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89er Klassenarbeit 89er Klassenarbeit: Mathe im Vergleich

Von Hans-Erdmann Gringer 08.12.2004, 18:10

Halle/MZ. - Der Pisa-Schock sitzt tief.Sind deutsche Schüler faul, unbegabt oderlernen sie das Falsche aus falschen Lehrbüchernmit überholten Schulmodellen? Das fragen sichnicht nur Eltern und Erzieher. Um dies näherzu beleuchten, begab sich das MDR-Magazin"Umschau" an das Burg-Gymnasium nach Wettinund an zwei Haupt- und Realschulen in Thüringenund Sachsen. Das Ergebnis zeigte der MDR amDienstagabend.

Jana Stahn, heute Lehrerin für Mathematikund Geografie am Burg-Gymnasium Wettin, hatte1989 im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der HalleschenUni eine Mathe-Klassenarbeit entwickelt. "Einneues Lehrbuch sollte damals herausgegebenwerden. Dazu waren Tests nötig um herauszufinden,welcher Aufgabentyp von den Schülern nochmehr geübt werden muss", erinnert sich dieheute 37-Jährige.

Sie stellte aus 36 Klassenarbeiten eine Musterarbeitzusammen: Gleichungen und Ungleichungen mitText- und Anwendungsaufgaben. Aber auch Prozentrechnungenwaren enthalten. Sechs siebte Klassen vondamaligen Polytechnischen Oberschulen ausHalle und Umgebung schrieben 1989 die Arbeit:"Sie waren vorbereitet, kannten aber die Aufgabennicht." Am Ende erreichten die rund 80 Schülereinen Zensuren-Durchschnitt von 3,2. "Nichtberauschend, aber realistisch", so Stahn.Die gleiche Musterarbeit wurde nun von derKlasse 8.1 am Wettiner Gymnasium und

gleichaltrigen Schülern der beiden Realschulen,die anonym bleiben wollten, erneut geschrieben.Freiwillig, trotz des zusätzlichen Stresses.Das Ergebnis: Während die Wettiner mit einemZensuren-Durchschnitt von 2,9 recht gut abschnitten,hatten die Realschüler beträchtliche Mühe,mitzuhalten. Sie landeten nur weit abgeschlagen;die Sachsen hatten einen Notendurchschnittvon 4,77 und die Thüringer von 4,79. "Rechnetman alle drei Durchschnitte zusammen, so habenwir mit 4,12 einen fast um eine ganze Noteschlechteren Durchschnitt als den von 1989",so MDR-Redakteurin Ulrike Martin, die dasSchul-Projekt betreute.

Ihr Fazit: "Wenn das DDR-Schulsystem auchpolitisch sehr zweifelhaft war, so scheintes aber in den Naturwissenschaften zu rechtguten Lernleistungen geführt zu haben. Vielleichtsollte man, auch unter dem Eindruck von Pisa,einmal über das Schulmodell von Finnland nachdenken.Dort sind die Schüler bis zur neunten Klassein einem Schultyp und gehen erst dann getrennteWege."

Jana Stahn ergänzt: "Mathe ist wie Sport.Man muss immer trainieren. Insofern bedauereich es etwas, dass die Schüler heute in dersiebten Klasse nur noch vier statt wie zuDDR-Zeiten sechs Stunden Mathematik pro Wochehaben. Der Eigenanteil an Übungen ist dadurchgrößer, das Lern-Pensum enorm. Um so wichtigerist Fleiß."