AfD Sachsen-Anhalt AfD Sachsen-Anhalt: Kritik am Weihnachtsgruß
Halle (Saale) - Der Weihnachtsgruß der Alternative für Deutschland (AfD) Sachsen-Anhalt stößt nachträglich auf Kritik. Am 24. Dezember sprach der Landesverband in einem Post auf seiner Facebook-Seite unter anderem davon, in der Weihnachzeit über die „Verantwortung für die Volksgemeinschaft und nächste Generation“ nachzudenken.
Der verwendete Begriff „Volksgemeinschaft“ löste daraufhin eine Diskussion aus. Denn, so der Politikwissenschaftler Samuel Salzborn von der Universität Göttingen gegenüber tagesschau.de, der Begriff der Volksgemeinschaft sei historisch "eindeutig durch den Nationalsozialismus belegt".
Der Begriff sei in einer Demokratie unhaltbar, so der Professor, selbst wenn man sich auf den Standpunkt historischer Naivität zurückziehen würde. Die Idee einer Volksgemeinschaft sei generell nicht mit den Vorstellungen von Demokratie vereinbar.
AfD spricht von Sprachdiktatur
Am Mittwoch reagierte die AfD Sachsen-Anhalt mit einer Pressemitteilung auf die Kritik. Sie verwehrt sich darin gegen „das ideologische Überzeichnen und einseitige Zuordnen sprachlicher Begriffe, die in ihrem Ursprung und ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein positiver Ausdruck und Bestandteil der deutschen Sprache sind.“
Volksgemeinschaft ist aus Sicht der Landes-AfD ein solcher Begriff. „Die enthaltenen Worte Volk und Gemeinschaft sind in keiner Weise negativ zu sehen, so wie der Begriff Volksgemeinschaft insgesamt“, argumentiert die Partei. „Dies gilt auch für unzählige weitere Begriffe wie 'Volkswagen' oder 'Wolfsburg', die zur NS-Zeit ihre Hochzeit erlebten und heute trotzdem unverfängliche und solide Teile der deutschen Alltagssprache sind.“
AfD-Landeschef André Poggenburg findet: „Auch bekannte Politiker, wie der damalige SPD-Vorsitzende Friedrich Ebert, hatten die 'Volksgemeinschaft' als etwas Positives verstanden. Es kann also nicht sein, dass allein durch propagandistischen Missbrauch zuvor positiver, gesellschaftlich anerkannter Begriffe durch die NS-Diktatur, diese nun nicht mehr Bestandteil unserer deutschen Sprache sein dürfen.“
Einer neuerlichen Sprachdiktatur wolle sich die AfD aber entgegenstellen. „Die deutsche Sprache mit ihrer langen Geschichte und Entwicklung gehört allein dem deutschen Volk und nicht einer Demagogenclique aus längst vergangener Zeit oder heutigen selbsternannten Sprach- und Tugendwächtern“, so Poggenburg.
„Umso beschämender ist es, dass nun“, so Poggenburg weiter, „politische Gegner und sogar Teile der Medien, auf Grund fehlender sachlicher Argumente, den Begriff 'Volksgemeinschaft' wieder missbrauchen und als Rechtfertigung nutzen wollen, um mit der überstrapazierten 'Nazi-Keule' gegen die AfD vorzugehen.“
Wirkungsmächtiger Begriff im dritten Reich
In der politischen Ideenwelt des 20. Jahrhunderts bezeichnete "Volksgemeinschaft" das Ideal einer weitgehend konfliktfreien, harmonischen Gesellschaft, die Klassenschranken und Klassenkampf hinter sich gelassen hatte. Fast alle deutschen Parteien benutzten diesen Begriff seit dem Ersten Weltkrieg.
Besonders wirkungsmächtig war der Begriff im dritten Reich. Das Meyers Konversations-Lexikon definierte "Volksgemeinschaft" 1937 als „Zentralbegriff des nationalsozialistischen Denkens“. In dieser Zeit wurde damit ein Ideal sozialer Geborgenheit, politischer Gerechtigkeit und nationaler Erneuerung der deutschen Gesellschaft propagiert.
„Der weitverbreiteten und schon im Ersten Weltkrieg deutlich spürbaren ideologischen Strömung einer Volksgemeinschaft fiel mit Beginn der nationalsozialistischen Machtübernahme eine zentrale Funktion bei der Etablierung ihres totalitären Herrschaftssystems zu“, ist vom Deutschen Historischen Museum in Berlin zu erfahren.
Wer allerdings nicht zur deutschen „Volksgemeinschaft“ gehörte oder gehören wollte, wurde ausgegrenzt, zum Feind erklärt oder sogar vernichtet, schrieben Dietmar von Reeken und Malte Thießen 2013 im historischen Bildungsbuch: „Volksgemeinschaft als soziale Praxis“.
Der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt betonte auf Anfrage von tagesschau.de, derlei Äußerungen der AfD würden „selbstverständlich“ zur Kenntnis genommen und gegebenenfalls „im Kontext mit anderen Äußerungen bewertet.“ (mz/st)