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Bauernschänke Spickendorf Bauernschänke Spickendorf: Gutbürgerlich und gut

Von Antonie Städter 03.08.2014, 11:18
Kellner Stephan Thürmer in der rustikal eingerichteten Bauernschänke der Keramikscheune Spickendorf
Kellner Stephan Thürmer in der rustikal eingerichteten Bauernschänke der Keramikscheune Spickendorf Andreas Stedtler Lizenz

Spickendorf/MZ. - Der Himmel bezieht sich ein wenig, aber es ist wunderbar warm an diesem Nachmittag.

Adresse: 06188 Landsberg OT Petersdorf, Wendenplatz 8

Kontakt: Tel.: 034602-951493, www.keramikscheune

spickendorf.de

Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 11-18 Uhr, Sonn- und Feiertag 12-17 Uhr sowie nach Vereinbarung

Angebote: Hauptgerichte: etwa sieben bis 16 Euro, offene Weine (0,25 l) kosten ab 4,20 Euro

Optimal, um unter freiem Himmel zu speisen. Da trifft es sich gut, dass die Bauernschänke Spickendorf (Saalekreis), gleich bei der in der Region bekannten Keramikscheune, auch einen Freisitz hat - für 150 Leute, wie wir später erfahren.

Problem: Erst einmal hinkommen! Die B 100 ist von Halle aus derzeit teilweise nur einspurig, wir haben den Feierabendverkehr unterschätzt. Die Zeit rennt. Um kurz nach fünf sind wir endlich am Ziel. Eine knappe Stunde bleibt uns fürs Drei-Gänge-Menü. . .

Doch der zuvorkommende Kellner lächelt. Kein Problem. Und wir finden: Das ist doch schon einmal ein guter Start. Wir haben uns - natürlich - für den Biergarten entschieden. Zu dieser Zeit ist er nur wenig gefüllt. Das Abendgeschäft würde man gerne noch ausbauen, sagt Monika Häder, die die Keramikscheune vor 23 Jahren mit ihrem Mann gegründet und später auch kulinarische Angebote vor Ort eingeführt hat.

Inzwischen kämen zwar auch viele Gäste allein wegen des Essens. Doch: „Die Gastronomie hängt an der Keramikscheune.“ Und so enden die Öffnungszeiten der Schänke mit jenen der Scheune, sind Mittagessen und Kaffeetrinken die am meisten genutzten Tischzeiten - es sei denn, es ist mal wieder eine Abendveranstaltung geplant. Oder man hat sich vorab für abends angemeldet.

Spezialkarte für Sommerpilze

Doch auch für unser unangemeldetes, frühes Abendbrot mitten in der Woche gibt es kulinarisch keine Einschränkungen. Die Wahl fällt für den Auftakt auf die Hühnerkraftbrühe (4,20 Euro) beziehungsweise das Pfifferlings-Rahm-Süppchen (4,80 Euro), das der in diesen Wochen aktuellen, schön abwechslungsreichen Spezialkarte rund um die Sommerpilze entnommen ist. Wobei uns bei der Brühe wundert: Darauf schwimmt kein einziges Fettauge. Bei einer Kraftbrühe wären einige davon schon zu erwarten. Das Fett wird abgeschöpft, da es viele nicht mögen, erfahren wir später.

Pfifferlingssüppchen als wahre Freude

Geschmacklich ist die Brühe in Ordnung, nicht nur optisch machen sich die Gemüsestreifen samt Petersilie darin gut. Eine wahre Freude ist das Pfifferlingssüppchen. Die Pilze reichlich und sehr klein gehackt, sahnig dick gerührt das Ganze - sehr gut.

Wobei das reinweiße Geschirr auffällt, auf dem die Gerichte formschön präsentiert werden. Keine Frage: Hier kennt man sich aus mit so etwas. Um uns herum lässt sich Keramik in ganz verschiedener Form betrachten - von drolligen Figuren für den Garten bis zur Terrakotta-Amphore. Um in das Gasthaus und den Freisitz zu gelangen, haben wir bereits die Keramikscheune mit allerlei Geschirr und Dekorationen durchquert. Und uns über einen Hinweis auf die erste Etage gewundert, wo es eine Verkaufsausstellung rund um das Thema Weihnachten geben soll. Eine Weihnachtsschau? Jetzt? Monika Häder sagt: „Die meisten Besucher freuen sich darüber.“ Dieses Wochenende wird die besondere Etage offiziell eröffnet - und als kleiner Gag dazu gar Stolle gereicht. Für uns soll es erst einmal etwas ganz anderes sein. Als Hauptgang kommt auf der einen Seite das Filet vom Zander in einer Riesling-Sauce mit Kartoffeln und Gemüse (14,20 Euro) auf den Tisch, auf der anderen Seite Filetspitzen vom Schwein mit frischen Pfifferlingen auf geschwenkten Lauchbandnudeln (15,90 Euro). Auch wenn die Zeit voranschreitet - der Kellner ist sehr entspannt, und wir sind es inzwischen auch. So etwas erlebt man wirklich nicht immer. Auch die Speisen sind sehr ordentlich. Vor allem: reichlich. So kann man das in einer Bauernschänke erwarten, wer will da schon gourmethafte Miniportionen. . .

