Gararinschule in Naumburg Gararinschule in Naumburg: In der "Juri" prägende Zeit erlebt

Naumburg - Der Aufruf an die Tageblatt/MZ-Leser, ihre Erinnerungen an die Naumburger Juri-Gagarin-Schule mitzuteilen, hat etliche Naumburger animiert, uns zu schreiben. Das Gebäude der ehemaligen Polytechnischen Oberschule und späteren Sekundarschule wird derzeit abgerissen. Bis Ende Oktober sollen die Arbeiten beendet sein.
Der Plattenbau aus der DDR-Zeit hatte seit zehn Jahren leer gestanden. Das Gelände gehört inzwischen der Klinikum Burgenlandkreis GmbH. Auf der Fläche sollen 230 Parkplätze entstehen, um die angespannte Parkplatzsituation vor dem Gebäude des Saale-Unstrut-Klinikums weiter zu entschärfen. Die Gesamtkosten des Vorhabens belaufen sich auf etwa 200.000 Euro bei einem Förderanteil in Höhe von rund 40 Prozent.
Christel Stoye, geborene Matthes schreibt: „Ich wurde am 1. September 1969 zunächst in die 8. Polytechnische Oberschule Naumburg Spechsart eingeschult. Unsere Schule war damals das Gymnasium in der Müntzerstraße. Am 29. August 1970 wurde dann unsere neue Schule eingeweiht. So konnten wir ab der zweiten Klasse in eine ganz moderne Schule gehen. In der zweiten Schuljahreshälfte wurde unsere Schule in Juri-Gagarin-Schule umbenannt. Klassenlehrerin war Elke Rossa. Wir waren von der ersten bis zur zehnten Klasse ein Klassenverband. Es war eine schöne Zeit.“ Außerdem schickte Frau Stoye noch Bilder ihrer Zeugnisse der ersten beiden Schuljahre mit.
Peter Marx schickte ein Bild von der Einschulung aus dem Jahr 1972 und dazu den folgenden Text: „Das kleine Mädchen, vier Jahre, ist heute Lehrerin in Naumburg. Die kleine Zuckertüte existiert noch und wird ihr jedes Jahr von ihrer Mutter zum Schuljahresbeginn gefüllt überreicht.“
Am 29. August 1970 feierlich eingeweiht, im Juli 2007 geschlossen, lernten in der Juri-Gagarin-Schule viele Schüler. Die Tageblatt/MZ-Redaktion ist auf der Suche nach Erinnerungen von Schülern und Lehrern. Was war das Besondere der Schule? Welche Erlebnisse oder auch Traditionen gab es? Texte wie Fotos gehen an die E-Mail-Adresse: [email protected]
Wolf Dobermann aus Naumburg äußert sich zum Anriss kritisch: „Man glaubt seinen Augen nicht, wenn man das liest: ’Bagger reißt Schule ein’. In der gleichen Ausgabe der Zeitung, wohlgemerkt am selben Tag, kann man lesen, dass die Schülerzahlen in den nächsten Jahren unerwartet drastisch ansteigen und zusätzliche Lehrer und Schulräume gebraucht werden. Also soll gleichzeitig eine neue Schule gebaut werden. Der Gipfel der Tollerei. Wie passt das zusammen? Ich meine, überhaupt nicht, oder doch? Ich habe mich schon im Zusammenhang mit den skandalösen Vorgängen im Blütengrund über die zweifelhaften Qualitäten unserer Kommunalpolitiker geäußert, und jetzt das. Ein Bierfass auf dem Kirschfest anzustechen, reicht wohl nicht aus. Es ist einfach nicht zu fassen, welche Unfähigkeit auf kommunaler Ebene auch noch bezahlt wird. Es ist nach meiner Auffassung an der Zeit, dass man einigen Leuten eine Arbeit anbietet, die ihren wirklichen intellektuellen Fähigkeiten entspricht. Schaden ist in den letzten Jahren genug angerichtet worden.“
Frank Kitzing dagegen erinnert sich an den Tagesablauf und den Unterricht in der Juri-Gagarin-Schule: „Ich bin im Mai 1983 geboren und wurde 1989 im Sommer eingeschult. Ich war daher immer der jüngste in meiner Klasse, das war nicht einfach. Ich war meist Hortkind, da meine Mutter berufstätig war. Manchmal hat das genervt, rückblickend erinnere ich mich jedoch gern daran. Wir hatten im Hort zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten mit klassischem Spielzeug: Papierflieger, Stelzen, Moonhopper, Wasserbahn.
In den frühen Klassenstufen war es sogar noch üblich Mittagsschlaf zu machen. Wer artig war, bekam ein Bienchen in Form eines Papierschnipsels mit Stempel, dieser wanderte dann in die Federmappe. Hausaufgaben wurden nach dem Mittagsschlaf mit anschließendem Vesper gemacht. Im Anschluss hieß es dann: hinaus ins Freie, Basteln oder Lesen. Das Schulgelände gab es her, Buden und Sandburgen zu bauen oder Verstecken zu spielen. Oft sind wir auch mit den Erziehern zum Blütengrund gelaufen und waren dort baden.
Eine hervorragende Voraussetzung dafür war der Schwimmunterricht in der Schule. Wenn ich mich recht entsinne, sind wir den ganzen Weg gelaufen. Von der Juri-Gagarin-Schule bis zur Schwimmhalle am Linsenberg.
Gern erinnere ich mich auch an die Schulmilch mit Alu-Deckel, an den Erzfeind Parallelklasse, an die Hausmeisterwohnung und das darin lebende Ehepaar, an den Werkunterricht, das Computerkabinett mit Win-3.11- Rechnern und an die Ausflüge in den nahe gelegenen Konsum zu Freistunden oder in der Pause, auch wenn es nicht erlaubt war. Und natürlich an Klassenfahrten.
Der Unterricht im Computerkabinett prägte meinen Berufswunsch und ist womöglich die Grundlage für meine heutige Tätigkeit, denn ich arbeite seit vielen Jahren in der IT-Branche.
Aus der Oberstufe ist mir besonders die Leistung und die Geduld der Lehrer in Erinnerung geblieben. Ich war ein echt schwieriger Fall, ich zählte als Außenseiter, schwänzte viel, erhielt mehrere Tadel, galt wiederholt als versetzungsgefährdet. Die Schule hat mir kaum Spaß gemacht, lernen fiel mir schwer. Dem außerordentlichen Engagement meiner Klassenlehrerin (natürlich auch der anderen Lehrer, doch ihr ganz besonders) ist es zu verdanken, dass ich nach zehn Jahren ’Juri’ meinen Abschluss in den Händen hielt.
Es hat einige Jahre gedauert, das zu erkennen, zu verstehen und dieses Gefühl von Dankbarkeit zu entwickeln. Man hat die Schule und all ihren Inhalt als etwas ganz Selbstverständliches hingenommen, manchmal als Ärgernis, Lehrer wurden zuweilen zum Feind erklärt.
Aus meiner heutigen Sicht sind nicht nur die Zeugnisse, welche man Jahr für Jahr abgeheftet hat und nach denen heute keiner mehr kräht, das Ergebnis dieser ’Reise’, sondern wir beziehungsweise ein Teil unserer Persönlichkeit sind es. Ich bin froh, zu dieser Zeit Schüler an genau dieser Schule gewesen zu sein, es war eine schwierig-schöne Zeit.“