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Vom 125 Kilo-Mann zum Extremsportler Extremsportler Robby Clemens aus Hohenmölsen will vom Nord- zum Südpol laufen

Von Andrea Hamann-Richter 12.03.2017, 11:00
Robby Clemens aus Hohenmölsen hat Großes vor. Nachdem er 2007 bereits die Welt laufend umrundet hatte, will er nun zu Fuß die Distanz vom Nordpol zum Südpol zurücklegen.
Robby Clemens aus Hohenmölsen hat Großes vor. Nachdem er 2007 bereits die Welt laufend umrundet hatte, will er nun zu Fuß die Distanz vom Nordpol zum Südpol zurücklegen. Peter Lisker

Hohenmölsen - Robby Clemens verbringt derzeit viele Sonnabende in einer Kühlhalle eines Thüringer Lebensmittelunternehmens. Dort schlägt er bei Temperaturen um die minus 30 Grad Celsius sein Zelt auf. Er läuft, schläft und macht viele andere für an so einem Ort untypische Sachen. Das hat einen Grund.

Zwei Jahre unterwegs: Robby Clemens aus Hohenmölsen läuft vom Nord- zum Südpol

In der Kühlhalle kommt er ziemlich nahe ran an die Bedingungen, unter denen er bald leben wird. Das ist der minus 40 Grad Celsius kalte Nordpol. Am 5. April startet von dort sein nächster Lauf bis zum Südpol. Zwei Jahre wird er unterwegs sein.

Vorher geht es von Hohenmölsen aus als erstes nach Leipzig zum Flughafen. Von dort aus ist das nächste Ziel das russische Murmansk. Nächste Station ist die russischen Drifteisstation in Barneo.

Noch vor dem eigentlichen Start am Nordpol läuft der Hohenmölsener noch einen Marathon

Zu der Zeit findet gerade der Nordpolmarathon statt. Das heißt, etwas mehr als 26 Meilen läuft der Hohenmölsener gemeinsam mit anderen Sportlern. Ziel ist der geografische Nordpol. „Dort ist dann mein Start“, sagt der 55-Jährige. Vor einigen Jahren hätte kaum noch jemand auf Robby Clemens gewettet.

Da wog der Mann 125 Kilogramm und war schwer alkohol- und zigarettenabhängig. Das war der traurige Höhepunkt des Endes seiner Karriere als Handwerker.

Seit 1986 war er selbstständig. Das Geschäft lief gut. Nach der Wende fiel er aber auf unseriöse Kunden herein. Sie zahlten ihre Rechnungen nicht. Zudem machte Clemens Fehler. Das Geschäft ging pleite.

Sein Arzt warnte Robby Clemens: „Hör auf zu saufen, sonst kannst du sterben.“

Clemens sah keinen Ausweg mehr. Er dröhnte sich die Rübe voll und rauchte täglich mehrere Schachteln Zigaretten. „Hör auf zu saufen, sonst kannst du sterben“, sagte sein Arzt.

Es war der Satz, der ihn wachrüttelte. Clemens nahm an einem Workshop über Ernährung, Bewegung und Denken teil. Viel bekam er wegen seiner Sucht nicht mit. Aber der Rat zu laufen, blieb bei ihm hängen. Im heimischen Stadion in Hohenmölsen schaffte er keine Runde. Aber er quälte sich trotzdem bis zum Ziel. Und er machte weiter.

Wenn er das Verlangen nach Alkohol oder Zigaretten verspürte, rannte er im Stadion. Manchmal so lange, bis er sich übergeben musste. Das half dem verheirateten Mann aber, der Sucht zu entkommen. Er steigerte seine Leistung Kilometer um Kilometer.

Robby Clemens aus Hohenmölsen rannte erst gegen die Sucht - und dann um die ganze Welt

2007 rannte er einmal um die Welt. 13.262 Kilometer in 311 Tagen, vier Kontinente, 27 Länder. Dann wollte er 2016 zu der Tour vom Nordpol zum Südpol aufbrechen. Alles war vorbereitet. Dann der Schock.

Es stellte sich kurz vor dem Start heraus, dass er Nierensteine hat. Diese mussten entfernt werden. Damit war das Abenteuer futsch. Zumindest für das Jahr. Die russische Drifteisstation hat nämlich nur einen Monat geöffnet. Das Risiko, die Expedition mit den Nierensteinen zu machen, war zu groß. „Hätte ich mitten im Eis Probleme bekommen, wäre das lebensgefährlich gewesen.“

Warum dem Extremsportler nur ein Produkt aus der Erotikindustrie bei seiner Wanderung in der Extremkälte hilft.

Damals sah Clemens das bereits sportlich. Er kann es ja eh nicht ändern, sagte er. Der Extremsportler wollte die zwölf Monate dazu nutzen, seine Tour noch zu optimieren. Dazu wurden die Stationen noch einmal genau abgestimmt und der Zeitplan überprüft. Und es folgten die Sonnabende in der Kühlkammer. Das lohnte sich.

Er merkte etwa, dass er sich nicht mit einer Fettcreme eincremen können wird, die er dafür vorgesehen hat. Sie fror schon bei 30 Grad minus ein. Clemens wurde bei einem Hersteller fündig, der eigentlich Produkte für die Erotikindustrie herstellt. Von dort erhält er ein Produkt, das eine geschmeidige Konsistenz bei extremer Kälte behält.

Hartes Training: Robby Clemens aus Hohenmölsen zieht regelmäßig alte Autoreifen am Mondsee entlang

Nicht nur die Kühlkammer dient zum Üben. Regelmäßig zieht er alte Autoreifen am Mondsee entlang. Denn wenn der Mann im ewigen Eis unterwegs ist, wird er nur wenig Gepäck mitnehmen. Das wird er allerdings bei Minus 40 Grad Celsius auf einer Pulka durch die Eiswüste ziehen. Dafür trainiert er. Eine Pulka ist ein bootsähnlich konstruierter Schlitten.

Später wird er eine Art Buggy als Transporthilfe dabei haben. „Besonders schwer ist er, wenn ich eingekauft habe“, vermutet der Mann. Daher wird eines der Hauptnahrungsmittel wahrscheinlich Nudeln sein. Das passiert auch aus Kostengründen. Clemens hat sich vorgenommen, mit zwölf Dollar pro Tag durchzukommen.

Rammstein hat Robby Clemens aus Hohenmölsen nach New York eingeladen.

Nun ist alles in Sack und Tüten. Dank Sponsoren und anderen Unterstützern kann er das Unterfangen durchziehen. Clemens reist nicht allein. Begleitet wird er von einem Kamerateam und einem Fotografen. Sie halten das bildlich fest, was der Mann alles erlebt.

Die atemberaubende Natur, die Stille, aber auch die Geräusche der Großstädte. Clemens möchte unbedingt am 25. Juni in New York sein. Da findet ein Rammstein-Konzert statt. Die Band hat ihn eingeladen.

In Atlanta möchte er an einem deutsch-amerikanischen Projekt teilnehmen, bei dem Kinder im Mittelpunkt stehen. Dort möchte er Vorträge über sein Leben halten. In El Salvador wird Silvester gefeiert. Ziel soll schließlich Ushuaia in Argentinien sein. Das ist der südlichste Ort der Welt. Regelmäßig wird Clemens von seiner Frau besucht. Sie reist ihm hinterher, so oft es geht. (mz)