1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Hier speiste Goethes Faust: Hier speiste Goethes Faust: Ruinöses Traditionsgasthaus Weißer Schwan im Sinkflug

Hier speiste Goethes Faust Hier speiste Goethes Faust: Ruinöses Traditionsgasthaus Weißer Schwan im Sinkflug

Von Holger Zimmer 26.01.2019, 11:00
Der Saal des Gasthauses Weißer Schwan ist bereits verschwunden.
Der Saal des Gasthauses Weißer Schwan ist bereits verschwunden. Peter Lisker

Rippach - Der „Weiße Schwan“ zeigt sich arg gerupft. Der hintere Teil des Rippacher Traditions-Gasthauses steht nur noch zum Teil, der Saal ist verschwunden. Eine der noch existierenden Mauern wölbt sich bereits.

Sie könnte irgendwann nach außen kippen. Folgen, die sich Anna-Lena Heinrich nicht ausmalen möchte. Denn sie wohnt neben dem geschichtsträchtigen Gebäude, in dem Goethes Faust zur Nacht gespeist haben soll. Sie weist auf das unmittelbar daneben liegende Grundstück und sagt: „Der Ärger ist bei uns groß.“

Weißer Schwan in Rippach: Mehrfach war Bauordnungsamt des Landratsamtes vor Ort

Mehrere Anzeigen hat ihr Vater bereits erstattet und das Bauordnungsamt des Landratsamtes beschäftigte sich mit der Sache. Bedrohlich wurde es, als vor dem Haus ein Betondachziegel neben ihrem Bruder auf dem Weg landete und ihn ein Brocken am Fuß verletzte. Die Feuerwehr habe danach weitere lockere Ziegel entfernt, die inzwischen wieder ersetzt worden sind.

Mehrfach war das Bauordnungsamt des Landratsamtes seit 2009 vor Ort, informierte die Pressestelle des Landratsamtes. Seinerzeit stimmte der damalige Eigentümer einem Abbruch des maroden hinteren Gebäudes mit dem Saal zu. Eine verbliebene Umfassungsmauer war allerdings in so desolatem Zustand, dass Mauerteile herauszubrechen drohten. Ohne ein anderes Grundstück zu gefährden, wie es hieß.

Weißer Schwan in Rippach: Neue Begehung soll erfolgen

Die letzte Begehung der Behörde mit einem Vertreter des jetzigen Eigentümers fand vor fast genau einem Jahr statt. Bei der gab es bereits einen meterhohen Zaun um das Grundstück, so dass keine Gefahr mehr für Sicherheit und Ordnung bestanden habe. So hieß es jedenfalls. Nach der MZ-Anfrage soll aber noch im Januar eine erneute Besichtigung des Gebäudes stattfinden.

Mit dem Haus hat Rippach in der Vergangenheit oft punkten können. Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe hat den Ort im 1808 erschienenen ersten Teil seines Fausts in der Szene in Auerbachs Keller verewigt. So heißt es: „Ihr seid wohl spät von Rippach aufgebrochen? Habt Ihr mit Herrn Hans erst noch zur Nacht gespeist?“ Eine große Tafel erinnert an der Fassade außerdem an den 1813 in der Nähe tödlich getroffenen französischen Marschall Jean Baptiste Bessiéres. Die Gedenkplatte hatte jahrelang in der französischen Garnison in Berlin gehangen und konnte 1992 mit Hilfe der napoleonischen Gesellschaft am „Weißen Schwan“ angebracht werden.

Schild in Abbruch-Gasthaus: „Hier entsteht in Kürze eine neue Gaststätte“

Mit dabei war damals Hans-Joachim Fuhrmann, der seit 1981 in Rippach lebt, einst Gemeindeoberhaupt war und jetzt SPD-Ortsbürgermeister ist. Für ihn ist der „Weiße Schwan“ längst ein Trauerspiel. Das begann nach der Wende, als es immer schwieriger wurde, Gäste ins Haus zu ziehen und mündete 2016 und 2017 in Eigentümerwechseln. In einem der Fenster ist auf einem Aushang zu lesen: „Hier entsteht in Kürze eine neue Gaststätte“.

Eine Amphore an der Seite des Gebäudes stützt die Äußerung Fuhrmanns, der von einem griechischen Restaurant weiß. Ein paar Leute seien mal gesichtet worden, doch getan habe sich im Prinzip nichts. Bis auf die Tatsache, dass der schon unter dem Alteigentümer begonnene Saalabriss durch Regen und den Orkan Friederike beschleunigt wurde. Ralf Schneider, ebenfalls ein unmittelbarer Nachbar meint: „Der Schandfleck schadet dem Image des Dorfes.“

Weißer Schwan in Rippach: Schon bessere Zeiten gesehen

Hans-Joachim Fuhrmann kennt noch die besseren Zeiten des „Weißen Schwan“. Vor der Wende war er mit Gaststätte, Vereinszimmer und Saal ein Aushängeschild, gab es nicht nur einen Stammtisch, der sich regelmäßig traf, sondern man fand auch darüber hinaus kaum einen Platz. Gab es in der Gemeinde was zu feiern, dann passierte das hier. Hinzu kam, dass die Rippacher stolz auf das Denkmal waren, das Goethe ihnen gesetzt hatte. „Das war doch was“, sagt auch der Ortsbürgermeister.

1992 wurde die Tradition von der Gemeinde veräußert. Das ging mehr als 20 Jahre gut. So hatte der Inhaber versucht, einiges auf die Beine zu stellen. Da wurden Höhepunkte organisiert, für Durchreisende draußen gegrillt... Doch letztlich reichte es nicht. Die Bausubstanz wurde immer schlechter. „Dass das nach der Versteigerung alles so gekommen ist, tut weh“, sagt Hans-Joachim Fuhrmann.

Bernhard Strunk, Chef der alexxis-immobilien GmbH, die den Eigentümer betreut, verweist darauf, dass es bereits vor gut einem Jahr Versuche gegeben hatte, etwas zu unternehmen. Allerdings war das auch am Denkmalschutz gescheitert. Dieses Jahr soll es einen neuen Anlauf geben. (mz)

Ortsbürgermeister Hans-Joachim Fuhrmann vor der Gedenkplatte, die an den 1813 gefallenen französischen Marschall Bessierés erinnert.
Ortsbürgermeister Hans-Joachim Fuhrmann vor der Gedenkplatte, die an den 1813 gefallenen französischen Marschall Bessierés erinnert.
Peter Lisker
Schwan über dem Schlussstein mit der Jahreszahl 1676
Schwan über dem Schlussstein mit der Jahreszahl 1676
Peter Lisker