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50. Todestag von Käthe Kruse 50. Todestag von Käthe Kruse: Sie machte Bad Kösen international bekannt

Von Wieland Führ 19.07.2018, 08:49
Auf in die Schule! In der Ausstellung mit Käthe-Kruse-Puppen im zum Naumburger Stadtmuseum gehörenden Romanischen Haus in Bad Kösen sind die Puppen in thematischen Gruppen zu sehen.
Auf in die Schule! In der Ausstellung mit Käthe-Kruse-Puppen im zum Naumburger Stadtmuseum gehörenden Romanischen Haus in Bad Kösen sind die Puppen in thematischen Gruppen zu sehen. Archiv (Biel)

Bad Kösen - Geboren wurde Käthe Kruse als Katharina Johanna Gertrud Simon am 17. September 1883 im oberschlesischen Dambrau nahe Oppeln und wuchs in sehr einfachen Verhältnissen bei der alleinerziehenden Mutter, einer Näherin, in Breslau auf. Ihre bereits seit Schulzeiten ausgeprägte Liebe zum Theater führte sie 1900 ohne Ausbildung zu einem Theaterengagement nach Berlin. Im berühmten „Café des Westens“ am Kurfürstendamm lernte sie bald darauf den nahezu 30 Jahre älteren Berliner Bildhauer Max Kruse (1854-1942) kennen und lieben.

Bereits 1902 wurde die erste Tochter geboren, weitere sechs gemeinsame Kinder sollten folgen. 1909 heiratete sie ihren Max in München, der seine Frau „Käthe“ nannte. Bereits zuvor hatte die junge Mutter selbst gefertigte Puppen wie auch Puppenwagen, Holztiere und Bilderbücher für ihre Kinder entworfen und gestaltet. Beeinflusst wurden diese Arbeiten von den modernen künstlerischen und pädagogischen Reformideen der Zeit, die ihr auch ihr Mann vermittelte.

1910 neuen Typ entworfen

1910 entwarf Käthe Kruse einen völlig neuartigen Puppentyp anlässlich einer Hobby-Ausstellung „Spielzeug aus eigener Hand“ im Berliner Kaufhaus Tietz (Hertie). Die liebevoll und mit immensen Aufwand und Detailbesessenheit hergestellte Puppe mit einem besonderen kindlichen Puppengesicht setzte völlig neue Maßstäbe in der Geschichte des Spielzeugs.

Neben dem typischen Kruse-Gesicht machte vor allem der ursprünglich mit Reh-Haar gefüllte überaus weiche Puppenkörper Furore, der mit Stoff umhüllt war. In der bisherigen Spielzeuggeschichte hatten die Spielzeugpuppen überwiegend kleinen Erwachsenen geglichen und waren vor allem aus harten Materialien, wie Holz, Leder oder Porzellan, gefertigt. Die legendäre „Puppe I“ der Käthe Kruse entsprach mit ihrer kindgerechten Gestaltung und der überaus weichen Haptik den Vorstellungen des Ehepaars Kruse von einem Kinde für das Kind. Die erste Puppenwerkstatt entstand in Berlins Fasanenstraße und bald folgten die ersten internationalen Aufträge, gab es auch Auszeichnungen.

Eine Erkrankung der ältesten Tochter Maria führte Familie Kruse 1912 zur Erholung nach Kösen. Das beschauliche Städtchen hatte sich zu einem beliebten Kurort entwickelt, in dem kurz zuvor das moderne Kurmittelhaus eröffnet worden war. Käthe Kruse entschloss sich während des Aufenthalts in Kösen spontan im Ort zu verbleiben und hier auch eine Produktionswerkstatt für ihre Puppen zu eröffnen. Ihr Mann blieb allerdings mit Wohnung und Atelier in Berlin und kam nur selten nach Bad Kösen zu Besuch. Sie mietete ein Wohnhaus am Rechenberg, holte ihren „Augenmaler“ aus Berlin nach Kösen und bildete ihre zukünftigen Mitarbeiterinnen aus.

In der Friedrichstraße 12 (heute Käthe-Kruse-Straße) eröffnete sie schließlich im Herbst 1912 die „Werkstätten für Käthe-Kruse-Puppen“. Wenige Wochen später kam in Kösen Sohn Joachim zur Welt. Die umtriebige Unternehmerin hatte durch gezielte Werbemaßnahmen schnell die hochwertigen Puppen in den Handel gebracht, die nun in Kösen seriell in Handarbeit gefertigt wurden.

