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"Benedikt" in Quedlinburg "Benedikt" in Quedlinburg: Italienisch mit Flair

Von ANTONIE STÄDTER 16.03.2013, 13:48
Im "Benedikt" herrscht Gemütlichkeit.
Im "Benedikt" herrscht Gemütlichkeit. Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/MZ - Die Straßen sind rutschig, die Zeit bis zur vereinbarten Reservierung wird knapp. Sehr knapp. Am Ende eilen wir - eine halbe Stunde zu spät - durch Quedlinburgs charmante Altstadt ins Restaurant, leider ohne Zeit für die Schönheiten aus Holz und Stein am Wegesrand. Heimelig wirkt die Welterbestadt mit den schmucken Fachwerkhäusern in der Dunkelheit. Wie leergefegt erscheinen die Straßen - selbst an diesem Samstagabend. Und dann ein Leuchten: „Benedikt“, steht in goldenen Lettern über der Eingangstür des gleichnamigen Restaurants am historischen Marktkirchhof. Drinnen warmes Licht und Menschen, die plaudern. Da kehrt man doch sehr gerne ein!

Besonders, wenn man trotz Verspätung so nett empfangen wird. Alles kein Problem, hieß es ja schon am Telefon. Der junge Herr vom Service präsentiert uns zwei Tische, wir haben die Wahl. Und entscheiden uns angesichts der lebhaften Gespräche im Obergeschoss dann doch für jenen ruhigeren Platz unten. Allerdings befindet sich gleich daneben die Tür zur Küche, wie wir später erst bemerken - also doch nicht ganz so ruhig, wie gedacht.

Egal, wir sind neugierig auf das Essen. Das hatte Hollywood-Star George Clooney höchstselbst vor einigen Monaten im Gästebuch des Restaurants mit folgenden Worten beschrieben: „It was perfect“. Wegen eines neuen Films, der unter anderem im Raum Goslar gedreht werden soll, sei er in der Region gewesen, heißt es. Und bei der Gelegenheit spazierte er dann mit anderen Filmleuten ins „Benedikt“, wo er und die anderen knapp zwei Stunden blieben.

Der Weißburgunder des regionalen Harzer Weinguts, für den er sich entschieden hatte, ist derzeit leider nicht mehr zu haben. Stattdessen also ein Riesling. Auch gut. Die Kalbsleber mit getrüffelten Gnocchi aber, die wollen wir - wie er - ebenfalls probieren.

Schnell auf dem Tisch

Doch von vorn. Als kulinarischen Auftakt wählen wir von der ganz offensichtlich von italienischen Genüssen inspirierten Karte einmal die Blattsalate mit Lammrücken, Cocktailtomaten und Schafskäse (8,50 Euro) und zum anderen das Vitello tonnato, also kalten Kalbsrücken mit Thunfischcreme (8 Euro). Und schauen nicht schlecht, als uns der freundliche Kellner das Gewünschte keine fünf Minuten später serviert. Ziemlich fix für einen Abend, an dem das Restaurant gut gefüllt ist.

Und dazu noch wirklich ein Genuss: Das Lammfleisch auf dem vielleicht etwas zu groß geratenen, bunt gemischten Salat ist zart und einfach gut gebraten: gar, aber schön saftig. Die Kombination mit dem Käse passt wunderbar. Zu meckern gibt es auch auf der anderen Tischseite nichts: Das Vitello tonnato, ein Vorspeisengericht, das seinen Ursprung in der italienischen Region Piemont hat, kommt auch hier ganz klassisch mit Kapern und Tomatenwürfeln daher. Das Fleisch ist nicht ganz so dünn geschnitten, wie erwartet - was aber dem guten Geschmack keinen Abbruch tut. Allerdings fallen die Tomaten etwas blass aus. Es ist eben keine Tomatenzeit. Köstlich cremig und nur dezent nach Fisch schmeckt dazu die Thunfischcreme. Passt.

Das Ambiente tut sein Übriges. Die Blicke wandern durch den Raum. Überall werden sie von hübschen Details gefangen: An der Wand hängen alte Schwarz-Weiß-Fotos des Hauses und über uns eine mächtige Messinglampe mit ausgearbeiteten Blüten.

