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Einzelhandel in Naumburg Einzelhandel in Naumburg: Der Herr der Blumen

Von Albrecht Günther 16.05.2018, 07:31
Werner Meyenberg mit seinen beiden Verkäuferinnen, den Kerstins, im Laden in der Marienstraße. Vor 25 Jahren startete er in die Selbstständigkeit.
Werner Meyenberg mit seinen beiden Verkäuferinnen, den Kerstins, im Laden in der Marienstraße. Vor 25 Jahren startete er in die Selbstständigkeit. Privat

Naumburg - Liegt es an den vielen Blumen, von denen er sich täglich im Laden umgeben sieht? Oder sind es die zumeist freudigen Anlässe, für die sie gekauft werden? Auf Werner Meyenberg scheint beides auszustrahlen wie eine Art Lebenselixier. Denn der Herr der Blumen aus der Naumburger Marienstraße hat immer ein Lächeln im Gesicht und für seine Kunden stets ein freundliches Wort. Lässt es die Zeit zu, wird auch einmal Schwatz gehalten über Gott und die Welt, über Neuigkeiten in der Stadt oder wo es gerade klemmt.

Nun konnte Werner Meyenberg das 25-jährige Bestehen seines Ladens feiern, der in Naumburg schon so etwas wie eine Institution geworden ist. Dabei war der Weg zunächst nicht leicht. Von 1978 bis 1990 hatte Meyenberg als Diplom-Gartenbauingenieur die in den Naumburger Moritzwiesen ansässige Abteilung Zierpflanzenproduktion der LPG „Philipp Müller“ geleitet.

Viele schlaflose Nächte

Nach der Wende jedoch war damit Schluss, galten neue, marktwirtschaftliche Prioritäten. Also baute Meyenberg im Auftrag der heutigen Agrar- und Absatzgenossenschaft mehrere Läden auf. Dazu gehörten das „Blumenhaus am Markt“, ein Käse- und Molkerei-Laden, das Obst- und Gemüse-Eck sowie ein Süßigkeiten-Laden - alle in der Marienstraße.

Ende März 1993 kam für den Familienvater dann die Hiobsbotschaft: Auftrag abgeschlossen, damit entweder Arbeitslosigkeit oder die Läden selbstständig fortführen. Werner Meyenberg, durchaus ein zupackender Mensch, wagte den Sprung in die Selbstständigkeit. „Es gab unzählige schlaflose Nächte, galt es doch einen Steuerberater und eine Bank zu finden, Genehmigungen einzuholen und den Geschäftsplan zu erstellen“, erinnert sich Ehefrau Sigrid Meyenberg. Auch die Kinder Karin und Petra, damals 14 und elf Jahre alt, wurden auf die Veränderung vorbereitet. In den Tagen vor dem Start half dann die gesamte Familie mit, die Läden herzurichten, so das Obst- und Gemüse-Eck mit Supermarktcharakter. Mit dem Familien-Auto, einem Opel Kadett, wurden vom Großmarkt Blumen und Pflanzen geholt.

Am 1. Mai 1993 schließlich startete Werner Meyenberg mit den Mitarbeiterinnen im Obst- und Gemüse-Eck Heike Bogieczyk, Roswitha Lachmann und Sigrid Meyenberg als deren Abteilungsleiterin in die Selbstständigkeit. „Im Blumenladen entwickelten die Blumenbinderinnen Kerstin Hermann, Sabine Brembach und Christa Schulz unter Anleitung des Chefs ihren eigenen Bindestil und erfüllten Kundenwünsche, später verstärkten Kerstin Müller und Kathrin Slansky das Team“, blickt Sigrid Meyenberg zurück. Helferinnen in stressigen Zeiten waren die Schwiegermutter Ursula Böhm, Gertrut Kramer und die beiden Töchter Petra und Karin Meyenberg, die floristisch angelernt und von ihrem Vater in Betriebswirtschaft unterrichtet wurden. Auch technisch wurde mit dem Kauf eines Transporters „aufgerüstet“.

65-Stunden-Arbeitswoche

Harte, aber ebenso erfüllte Arbeitsjahre folgten, um die Anschubfinanzierung schnellstens zurückzahlen zu können - was auch gelang. Eine 65-Stunden-Arbeitswoche war da nicht selten. Sigrid Meyenberg: „Das Familienleben spielte sich fortan im Laden ab.“ Die Schwiegereltern Ursula und Heinz Böhm vertraten oft die Eltern und waren für die Kinder da, als Fahrschule und Berufswahl anstanden.

Wie auch andere Einzelhändler bekamen die Meyenbergs das Vordringen der Supermärkte zu spüren. Der Gemüseladen musste verkleinert werden, die Filialen Markt 10 und im Citykaufhaus wurden geschlossen. Außerdem erfolgte die Neukonzipierung des Betriebes durch Umzüge und Zusammenlegung der Geschäfte. Besonders schmerzhaft dabei war die Entlassung langjähriger Mitarbeiterinnen. Werner Meyenberg übernahm Dozententätigkeiten in Ausbildungsstätten, sein Hauptschauplatz allerdings blieb das Reich der Blumen und der Pflanzen. Dort agiert er mit seinen beiden Verkäuferinnen, den Kerstins, holt die Waren heran und fährt sie aus, berät die Kunden mit seinem Fachwissen. Außerdem ist er in einem Projekt zur Berufsorientierung für Schüler und Jugendliche tätig, bleibt auch in dieser Hinsicht jung.