Kunstprojekt "Bewegtes Land" Kunstprojekt "Bewegtes Land" : Vorsicht vor dem Saale-Hai!

Naumburg/Bad Kösen - Ein Hai in der Saale, ein Läufer, der eben noch kilometerweit entfernt war, und plötzlicher Nebel, wo eben noch die Sonne gleißend schien? Mysteriöse Erscheinungen waren es, die Zugreisende zwischen Jena und Naumburg erleben konnten. Alles Humbug oder doch Realität? So einfach war das nicht auszumachen, zu perfekt die Inszenierung. Denn Kunststudenten aus Jena und Weimar hatten ein Projekt auf die Beine gestellt, das von nichts Geringerem als der Fiktion lebt. „Bewegtes Land“, so der Titel.
Ohne Schnellzüge
Das Saaletal zwischen Jena und Naumburg - eine immerhin rund 30 Kilometer lange Strecke - diente dabei als Bühne für 40 spektakuläre Aktionen. Ursprünglich hatten die Studenten kalkuliert, dass binnen zwölf Stunden - aufgeteilt in drei Blöcke - 49 Züge die Strecke in beide Richtungen passieren, doch fehlten wegen aktueller Baumaßnahmen die Schnellverkehrszüge, so dass es lediglich 24 Abellio-Regionalzüge waren, die die Strecke befuhren. Dennoch haben die Organisatoren an Konzept und Datum festgehalten. Bis zur letzten Minute liefen die Vorbereitungen, wurde noch nach Darstellern gesucht, Installationen getätigt.
Rückschläge gab es dabei auch. Unter anderem war ein für Darstellungen eingeplanter Mercedes demoliert worden. Unbekannte hatten dessen Scheiben eingeschlagen und den Motor unbrauchbar gemacht. Die Organisatoren hatten es allerdings vermocht, den Wagen wieder flott zu machen und in einem Duell gegen einen Trabi antreten zu lassen.
Der schnellste Mann
Den Auftakt nahm „Bewegtes Land“ unter anderem auf dem Bad Kösener Bahnhof, wo schon der Fanfarenzug der Kurstadt mit 26 Mitwirkenden Aufstellung genommen hatte. Und selbstverständlich Gäste, die mit dem Regionalzug nach Jena wollten. Auch Katja Nägler mit ihren Kindern. „Unsere Kinder fahren gerne einmal mit dem Zug, und so sind wir gespannt, was uns da erwartet. Wir haben schon viel über die Aktion gelesen und hoffen, dass wir auf der Fahrt nach Jena viele der Szenen entdecken.“ Und Näglers wollten auch retour fahren. Nach Stadtbummel und einem Eis will man alles noch einmal erleben. Beispielsweise Rocco, den schnellsten Mann des Saaletals, der schon bei der Ausfahrt aus Bad Kösen auftauchte und mit dem Zug um die Wette lief. Dass er wenig später schon an anderer Stelle entdeckt wurde, lag nicht daran, dass Rocco wirklich so schnell ist, sondern dass er viele Doppelgänger hatte. Und die traten mit Skateboards, Rollschuhen, Rennrad oder per pedes gegen den Zug an. Apropos: Einen ICE gab es doch, allerdings einen aus Pappe, der unmittelbar unter der Rudelsburg entlang steiler Felsen in den Wald fuhr. Ganz schön verrückt. Auch die Saale selbst diente als Schauspiel-Objekt. Zum Beispiel, als mit bunten Fässern ein Chemieunfall dargestellt wurde, mit der Folge, dass sich der Fluss für kurze Zeit neongrün färbte. An anderer Stelle sprang ein Hai aus der Saale, am Ufer flogen Heuballen in die Luft. Nicht zu vergessen, steinzeitliche Vorfahren, die angesichts des Zuges laut schreiend das Weite suchten. Auch Theaterszenen wurden als kurze slapstickhafte Situationen entlang der Bahn gespielt - immer wiederkehrend.
Und dann war da noch der plötzliche Nebel auf Höhe der Saalhäuser. Oliver Schob vom gleichnamigen pyrotechnischen Unternehmen aus der Kurstadt hatte für ein solches Naturschauspiel gesorgt und zweifellos manchem Passagier einen Schrecken eingejagt. Wenige Meter davon entfernt stand Katrin Schmiedel, die die Fahrgäste wiederum mit einem Spiegel blendete.
Alles ganz schön verrückt - und genau das hatten die Kunststudenten, die übrigens über 220 Akteure zählten, bezweckt. (be/mhe)
