Anschlag in Merseburg 1999 Anschlag in Merseburg 1999: Fünf Jahre und acht Monate für Bombenbauer
Halle/dpa. - Zugleich appellierte der Richter an den Verurteilten, das Gespräch mit der Hauptbetroffenen, einer heute 23-jährigen Frau, zu suchen. Das Opfer verlor bei dem Anschlag beide Beine. Ein Termin sei geplant, aber noch nicht festgelegt worden, sagte ihr Rechtsanwalt Sven Leistikow. Seine Mandantin leide noch an den Folgen der Bombenexplosion. «Es gibt für die Tat eventuell ein Verzeihen, ein Verständnis gibt es aber nicht», sagte Leistikow als Nebenkläger in seinem Plädoyer vor Gericht. Er fordert im Auftrag seiner Mandatin rund 500 000 Euro an Schmerzensgeld- und Schadensersatz.
«Ich muss so oft darüber nachdenken, was für eine grauenvolle Tat das ist», sagte der Verurteilte. Im Zivilverfahren um Schmerzensgeld hat er seine Schuld bereits anerkannt.
Das Urteil konnte noch am ersten Prozesstag gesprochen werden, weil der aus dem thüringischen Rudolstadt stammende Mann schon im Vorfeld die Tat gestanden und auch im Prozess umfangreiche Aussagen gemacht hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft gefordert. Dagegen plädierte die Verteidigung auf fünf Jahre und sechs Monate Gefängnis.
Hintergrund für die Tat war ein Bandenkrieg im Rotlichtmilieu. Gegen den mutmaßliche Drahtzieher des Anschlags, Herbert Thieme, läuft seit längerer Zeit der Prozess in Halle. Thieme hat bislang in seinem Verfahren zu den Vorwürfen beharrlich geschwiegen. Der verurteilte Bombenbauer hatte in dem Prozess gegen ihn als Zeuge ausgesagt.
Der Sprengsatz war in einem Blumenkübel vor dem Lokal «Desperado» um 1.29 Uhr detoniert. Zu dem Zeitpunkt war in dem Lokal eine Geburtstagsparty im Gang. Die Bombe mit Zeitzünder und zwei Blöcken Sprengstoff mit insgesamt schätzungsweise 400 bis 600 Gramm baute der 31-jährige, weil ihn Thieme darum gebeten hatte. Den Sprengstoff samt Zünder hatte der gelernte Schlosser nach eigenen Angaben 1990 von einem Russen der damaligen sowjetischen Armee erworben.