Auftakt im Marseille-Prozess Auftakt im Marseille-Prozess: Anwalt hält Richterin für befangen
Halle/dpa. - Der Prozess gegen den Hamburger UnternehmerUlrich Marseille (49) wegen versuchter Nötigung ist am Freitag inHalle bereits zum Auftakt ins Stocken geraten: Sein Verteidigerstellte vor dem Amtsgericht Halle-Saalkreis einen Befangenheitsantraggegen die Richterin Ina Westerhoff. Darüber muss nun ein andererRichter entscheiden. Für die Fortsetzung des Prozesses gibt esderzeit noch keinen Termin.
Rechtsanwalt Uwe Maeffert begründete seinen Antrag damit, dasssich die Richterin vor die Staatsanwaltschaft gestellt habe, als erseine Argumente auf Einstellung des Verfahrens vorgetragen habe.Während des Prozesses kam es zu teils heftigen Wortgefechten zwischenden Parteien.
Marseille ist angeklagt, im Juni 2000 während einesBerufungszivilverfahrens vor dem Oberlandesgericht Naumburg (OLG)einen Zeugen entweder selbst oder durch einen Unbekannten mit zweiBriefen bedroht zu haben. Dabei ging es um einen langjährigenRechtsstreit um den Verkauf von 2700 Plattenbau-Wohnungen nach derWende an Marseille durch die Wohnungsgesellschaft GWG Halle-Neustadt.Der Unternehmer fühlte sich in dem Geschäft von der GWG getäuscht undverlangte umgerechnet 64,9 Millionen Euro von dem Unternehmen zurück.Laut jetziger Anklage soll Marseille in dem Berufungsprozess versuchthaben, mit den Drohbriefen einen Zeugen dazu bewegen, vor dem OLGnicht auszusagen.
Der Hamburger Klinikunternehmer bestreitet die Vorwürfe nach wievor entschieden und sein Verteidiger beantragte die Einstellung desProzesses. «Das Verfahren ist die Geschichte eines Stückes einesabsurden Theaters», sagte der Hamburger Rechtsanwalt in dem vollbesetzten Gerichtssaal im Justizzentrum Halle. Es verstoße gegen denGrundsatz eines fairen Prozesses. Laut Verteidigung wurden dieErmittlungen gegen Marseille zum Vorwurf der Zeugenbedrohung bereitsim Jahr 2001 eingestellt.
Der jetzige Prozess vor dem Amtsgericht sei durch Ermittlungen derStaatsanwaltschaft Halle zustande gekommen, die «willkürlich und ohnesachlichen Grund» erfolgt seien. Es fehlten objektive Beweise.Staatsanwalt Ralf Leifermann wies die Vorwürfe der Verteidigungzurück. Die Ermittlungen gegen Marseille seien nach rechtsstaatlichenGrundsätzen wieder aufgenommen worden. Der Staatsanwalt beantragte,den Antrag der Verteidigung auf Einstellung des Verfahrensabzuweisen.