Lebensbilder: Andreas Rüb Lebensbilder: Andreas Rüb : Amtsleiter ist am liebsten im Grünen

Naumburg - Wenn Andreas Rüb von seinem zweiten Zuhause, dem Klinger-Weinberg, auf den Saale-Radwanderweg schaut, geht ihm das Herz auf. Für Spaziergänger, Familien und Sportler ist das Asphaltband am Fluss entlang eine herrliche Strecke - und eine Selbstverständlichkeit. Doch dem war keineswegs immer so. „Vor der Wende gab es beispielsweise zwischen Halleschem Anger und der Henne nur einen schlechten Trampelpfad“, erinnert sich Rüb.
Den Radweg in seiner jetzigen Form bezeichnet er als eines der gelungensten Projekte seiner fast 30-jährigen Amtszeit im Naumburger Rathaus, erst verantwortlich für das Gartenbau- später für das Ordnungsamt. Vor allem auf erstere Zeit blickt Rüb gerne zurück, jetzt, da der 65-Jährige gerade frisch von Kollegen und Wegbegleitern in den Ruhestand verabschiedet worden ist.
Geboren und aufgewachsen in Roßbach (Saalekreis), sah es erst gar nicht danach aus, dass Rüb einmal ein Bürotiger wird. Nach einem „Unterrichtstag in der Produktion“, als er in einer „dunklen und stickigen Werkhalle“ Eisen feilen musste, wusste er als Jugendlicher schnell, was er nicht werden will und nach etlichen Arbeitseinsätzen bei seinem Onkel in der Pflanzenproduktion bald auch, wohin die berufliche Reisen gehen soll.
Studium der Pflanzenzüchtung in Halle
Die Natur war einfach sein Ding, so dass die weiteren Schritte - Agrotechniker mit Abitur in Aschersleben und das Studium der Pflanzenzüchtung in Halle samt Abschluss als Diplom-Ingenieur - wie folgerichtig wirken. „Das waren mit die schönsten Jahre meines Lebens. Einfach unbeschwert Student sein“, erinnert sich Andreas Rüb gerne.
Doch für ihn ging es auch danach positiv weiter. Naumburg mit seiner „wunderschönen Umgebung“ reizte ihn schon immer. Da kam die Anstellung in der „Biologischen“ gerade recht, wie die Naumburger das Institut für Gemüseforschung am Steinkreuzweg (später Forstamt, heute privat) nannten. Rüb forschte mit den Kollegen nach schmackhafteren und ertragreicheren Sorten. „Die Harzfeuer-Tomate ist heute noch sehr beliebt“, freut er sich.
Wende als Chance gesehen
Doch als die Wende kam, wusste der Ingenieur sofort, dass man sich gegen die Gemüsemächte aus Holland und anderswo auf dem Weltmarkt nicht durchsetzen wird. Rüb suchte den Absprung und fand ihn. Einzuschieben ist an dieser Stelle jedoch, dass der damals 34-Jährige keineswegs traurig über den Untergang der DDR war. „Ich musste zwar persönlich nie unter dem Staat leiden und war auch nie politisch tätig, aber es war einfach schrecklich mit ansehen zu müssen, wie die DDR und auch die Stadt Naumburg mehr und mehr verfielen. Die allgemeine Unzufriedenheit war riesig. Die Wende war die einzige Chance, da etwas zu retten.“
1990 Einstieg in die Stadtverwaltung
Seine Rettung kam schon 1990 mit der Stellenausschreibung der Stadt Naumburg. Rüb bewarb sich für das Gartenbauamt, bekam die Stelle und stieg alsbald sogar zum Amtsleiter auf. „Eine enorm spannende Zeit, es gab massive Fördermittel, viele ABM-Stellen und viel weniger Bürokratie“, erinnert er sich. Und auch daran, wie ihn der damalige und mittlerweile verstorbene Oberbürgermeister Curt Becker, auf den er große Stücke hält, einmal nach Halle schickte, weil es dort Fördermittel geben sollte. „450.000 D-Mark haben wir da abgeräumt, für den Radweg, den Bürgergarten und die Umgestaltung des Stadtparks.“ Neue Grünflächen, Spielplätze und Schulhöfe entstanden unter seiner Regie. „Es war wunderbar Naumburg wieder mit aufzubauen“, so Rüb.
Nach 17 Jahren und dem Zusammenschluss von Gartenbau- und Tiefbauamt wurde er jedoch versetzt, leitete fortan das Verkehrs- und später auch das Ordnungsamt. Freuen konnte er sich wenig. „Anstatt Dinge umzugestalten und auch mal ein Lob zu bekommen, kriegt man im Ordnungsamt immer nur die Dinge auf den Tisch, die nicht funktionieren.“ Wenn Hunde zu laut bellten oder sonstige Nachbarschaftsstreitigkeiten an ihn herangetragen wurden, versuchte er immer, die Behörde weitgehend außen vor zu lassen. Gestalten konnte Rüb aber auch im Ordnungsamt, etwa hinsichtlich der Sicherheitskonzepte für Kirschfest, Weinmeile und andere Höhepunkte. „So was gab es zunächst einmal nicht. Bei der Bombendrohung zum Kirschfestfreitag 2017 hat man dann aber gesehen, dass solche Konzepte wichtig sein können und auch funktionieren.“
Für neue Aufgaben immer aufgeschlossen
Dass er seine Arbeit - auch wenn nun nicht mehr die eigentlich gewünschte - ernst nahm, brachte ihm zur Verabschiedung großes Lob von Oberbürgermeister Bernward Küper ein. „Was ich an Herrn Rüb besonders geschätzt habe, ist, dass er für neue Aufgaben in der Verwaltung immer aufgeschlossen war und der Mensch für ihn im Mittelpunkt stand“, sagte das Stadtoberhaupt.
Doch auch im Ruhestand wird Andreas Rüb, der zwei erwachsene Kinder aus erster Ehe hat, den Kontakt zur Verwaltung nicht verlieren und durch seine Ehefrau Steffi Spindler, die im Schulamt tätig ist, auf dem neuesten Stand bleiben. Auch wenn er nicht mehr Teil der Verwaltung ist, so bleibt er wohl immer ein Fan der Domstadt. „Wenn man sich so umschaut, kann man schon glücklich sein, was alles passiert ist. Da sind nicht alle Städte der Umgebung so weit gekommen“, sagt er und verweist auch auf die erfolgreichen Dorferneuerungsprogramme etwa in Flemmingen und Großjena.
Reisen und Musik sind Leidenschaften
Die freigewordene Zeit wird Rüb nun in seine Hobbys stecken. Ein großer Freund von klassischer Musik ist er, auf CD oder sogar noch Vinylplatte. „Die Musik einfach nur vom Laptop abzuspielen ist mir nichts, da würde mir einfach was fehlen“, sagt der 65-Jährige. Auch das Reisen ist eine Leidenschaft. Im April geht es nach Peru und dort auch in die beeindruckende Ruinenstadt Machu Picchu.
Vor allem aber wird der frisch gebackene Rentner nun mit noch mehr Zeit und Eifer seinen liebgewonnenen Weinberg hegen und pflegen. „Im Frühjahr 1991 sagte mir Andreas Legall vom städtischen Friedhof, dass der Wein auf dem Klingerberg vergammelt, wenn er nicht bald verschnitten wird.“ Rüb kümmerte sich und bewirtschaftet nun seit vielen Jahren die rund 1.000 Stöcke Gutedel auf der unteren Terrasse. Die Trauben bringt er zu Winzer Klaus Böhme, der daraus die edlen Tropfen zaubert.