40 Varianten der Nummer I

Ein Jahr nach der Firmengründung bot Käthe Kruse bereits über 40 verschieden ausgestattete Puppen der Puppe I an. Bald rechneten sich die Kösener Werkstätten auch finanziell, so dass der Ehemann Max Kruse in Berlin von seiner in Kösen lebenden Ehefrau großzügige finanzielle Unterstützung erhalten konnte. 1920 erwarb Käthe Kruse das Wohnhaus in der Kukulauer Straße 11 (heute: Breitscheidstraße), wo sie bis 1947 wohnte. Mit dem Kauf des ehemaligen „Pädagogiums“ in der Kösener Friedrichstraße 2 (heute Käthe-Kruse-Straße) und dem 1923 erfolgten Umzug der Werkstätten in dieses Gebäude begann ein neuer, wesentlicher Abschnitt in der Unternehmensgeschichte.

Etwa 120 Mitarbeiter

Bis 1950 wurden „in der Puppe“ - so die Bezeichnung der Kösener für das Unternehmen - etwa 100000 der beliebten Käthe-Kruse-Puppen in etwa 15 Grundvarianten produziert, ebenso wie Puppenstuben, Puppenzubehör und aufwendig gearbeitete große Schaufensterfiguren. Etwa 120 Mitarbeiter, zumeist Frauen, arbeiteten bei Käthe Kruse.

1925 gewann die inzwischen weltberühmte Puppenmutter vor dem Reichsgericht in Leipzig gegenüber Nachahmern ihrer Puppen einen Urheberrechtsprozess für Spielzeug - erstmalig in der deutschen Rechtsgeschichte. Der 1921 in Kösen geborene jüngste Sohn Max wurde später ein erfolgreicher Schriftsteller sowie Autor für die „Augsburger Puppenkiste“. Die Söhne Joachim (Jochen) und Friedebald verstarben 1943 und 1944 und wurden in Bad Kösen beigesetzt. Bereits 1942 war Käthe Kruses Ehemann Max Kruse in Berlin verstorben, der 1925 Ehrenbürger der Stadt Kösen geworden war. Eine Auszeichnung, die seine Ehefrau nicht erhalten sollte.

Zwei Zweigunternehmen

Die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in der sowjetischen Besatzungszone der Nachkriegszeit veranlassten Käthe Kruse 1946 sicherheitshalber in den westdeutschen Städten Bad Pyrmont und Donauwörth Zweigunternehmen der Kösener Werkstätten aufzubauen. Beide Betriebe wurden schließlich 1949 in Donauwörth zusammengeführt. Käthe Kruse selbst war 1947 nach Westberlin gezogen, führte aber das Kösener Unternehmen mit etwa 100 Mitarbeitern zunächst weiter.

Wechsel in den Westen

Die Begründerin einer Weltmarke, die Bad Kösen mit den beliebten Käthe-Kruse-Puppen international bekannt gemacht hatte, feierte 1948 ihren 65. Geburtstag noch in der Kurstadt an der Saale, hochgeehrt und mit zahlreichen Gratulanten. Am 16. April 1950 verließ Käthe Kruse endgültig Bad Kösen und ihr Unternehmen, acht Mitarbeiterinnen sollten ihrer Chefin nach Westdeutschland folgen. Neue Heimat wurde Donauwörth in Bayern, wo noch bis heute Käthe-Kruse-Puppen und andere Spielzeuge produziert werden. Hier befindet sich auch die weltweit größte Sammlung von historischen Käthe-Kruse-Puppen und -Accessoires im Käthe-Kruse-Puppen-Museum, die kürzlich erst durch den Ankauf einer berühmten holländischen Privatsammlung maßgeblich erweitert wurde.

Die letzten Lebensjahre verbrachte Käthe Kruse gemeinsam mit ihrer ältesten Tochter schließlich in Münchens Stadtteil Schwabing, wo sie in der Mittermayrstraße 10 wohnte. Besonders zu Ilse Reiche (1909-2001) in Naumburgs Franz-Ludwig-Rasch-Straße hielt Käthe Kruse bis zu ihrem Tod überaus enge Kontakte. Seit Ende der 1920er-Jahre war „Dinah“, so genannt von Käthe Kruse, Sekretärin und engste Freundin der berühmten Puppenmutter wie auch Ziehmutter von Max Kruse gewesen, dem jüngsten Kruse-Sohn.

Beigesetzt in Zell in Bayern

Während eines Besuchs bei ihrer Tochter Sophie im bayerischen Murnau am Staffelsee verstarb Käthe Kruse nach längerem Herzleiden heute vor genau

50 Jahren. Beigesetzt wurde

die berühmteste Puppenmutter Deutschlands in Zell, einem Ortsteil der oberbayerischen Gemeinde Schäftlarn im Landkreis München. Sie fand ihre letzte Ruhe neben einem kurz zuvor tödlich verunglückten Enkelsohn.

1990 wurde in dem Gemeinschaftsgrab die älteste Tochter Maria beigesetzt. Es war jene Tochter von Käthe Kruse gewesen, deren Krankheit in Kindertagen die Mutter veranlasst hatte, in Bad Kösen ihr weltberühmtes Unternehmen aufzubauen.

Käthe Kruse mit zwei ihrer Puppen.
Käthe Kruse mit zwei ihrer Puppen.
NT/Archiv