Auch inhaltlich passt das Angebot: Hier dominiert die sogenannte gutbürgerliche Küche. Bauernsülze, Gulasch, Kohlroulade - Freunde des Deftigen kommen auf ihre Kosten. Dazu ein breites Weinangebot. Urig-gemütlich ist auch die Bauernschänke mit ihren 80 Plätzen eingerichtet, die einst ein Pferdestall war: mit Fellen an den Wänden und in rustikalen Holz- und Erdtönen gehalten. „Wir haben uns bemüht, den Urzustand des Stalles weitestgehend zu erhalten“, sagt Monika Häder. „Die Säulen, Bögen und Klinkersteine sind original.“

Auch im Freisitz herrscht an diesem frühen Abend Zufriedenheit - auf beiden Seiten des Tisches: Dass in diesem Hause auf gute Zutaten geachtet und keine Fertigkost serviert wird, ist von Anfang an klar. Hier die auf den Punkt gebratenen Filetspitzen zu frischen Pfifferlingen, dort der Fisch - weich, aber nicht zu weich und in einer schaumig aufgeschlagenen, schmackhaften Sauce. Gut, die Nudeln selbst bleiben ein wenig fad - und wir merken, dass leider die Gewürze auf dem Tisch hier draußen fehlen, der auch nicht (wie drinnen) bereits vorab komplett eingedeckt war. Dem Geschmack des Gerichtes tut dies kaum einen Abbruch. Trotzdem bleiben sowohl von der ordentlichen Portion Nudeln als auch einige Kartoffeln liegen. Es wartet schließlich noch ein dritter Gang. Wie gut es ist, daran gedacht zu haben, wird sich später noch zeigen. . .

Abwechslung an Gourmetabenden

So bodenständig es in der Bauernschänke im Alltag zugeht, so fein wird es hier hin und wieder. „Drei Mal im Jahr bieten wir richtige Gourmetessen an“, erzählt Monika Häder. Dann berichten sie und ihr Mann von ihren Reisen, samt eigens gedrehten Videos - und kulinarisch wird es dann ebenfalls international. In dem Falle: edel statt deftig. Die nächsten Abende dieser Art seien bereits ausgebucht, sagt sie, angefangen habe man damit indes ganz klein: „Bei der ersten dieser Veranstaltungen hatten wir gerade einmal zehn Buchungen.“ Nach und nach wurden es mehr.

Auch sonst ist der Veranstaltungskalender der als Familienbetrieb vom Ehepaar Häder, der Tochter und dem Schwiegersohn geführten Keramikscheune und Bauernschänke prall gefüllt. Einerseits gibt es wiederkehrende Mottotage und Feste, zum anderen wird etwa der Gutsherrensaal, in dem Platz für 200 Leute ist, für Privatfeiern wie Hochzeiten genutzt.

Der Höhepunkt unseres Besuchs kommt noch, wie uns prompt dämmert, als das Dessert serviert wird. Wobei vorab noch zu erwähnen ist, dass die Geduld des Kellners auch kurz vor Feierabend bemerkenswert ist: Er fragt gar, ob wir vor der Nachspeise, dem Dessertteller „Landlust“ (5,20 Euro), noch etwas warten möchten. Tun wir nicht, und vor uns steht dieses Nougatparfait, beziehungsweise drei dicke Scheiben davon, umgossen mit cremiger Vanillesauce, in der eingelegte Kirschen für eine fruchtige Note sorgen. Himmlisch! Steve Kliebisch, der Koch des Hauses, verrät, wie das gemacht wird: Eine Masse aus Nougat, Sahne und Lebkuchengewürzen wird in einer mit Folie ausgelegten Form zu Parfait gefroren. Dazu selbstgemachte Vanillesauce und die Kirschen. Das Einfache kann so gut sein . . .

Den Biergarten teilen sich die Gäste mit allerlei Dekorationen.
Den Biergarten teilen sich die Gäste mit allerlei Dekorationen.
Andreas Stedtler Lizenz