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Rekord mit Note 0,7 Rekord mit Note 0,7: Deutschlands bestes Abi in Naumburg?

Von Harald Boltze 08.07.2020, 08:30
Der Schule sagt Aurelia Knispel nun „Auf Wiedersehen“. Mit Lernen geht es aber wohl bald in Leipzig beim Medizinstudium weiter.
Der Schule sagt Aurelia Knispel nun „Auf Wiedersehen“. Mit Lernen geht es aber wohl bald in Leipzig beim Medizinstudium weiter. Torsten Biel

Naumburg - Wenn Sie denken, dass 1,0 eine fantastische Abitur-Note ist, die höchste Anerkennung verdient, dann haben Sie recht. Für die Naumburgerin Aurelia Knispel aber war dieser Schnitt nur das Minimalziel. Das mag anmaßend klingen, ist es aber mit keiner Silbe, wenn man sich die Vorgeschichte der fröhlich wirkenden 18-Jährigen anschaut. Alles Einser, mal ne 2 im Halbjahr in Sport: So sahen ihre Zeugnisse von der 5. bis zur 10. Klasse aus. Und dort ging es weiter mit den Bestnoten, so dass der Domgymnasiastin schon vor der mündlichen Abiturprüfung die 1,0 nicht mehr zu nehmen war.

Aber deshalb ließ sie die „Mündliche“ natürlich nicht schleifen. Geografie mit dem Klima Lateinamerikas und der Geschichte mitteleuropäischer Städte wurde da abgefragt. Und am Ende standen genauso die 15 Punkte wie in allen (!) anderen ihrer Abiturprüfungen. „Mein Tutor hat gesagt, das habe es seit 1990 hier an der Schule noch nicht gegeben“, erzählt Knispel ohne anzugeben.

Doch ihre Leistung ist keinesfalls nur für Naumburger Verhältnisse sagenhaft: Nein, sie verdient bundesweite Anerkennung. Alle Noten gemeinsam führen bei ihr nämlich zum schier surrealen Ergebnis von 896 von 900 Punkten. Allein 823 hätten schon für den 1,0-Schnitt gereicht. So ist es nun einer von 0,7 geworden. Ein Wert, den man, wenn man danach googelt, hin und wieder in den vergangenen Jahren in Bayern oder Sachsen findet. Eine Gesamtübersicht für Deutschland findet man allerdings nicht: Also könnte es gut und gerne sein, dass Deutschlands beste Abiturientin in diesem Jahr aus der Domstadt Naumburg kommt.

Als Streberin sieht sich Knispel aber ganz und gar nicht. „Ich bin keine, die Tag und Nacht gelernt hat.“ Die Einsen seien ihr schon immer etwas zugeflogen. „Gerade in der 5. und 6. Klasse brauchte ich nur wenig lernen“. Druck von den Eltern gab es jedenfalls keinen. „Auch brauchte ich im Leben nie wegen der Schule auf Freizeit verzichten.“ Klavier spielt Knispel seit 13 Jahren , zum Ballett ging sie sogar 15 Jahre lang. Sie ist zudem Rettungsschwimmerin bei der DLRG.

Ihr größtes schulisches Steckenpferd war schon immer Mathematik, was womöglich auch an ihrer Oma, der ehemaligen Mathelehrerin Edeltraut Knispel, liegt, die sie noch heute gern in deren Wohnung besucht. Das Mathe-Abi war aber eine ganz schöne Hausnummer. „Selbst unser Lehrer war sich nicht sicher, ob er die 15 Punkte geschafft hätte.“ Auch einen Corona-Bonus konnte die 18-Jährige nirgends entdecken. „Die Aufgaben wurden wegen Corona nicht geändert, sonst hätten wir in Physik sicher kein Experiment bekommen, bei dem man so viel anfassen muss.“

Coronabedingt fiel hingegen der feierliche letzte Schultag ins Wasser und auch der Abi-Ball im Freyburger Lichthof. „Der wird jetzt mit Schülern und Lehrern hier in der Schule zumindest ein kleines bisschen nachgeholt.“ Ihr Zeugnis bekommt Knispel nun diesen Freitag im Dom, zusammen mit weiteren Auszeichnungen diverser deutscher Gesellschaften, etwa in Physik, Mathe oder auch Chemie.

Stellt sich nun noch die Frage, was man mit so einem Traum-Abi macht. „Medizin studieren“, sagt Aurelia Knispel. „Das will ich schon seit dem Kindergarten.“ Nach Leipzig soll es gehen, „das ist eine tolle, lebendige Stadt und nicht weit weg“. Ob sie aber den Studienplatz bekommt, ist trotz des 0,7er-Schnitts nicht garantiert. Das erfährt sie wohl erst im September - und auch, ob dann noch ein Wohnheimplatz frei ist. Denn alleine leben will sie nicht, dann würde sie ja was vom studentischen Leben verpassen. Und eine Stubenhockerin will Aurelia Knispel nun wirklich nicht sein.

Etwas anderes als eine Eins hatte Knispel in Deutsch, Mathe oder Geschichte - wie hier in Klasse 9 - noch nie. Eine Zwei gab es nur vereinzelt mal in Sport.
Etwas anderes als eine Eins hatte Knispel in Deutsch, Mathe oder Geschichte - wie hier in Klasse 9 - noch nie. Eine Zwei gab es nur vereinzelt mal in Sport.
Knispel