Alte Schönheit erhalten

Vorn im Eingangsbereich machen eine Retro-Waage und golden-schlichte Malereien an der Decke auf sich aufmerksam. Zwischendrin zieht ein großer Topf Salbei die Blicke auf sich. Das alles fügt sich wunderbar in die kleinen, teils verwinkelten Räume mit gediegenen Holzmöbeln. Gemütlich ist es hier, ein bisschen urig - und im besten Sinne altmodisch.

Er habe das Originale und Alte des Hauses, das aus dem 17. Jahrhundert stamme, möglichst erhalten und auch einrichtungsmäßig darauf eingehen wollen, sagt Restaurant-Inhaber Till Schicker. So finden sich hier Anklänge von Barock genauso wie vom Jugendstil. Sehr beeindruckend sind etwa auch die farbigen Ornament-Tapeten. Dieses Historische erwarteten die Touristen ein Stück weit, erzählt der Restaurant-Chef, der das Haus 2004 übernommen hat und hier auch selber kocht. Und Quedlinburg-Besucher machten - wegen der Lage in Marktnähe - einen nicht unerheblichen Teil seines Publikums aus. In dem Lokal ist Platz für 40 Gäste, in den warmen Monaten wird außerdem die Terrasse vor dem „Benedikt“ genutzt.

Kalbsleber für Clooney

Besonders beliebt sind seit Jahren die Kalbsleber, die neben Clooney (Till Schicker: „ein ganz Netter, ganz ruhig und bescheiden“) vor einiger Zeit übrigens auch der deutsche Schauspieler Moritz Bleibtreu hier gegessen hat. Und die an diesem Abend ebenso auf unseren Tisch kommt (16,50 Euro). Als es soweit ist, sind wir jedoch perplex: Die Vorspeisen-Teller sind kaum abgeräumt, schon dampfen die Hauptgerichte vor uns. Das geht dann doch ein bisschen schnell - man will sich doch Zeit nehmen beim Essen!

Leider machen die eigentlich schmackhaften selbst gemachten Gnocchi mit der aromatischen Trüffelfüllung zu den ordentlichen drei Stück Kalbsleber auch nicht den Eindruck, richtig durchgegart zu sein. Ein bisschen zu teigig und weich sind sie. Dass Johannisbeeren an Rispen dazu serviert werden, ist schön, aber nun wirklich nicht saisonal.

Auch auf der anderen Seite gibt es ein wenig Enttäuschung. Die Spaghetti mit schwarzen Trüffeln und Zucchini-Streifen (13,50 Euro) sind insgesamt zu fad. Selbst, wenn sparsam gewürzt wurde, um den Trüffelgeschmack wirken zu lassen, sind die Späne dafür ebenfalls zu sparsam eingesetzt. Und am Tellerboden ertrinken die Nudeln und die dünn geschnittenen, für sich gut gewürzten Zucchini leider in Olivenöl.

Alle Aufmerksamkeit nun also auf den Nachtisch. Leider stehen derzeit nur zwei Desserts - Tiramisu oder Panna Cotta jeweils mit Erdbeeren - auf der Karte. Für uns ist das allerdings gar kein Problem, weil erst einmal unser Geschmack. Nachdem der Kellner dieses Mal aufmerksam gefragt hat, ob wir mit dem Dessert noch einen Moment warten möchten, stehen nach der gewünschten etwas längeren Verweildauer also zwei Erdbeer-Tiramisu (je 4,50 Euro) vor uns. Und dieser Anblick macht Appetit auf einen genussvollen Abschluss - auch, wenn eines der beiden nicht so schön mit Erdbeersoße dekoriert ist wie das andere.

Doch im Geschmack unterscheiden sie sich nicht. Und überzeugen: Köstlich die fruchtige Beeren-Komponente (obwohl auch bekanntlich gerade keine Erdbeerzeit ist) zu den mit Espresso getränkten Biskuits und der sahnigen Mascarpone-Creme! Unter die wird laut Till Schicker tatsächlich Sahne geschlagen. Eine lecker-leichtere Variante des italienischen Klassikers.

Licht im Dunkeln: das Restaurant an Quedlinburgs Marktkirchhof.
Licht im Dunkeln: das Restaurant an Quedlinburgs Marktkirchhof.
Chris Wohlfeld Lizenz