Rustikal essen im Ratskeller Naumburg

Naumburg - Die Fußstapfen waren groß, die Erwartungshaltung noch größer: Doch nach den ersten Bissen vom Hirschsteak aus der Keule muss man zweifelsohne sagen: Der Neustart ist geglückt!
Seit dem ersten Weihnachtsfeiertag hat die altehrwürdige Stadt Naumburg wieder einen Ratskeller. Gut drei Jahre lag das erste Haus am Platze brach, nachdem die bisherigen Inhaber das Restaurant aus Altersgründen aufgegeben und die Stadt sich auf die lange Suche nach einem neuen Betreiber gemacht hatte.
Umbau des Ratskellers dauerte mehrere Monate
Der wurde im Sommer des vergangenen Jahres gefunden und ist kein Unbekannter im Naumburger Stadtbild. Hardy Hanschke betrieb vor der Übernahme des Ratskellers bereits einige renommierte Restaurants in der Domstadt. Zusammen mit zwei weiteren Unternehmern schickte sich Hanschke an, dem historischen Ambiente des Ratskellers neues Leben einzuhauchen.
Mehrere Monate dauerte der Umbau des Gemäuers. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und wird seit der Wiedereröffnung nicht nur von den Naumburgern mit großem Interesse angenommen.
Prunkstück des Ratskellers ist das eigene, kleine Brauhaus, das sich direkt am Zugang zum Marktplatz befindet. Hier reift in zwei schmucken Kupferkesseln das „Naumburger Ratskellerbier“ - ein bernsteinfarbenes, naturtrübes Bier, von dem zwischen 8 000 und 15 000 Liter im Jahr produziert werden sollen.
Ausgeschenkt wird das süffige und kräftig nach Malz schmeckende Fünf-Prozentige ausschließlich im Ratskeller und kann hier in Bügelflaschen zum Mitnehmen gekauft werden. Der halbe Liter kostet im Ausschank übrigens drei Euro - ein toller Preis für ein tolles Bier. Braumeister Thomas Schmidt hat viel vor: Zum traditionellen Naumburger Kirschfest, das jedes Jahr am letzten Wochenende im Juni gefeiert wird, soll es ein eigenes Kirschbier geben.
Wild-Delikatessen aus dem Zeitzer Forst
Doch was wäre ein Ratskeller ohne seine Küche. Und die hat es in sich. Selbstredend, dass man die Tradition der alten Betreiberfamilie Chlebnicek fortsetzt und eine ausgewogene Wildkarte anbietet. Jagdrevier ist der Zeitzer Forst - und so stehen Wildschwein, Reh und Hirsch sowie Gänse- und Entenbraten auf der Karte.
Zum Einstieg wählen wir eine geschäumte Waldpilzsuppe mit hausgemachter Wildbrät-Maultasche. Der Löffel versinkt regelrecht in dem tiefen Teller, an dessen Rand hauchdünne geröstete Kartoffelscheiben liegen. Das hat etwas. Klar, dass sich die Einflüsse der Thüringer Küche auch in den Wildgerichten widerspiegeln. Und so kommt die kross gebratene Gänsebrust mit frisch geschnittenem und kräftig gewürztem Rotkraut daher.
Echte Thüringer Klöße im Ratskeller Naumburg
Selbstredend dürfen echte Thüringer Klöße nicht fehlen, die mit in Butter geschwenkten Semmelbröseln garniert sind und in ihrem Inneren geröstete Brotkrumen haben. Exzellent! Soße kann man nachordern, so viel man will. Die braucht man auch, um die drei (!) riesigen Klöße verdrücken zu können.
Raffiniert und gewagt kommt das Hirschsteak aus der Keule daher, das mit Wirsing und Walnuss-Spätzle angerichtet wird. Dazu ein gehöriger Schuss Sauerkirschsauce und der Gaumen kann frohlocken. Das Fleisch ist zart, zerfällt nicht beim Schneiden. Bewusst hat die Küche hier auf das traditionelle Rotkraut verzichtet und garniert die Hirschkeule mit Wirsing.
Blauer Zweigelt und Naumburger Weißburgunder Highlights auf der Weinkarte
Eine gewagte Kombination, die mit dem ersten Bissen zu einer gelungenen Geschmackskomposition verschmilzt. Und auch die Walnuss-Spätzle überraschen. Das Ganze wird mit frischen Kräutern garniert und auf edlem italienischen Porzellan serviert. Erlebnisgastronomie auf hohem Niveau.
Nach solch gehaltvollem Essen bietet sich ein Bacchustresterbrand der Edelbrennerei Schloss Neuenburg an, der vollmundig die Fülle des Magens vergessen lässt. Aus der Region kommen auch die erlesenen Weine - allesamt vom Landesweingut Kloster Pforta. Bewusst setzt die Küche auf einheimische Tropfen, von denen der Blaue Zweigelt und der Naumburger Weißburgunder die Highlights auf der Weinkarte sind.
Überhaupt haben die neuen Betreiber bei der Gestaltung des Ratskellers großen Wert auf stilvolle Eleganz gelegt. Das Mobiliar ist aus Eichenholz - ein willkommener warmer Kontrast zur dezenten Farbgebung des Gastraumes. Man sitzt sehr bequem auf den rustikalen Stühlen, die sich um die quadratischen Tische gruppieren. Dezente Musik durchflutet den Raum, die Strahler an den Gewölbedecken tauchen den länglichen Raum in ein warmes, angenehmes Licht.
Crème brûlée vom hausgemachten Bier
Zum Abschluss noch ein Leckerli gefällig? Wir probieren die Crème Brûlée vom hausgemachten Bier. So etwas muss man einfach gekostet haben. Das Hausgebräu findet sich übrigens in zahlreichen Speisen wieder. So wird unter anderem das eigene Brot mit Treber vom Bier gebacken. Dieses gibt es für alle Gäste des Hauses mit Kräuterquark als Appetithäppchen. Man muss aufpassen, sich nicht bereits vor dem Essen mit dieser Köstlichkeit den Magen vollzustopfen.
„Wichtig ist mir die Freundlichkeit meiner Mitarbeiter zu den Gästen. Das ist das A und O eines guten Restaurants“, sagt Hanschke am Ende des Eröffnungstages. Für den Neustart des Ratskellers trifft dies voll und ganz zu. Auch wenn das Essen einmal ein paar Minuten länger auf sich warten lässt - welcher Gast kann da böse sein, wenn ihn die freundliche Kellnerin noch um etwas Geduld bittet. (mz)
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