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Lebensbilder  Lebensbilder : Stets der Musik verbunden

Von Constanze Matthes 06.08.2018, 08:30
Erdmuthe Müller-Taube ist 93 Jahre alt. In den 1950er Jahren wirkte sie am Naumburger Domgymnasium.
Erdmuthe Müller-Taube ist 93 Jahre alt. In den 1950er Jahren wirkte sie am Naumburger Domgymnasium. Peter Lisker

Weissenfels/Naumburg - Ihr Kopf scheint ein Lexikon zu sein. Wenn sie erzählt, sprudeln Namen, Ereignisse und Jahreszahlen nur so aus ihr heraus. Dabei ist Erdmuthe Müller-Taube bereits 93 Jahre alt und damit die älteste Frau, die für die multimediale Fotoausstellung „Würde. Selbst. Wählen“ vor die Kamera getreten war. Auf ihr Alter und das Geheimnis ihres langen Lebens angesprochen, winkt sie mit einem herzlichen Schmunzeln ab. „Man sollte immer aktiv sein, sich selbst fordern und fröhlich sein“, sagt die Weißenfelserin, die auch in der Saale-Unstrut-Region bekannt ist. In den 1950er-Jahren unterrichtete sie an der Erweiterten Oberschule (EOS) in Naumburg, die 1972 den Namen „Erich Weinert“ erhielt. Zuvor hatte sie nach dem Krieg einen Neulehrer-Lehrgang absolviert, später folgte ein Studium der Musik und Sprechwissenschaften an der Universität in Halle. Vor ihrer Zeit in der Domstadt, die sie täglich mit dem Zug erreichte, war sie an der Weißenfelser Neustadtschule tätig. 40 Kinder bildeten damals eine Klasse. „Ich wurde ins kalte Wasser geworfen und war froh, dass ich meine Gitarre hatte“, berichtet die Pädagogin, die eigentlich nie Lehrerin werden wollte, sondern vielmehr Physiotherapeutin. „Weil ich damals glaubte, dass ich dafür nicht so viel lernen brauchte. “

Schützling Marek Bobéth

In Naumburg, wo sie Deutsch und Musik unterrichtet hat, gehörte zu ihren Schützlingen ein nicht ganz Unbekannter: der Pianist, Dirigent und Musikwissenschaftler Marek Bobéth, der 2012 75-jährig verstarb. „Mit meinen Schülern habe ich viel gesungen. Wir sind zu Konzerten und Aufführungen aufgetreten“, so Erdmuthe Müller-Taube weiter.

Neben den Kriegsjahren, in denen sie in einer Schuhfabrik in Weißenfels tätig war, dort unter anderem die Bekanntschaft mit französischen Gefangenen machte, war es ein Ereignis aus ihrer Naumburger Zeit, das sie besonders geprägt hat, von dem sie auch in der Ausstellung erzählt. Sie half 1953 einem Schüler, der Stasi zu entkommen: Rainer Meusel, später Jurist und von 1985 und 2007 Mitglied des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Nach den wenigen Jahren in Naumburg, die sie als eine glückliche Zeit bezeichnet, wirkte sie ab 1958 als Mitarbeiterin am Institut für Lehrerbildung Weißenfels, später als Fachgruppenleiterin. Eine weitere ihrer vielen Lebensgeschichten ist verbunden mit dem Schriftsteller Martin Gregor-Dellin (1926 - 1988), der in Weißenfels aufwuchs, mehrere Jahre als Lektor im Mitteldeutschen Verlag tätig war und 1958 in den Westen übersiedelte. Ihm half sie bei seiner Recherche für eine Biografie über Heinrich Schütz, die 1984 erschien. Die Weißenfelserin erhielt dafür nicht nur den Dank in Form einer namentliche Erwähnung im Buch. Der Verfasser schickte ihr anlässlich ihres 60. Geburtstages zudem Karten für die Wagner-Festspiele. Als sie gefragt wurde, ob sie weiter am Institut beschäftigt sein oder nach Bayreuth fahren will, entschied sie sich für die Reise.

Viele Jahre Chor geleitet

Die Musik war und ist noch immer ihre ständige Begleiterin. Von 1982 bis 1996 stand sie dem Langendorfer Volkschor vor. Sie schrieb Kinderlieder, wirkte im Heinrich-Schütz-Verein, trat zu literarisch-musischen Veranstaltungen in der Region auf und hält dann und wann noch Vorträge. In einem Zimmer ihrer Weißenfelser Wohnung stehen ein weißes Klavier und eine Gitarre. Dahingehend habe sie vor allem das Elternhaus geprägt, wo oft und viel gesungen wurde. Ihre Zwillingsschwester ist die ehemalige Sängerin Ulrike Geiger. Und auch ihr Mann Johannes Müller und ihr Bruder Volkmar Taube sind in Naumburg nicht ganz unbekannt: Gemeinsam hatten sie eine Praxis im Steinweg für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Logopädie.