise muss man vier Jahre Berufserfahrung vorweisen“, sagt er. Er nicht. Seine Leistungen waren so gut, dass er gleich zur Meisterschule zugelassen wurde. Danach arbeitete er in Restaurants in Bad Lauchstädt und Naumburg. Und sagte sich irgendwann: „Was du für deinen Chef machst, kannst du auch für dich machen.“
2010 wurde das Hotel „Zur Neuenburg“ frei, 24 Betten, 75 Plätze im Restaurant, ein eingeführtes Haus. Sander griff zu. Später kam das Schützenhaus dazu und vorübergehend noch ein weiteres Hotel. Heute hat er vier Angestellte und einen Arbeitsrhythmus, der streng der Saison unterworfen ist. „Mai bis Oktober sind die Hauptmonate“, sagt Sander. Im November und im Dezember prägten Weihnachtsfeiern das Geschäft. „Und dann kommen die toten Monate.“
Doch wenn der Laden brummt, sind Arbeitstage von 7 bis 22 Uhr keine Seltenheit. So sei halt Gastronomie, sagt der Chef: „Entweder man macht das mit Leidenschaft oder man ist da fehl am Platz.“ Er hat sich für Leidenschaft entschieden.
Traminer und Riesling sind Vorlieben von Robert Sander
Robert Sander sagt, er fühle sich in Freyburg wohler als in einer Großstadt, „an Lebensqualität fehlt es nicht“. Auch in Freyburg herrsche manchmal Großstadt-Betrieb, zum Weinfrühling im Mai oder zum Winzerfest im September. Überhaupt, der Wein: „Meine große Leidenschaft“, schwärmt Sander. Seine Vorliebe: Traminer und Riesling. Er hat sich zum Sommelier weiterbilden lassen, um seine Restaurant-Gäste bei der Weinauswahl gut beraten zu können. „Das ist seit Jahren deutschlandweit ein Trend in der Gastronomie.“ Der Gast werde immer anspruchsvoller. Er wolle nicht mehr nur „sitzen und essen“, sondern verlange Qualität, sagt der Hotelier. Darauf müsse die Branche reagieren.
Es ist eine Branche, der wie kaum einer anderen die Fachkräfte fehlen. Robert Sander ist froh, dass er seine vier Mitarbeiter hat und gerade niemanden braucht. Vielen Kollegen, sagt er, gehe das anders, manche müssten wegen Personalmangels die Öffnungszeiten reduzieren.
Sander will nicht klagen, aber, so sagt er, es gebe da einen Punkt, den verstehe er nicht: Auf der einen Seite betone die Politik, wie wichtig gut ausgebildetes Personal sei und dass dem Mangel begegnet werden müsse. „Auf der anderen Seite kann in Deutschland jeder eine Gastronomie eröffnen, ohne eine Ausbildung als Restaurant-, Küchen- oder Hotelmeister zu haben.“ Der junge Hotelier befürchtet, dass das über kurz oder lang der Branche schade - und die Ausbildung entwerte: „Wenn dein Chef eigentlich Maler ist, wie soll er dir dann erklären, wie man einen Tisch korrekt eindeckt?“ Wer einen Friseursalon eröffnen wolle, brauche schließlich auch den Meister.
Das Schützenhaus hat Sander übernommen, um nicht nur vom Hotelbetrieb abhängig zu sein. Er bittet ins Haus: dunkle Ledergarnituren, Regale voller Weinflaschen, eine große Bar, im Obergeschoss ein Saal. „Wir haben viel umgestaltet“, sagt er. Die Investition habe sich gelohnt. Die Nachfrage sei hoch. Einmal in der Woche trifft sich der Namensgeber im Haus - der Schützenverein.
Roberta I. und Tina Turner
Wie sehr Robert Sander in Freyburg verwurzelt ist, auch das erzählt ein Foto. Es zeigt eine weißblonde Schönheit im grauen Rock mit blauer Schärpe: Roberta I., die erste deutsche Weinmeisterin. Die gibt es bisher nur einmal, und nur in Freyburg. Als Roberta hielt Robert Sander im vorigen Jahr im Festumzug während des Winzerfestes Hof. „Darauf sind meine Mädels und ich aus einer Weinlaune heraus gekommen“, erzählt Sander. „Meine Mädels“, das ist die Tanzgruppe des Freyburger Karnevalklubs, der das hübsch doppeldeutige Kürzel FKK führt. Zu sechst traten sie mehrere Jahre auf, fünf Frauen und ein Mann. Der allerdings nicht in Frauenkleidern, wobei: manchmal schon. „Ich war auch schon Tina Turner“, sagt Sander.
Mittlerweile hat die Tanzgruppe sich aufgelöst, „keine Zeit mehr“, bedauert er, „wir sind alle beruflich so eingespannt“. Nur beim Festumzug sind sie immer noch dabei und unterstützen den Karnevalsverein. Und Roberta I.? Wer weiß, vielleicht tritt sie irgendwann mal wieder auf. (mz)
