Interview mit Ruder-Weltmeister Christian Schreiber Interview mit Ruder-Weltmeister Christian Schreiber: Der Sport lässt ihn nicht los

Weißenfels - Er tanzt auf vielen Hochzeiten, ist immer auf Achse. Seit knapp einem Jahr übt Christian Schreiber das Amt des Athletensprechers beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) aus. Durch diese Position ist er zudem Präsidiumsmitglied im DOSB. Kürzlich stattete der Ruderweltmeister von 2001 im Doppelvierer seiner Heimatstadt einen Besuch ab. Mit dem gebürtigen Weißenfelser kam Carsten Roloff ins Gespräch.
Welche Aufgaben hat ein Athletensprecher?
Christian Schreiber: Die Athleten-Kommission hat sieben (6+1 vom DBS) Vertreter. Wir widmen uns einigen wichtigen Kernthemen wie Antidoping, der Vereinbarkeit von Sport und Ausbildung, sind aktuell eingebunden in die Neuausrichtung des deutschen Leistungssports sowie bei der NADA und der Sporthilfe präsent. Wir wirken mit bei der Gestaltung des bevorstehenden Antidoping-Gesetzes. Ein sehr spannendes Thema ist auch die Olympiabewerbung Hamburgs für 2024.
Sie arbeiten als Diplom-Kaufmann bei SONOTEC in Halle. Wie viel Zeit nimmt ihr Ehrenamt in Anspruch?
Christian Schreiber: Fast jeden Abend in der Woche, wenn meine siebenjährigen Zwillinge Karl und Richard im Bett liegen, setze ich mich noch einmal an den Laptop und beantworte die E-Mails, die tagsüber liegen geblieben sind. Da kommen nach Feierabend im Schnitt noch einmal 15 Stunden in der Woche zusammen.
Sie sind Familienvater, haben schon während ihrer aktiven Laufbahn viel für den Sport investiert. Ist Ihre Frau nicht manchmal sauer, dass sie nach Ihrer Karriere noch so aktiv sind?
Christian Schreiber: Ja und nein. Ich komme meinen Pflichten in der Familie schon nach und will dort keine Abstriche machen. Allerdings gehen auch viele meiner Urlaubstage für das Ehrenamt drauf.
In einem Jahr steigen die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Was halten Sie persönlich von den Medaillenvorgaben des DOSB?
Christian Schreiber: Solche Zielvereinbarungen zur strategischen Ausrichtung finde ich prinzipiell gut, aber sie müssen ambitioniert und realistisch zugleich sein und darüber hinaus auch finanziell ausreichend untersetzt.
Ist die Vorgabe von 40 bis 70 Medaillen nicht zu optimistisch?
Christian Schreiber: Pauschal lässt sich das nicht beantworten, da dies ja die Summe der potenziellen Medaillen aller olympischen Sommersportverbände war. Ich versuche es mal in meiner Sportart. Im Rudern waren für London vier Goldmedaillen bei 14 olympischen Bootsklassen das Ziel, welches nach Peking 2008 formuliert wurde. Das war ein gutes Ziel. Es muss unser Anspruch sein, dass unsere stärksten Athleten in den vier einzelnen Disziplinengruppen (Männer, Frauen, Skull und Riemen - die Redaktion). R.) in einer Bootsklasse um den ersten Platz mitkämpfen. Das kann nicht immer klappen. Wir haben in London zwei Goldmedaillen geholt, die dritte knapp verpasst. Einzig der Riemenbereich der Frauen gehört auch aktuell leider immer noch nicht zur Weltspitze.
Wie viele Athleten aus Sachsen-Anhalt werden in Brasilien starten können?
Christian Schreiber: Wenn es 15 Sportler schaffen könnten, wäre dies schon eine starke Leistung. Sie haben über Weißenfels und Halle den Sprung in die Ruderweltspitze geschafft.
Wie schätzen Sie das Leistungsniveau dieser Sportart in unserem Bundesland ein?
Christian Schreiber: Julia Lier im Einer und Maximilian Planer im Zweier ohne haben gezeigt, dass sie zur nationalen Spitze gehören. Mit ihren Titeln und Medaillen in den Großbooten der Nationalmannschaft haben sie zudem bewiesen, dass sie auch schon in der erweiterten Weltspitze der Erwachsenen angekommen sind. Hier wünsche ich mir für beide, dass sie sich in den nächsten Jahren mit ihren individuellen Leistungen noch unverzichtbarer für die Bundestrainer machen. Mit dem 18-jährigen Philipp Syring aus Magdeburg wächst eine weitere große Hoffnung heran. Prinzipiell begrüße ich es, wenn sich unsere Nachwuchsleute wie die Weißenfelser Erik Kohlbach und Niklas Baier bei den bundesoffenen Wettkämpfen in der Spitze zeigen. (mz)