Bistum Magdeburg Bistum Magdeburg: Fiasko bei der Kirchenfirma
MAGDEBURG/DDP. - Die kircheneigene Gero AG und mit ihr verbundene Firmen haben nach Informationen der Nachrichtenagentur ddp in den vergangenen fünf Jahren knapp 100 Millionen Euro verloren. Die bischöfliche Vermögensverwaltung geht zurückhaltender von Verlusten "im deutlichen zweistelligen Millionenbereich" aus. Von ehemals mehr als 80 Mitarbeitern haben als Folge der Krise bisher 40 ihren Arbeitsplatz verloren. Deren Firmengruppe wird nun, wie der erst 2008 ins Unternehmen geholte Alleinvorstand Frank Meyer betont, "so seriös wie möglich abgewickelt". Erst danach dürfte das ganze Ausmaß des Desasters deutlich werden.
Nach der Wende legte sich das damals eigenständig gewordene Bistum Magdeburg mit dem Siedlungswerk St. Gertrud 1993 ein Unternehmen zu, das "unter Bindung an kirchliche, soziale und familiengerechte Ziele" arbeiten sollte. Geschäftsführer wurde Norbert D., unter dem sich das Siedlungswerk lange Jahre unauffällig entwickelte. Eine Wende wurde offenbar eingeleitet, als das Bistum seine Geschäfte ab 2001 neu ordnete.
Die im Zuge der Neustrukturierung geschaffene Gero AG sollte den Großteil der Kirchenfirmen "strategisch koordinieren". Vorstand wurde Norbert D., der sich zur Unterstützung den Banker Dirk N. an Bord holte. Beide lehnten unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht Stellungnahmen ab. N. führte später auch die Tochtergesellschaft Gero Beteiligungs-, Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft (Gero BTV), über die die Kirchengeschäfte massiv ausgeweitet wurden.
Als der Bau des Hundertwasserhauses in Magdeburg an der Finanzierung zu scheitern drohte, sprang Gero BTV ein. Mit 9,6 Millionen Euro Eigenkapital und 17,6 Millionen Euro von der Nord / LB wurde die Gero BTV-Tochter Centum Aqua Immobilien zum Bauherren des 2004 anlaufenden Projekts. Eine kostspielige Entscheidung. Wiederholt fuhr die Firma Jahresfehlbeträge in Millionenhöhe ein. Die Verbindlichkeiten wuchsen bis Ende des Jahres 2007 auf 24,5 Millionen Euro. Gero BTV musste für 16,5 Millionen Euro bürgen. Das Bistum gab gegenüber der Nord / LB eine Patronatserklärung ab. Mit anderen Worten: Egal, wie sich das Projekt entwickelt - das Bistum muss für den Millionenkredit geradestehen.
Auch dem Biotechnologie-Trend wollten die Gero-Manager folgen. Sie pumpten zwölf Millionen Euro in eine Beteiligung an dem Start-up-Unternehmen Meltec. Die Firma geriet in die Krise. Zu einem Reinfall wurde auch das kirchliche Engagement im Biopark Gatersleben. Die Beteiligung (49 Prozent) der Gero-Tochter Futura an der BGI Biopark Infrastrukturgesellschaft wurde damals gerade in Kirchenkreisen kritisch beäugt. Im Biopark wird auch die genetische Veränderung von Pflanzen betrieben. Dennoch brachte Futura zu den 13 Millionen Euro öffentlicher Fördermittel noch einmal rund drei Millionen an Eigenkapital in das Projekt ein. Trotz dieses Einsatzes kriselt es im Biopark. 2007 war ein Fehlbetrag von einer Million Euro nicht durch Eigenkapital gedeckt, die Verbindlichkeiten überschritten die Fünf-Millionen-Euro-Grenze.
Hinweise auf Gefahren der Geschäftsentwicklung gab es nach Angaben von Ulrich Krah, dem Leiter des bischöflichen Vermögensamtes, lange Zeit nicht. Auf Anfrage teilte er mit, weder Dirk N. als zuständiger Risikomanager, noch Wirtschaftsprüfer hätten bis 2008 "konkrete Warnungen an die Aufsichtsgremien oder den Gesellschafter gegeben, die das Ausmaß der späterhin festgestellten unternehmerischen Fehlentwicklung hätten erkennen lassen können". Erhebliche Bedenken gegen die Geschäftsführung aber hat es im Aufsichtsrat, dem auch Krah von 2004 bis Anfang dieses Jahres angehörte, mehrfach gegeben.
Dennoch dauerte es noch einige Zeit, bevor die Gesellschafter Konsequenzen zogen. Gero-Vorstand Norbert D. verließ das Unternehmen im März 2008. Gegen ihn ist beim Landgericht Magdeburg eine Schadensersatzklage anhängig. Dirk N. wurde Ende 2008 gekündigt. Er klagt auf Wiedereinstellung.