Buch über Schifffahrt auf der Saale Buch über Schifffahrt auf der Saale: Ausflug in Familienhistorie

Weissenfels/Naumburg - Ist Bücher schreiben wie Backwaren herstellen? Mancher wird bei dieser Frage den Kopf schütteln, aber die Feststellung von Mario Krieg ist zutreffend. Er lieferte einen nicht unwesentlichen Teil der Zutaten und Autor Michael Eile hat daraus den dritten Band der „Schifffahrt auf der oberen Saale und Unstrut“ gebacken.
Krieg ist in Weißenfels 1970 geboren und faktisch mit Saalewasser getauft worden. Sein Vater Gerhard Krieg war bereits 1965 Steuermann des damaligen Motorschiffes „Freiheit“ und ein Jahr später Schiffsführer des Fahrgastschiffes „Brigadier“. Zwischen 1978 und 1992 war er „Kapitän“ an Bord des MS „Weißenfels“. Die Schiffe waren übrigens in DDR-Zeiten für den Kraftverkehr zwischen Weißenfels, Naumburg und Freyburg sowie bei gutem Wasserstand in Richtung Bad Dürrenberg unterwegs. Ende 1992 wurde das Schiff an die „Weiße Flotte“ an der Müritz verkauft, wo es heute noch Touristen über die Seen fährt.
Gerhard Krieg war 1954 in den Westen gegangen, um Matrose zu werden, erzählt sein Sohn. Immerhin schaffte er es bis vor Grönland. Als er fünf Jahre später in den Osten zurückkehrte, wurde er in der DDR argwöhnisch beobachtet und bei der Hochseefischerei abgelehnt. 1965 ging er zur Binnenschifffahrt. Es war eine Liebe, die an seinem Sohn Mario nicht spurlos vorbeiging. Ihn zeigt ein Bild im Buch Mitte der 1970er Jahre auf einem der Saale-Schiffe. Und 1978 durfte er mit dem Vater nach Berlin-Köpenick fahren, wo die MS „Weißenfels“ fertiggestellt worden war.
Mario Krieg hatte in der Weißenfelser Schuhfabrik „Banner des Friedens“ gelernt, machte eine Schreinerlehre und wischte in der Elektronikbranche Staub. Wie seinen Vater lässt ihn die Sehnsucht zum Wasser bis heute nicht los. Mit der Seefahrt klappte es bei Mario Krieg selbst nicht, denn sowohl Handelsschifffahrt als auch Hochseefischerei erlebten in Wendezeiten einen unaufhaltsamen Niedergang. Doch bei der Marinekameradschaft in der Saalestadt mischte er mit. Und im benachbarten Blütengrund gab ihm dann Manfred Schmidt eine Chance. Der befuhr Saale und Unstrut mit den Motorschiffen „Unstrutnixe“, „Reblaus“ und „Fröhliche Dörte“ und 2016 wurde Krieg von der Saale-Unstrut-Schifffahrtsgesellschaft als Fährmann eingestellt. War in den Sommermonaten ohnehin viel los, so brummte zu Himmelfahrt das Geschäft richtig. „Da sind wir nicht mal dazugekommen, eine Pause zu machen“, erzählt er. Doch es blieb bei einem Intermezzo, weil die Stadt Naumburg Schmidts Pachtvertrag für 2017 nicht verlängerte. „Aber die Arbeit dort hat mir richtig gelegen“, sagt Krieg. Und er verweist auf den Job an der frischen Luft und die Gespräche mit den Touristen, die er von einer Saaleseite auf die andere fuhr. „Wenn ich noch einmal eine solche Chance hätte, ich würde sofort zugreifen.“
In der Weißenfelser Marinekameradschaft fühlte er sich unter Gleichgesinnten. Die alten Seemänner, die oft bei der DDR-Marine gedient hatten, erzählten aus ihrer Zeit auf dem Meer. Monatlich erschien das kleine Informationsblatt „Steuerrad“, doch angesichts der weniger werdenden Mitglieder und des hohen Alters wurde der Verein aufgelöst. Die Übriggebliebenen treffen sich nun noch regelmäßig zum Stammtisch.
Aber wie hat sich der Weißenfelser bei der Herausgabe des Buches eingebracht? Krieg gesteht, dass es ihn früher schon ins Weißenfelser Stadtarchiv gezogen hat. Da habe er Zeitungsbände durchforstet, Beiträge abfotografiert und aufgehoben. Fündig wurde er auch auf der Internetseite der Universität Gießen und entdeckte Unterlagen von der Gründung der Marinekameradschaft sowie aus den Jahren bis 1930. Sie bereicherten die Informationen über die ersten Jahre des Weißenfelser Vereins.
Es ist ein reicher Fundus, auf den Mario Krieg fürs Buch zurückgreifen konnte. Er hat auch für die vorherigen Bände, für die Michael Eile ebenfalls der Autor war, Material beigesteuert. Sogar für den Band über die Schifferfamilie Werner aus Roßleben zwischen 1918 und 1975 hatte er etwas liefern können. Und demnächst wird Band vier über 1994 bis 2016 erscheinen.
Die MS „Weißenfels“ fährt noch heute auf der Müritz und hatte in diesem Jahr 40. Geburtstag. Dabei wäre sie im Dezember 1992 fast gesunken, als sie bei der Überführungstour in den Norden in Bad Dürrenberg Grundberührung hatte, Wasser eindrang und Schlagseite bekam. Doch das Schiff konnte gerettet werden. Krieg sagt: „Es gibt eine lange Tradition an der Saale, doch davon ist leider nichts mehr übrig.“
Die drei Bücher über die Schifffahrt sind im Buchhandel erhältlich. Im dritten Band ist im Preis von 39 Euro eine DVD enthalten, auf der Material der Weißenfelser Filmreporter zu sehen ist.
