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Spektakulärer Fund im Brühl Spektakulärer Fund im Zeitzer Brühl: Alte Grabplatte gibt Fragen und Rätsel auf

Von Angelika Andräs 20.07.2016, 15:32
Grabungsmitarbeiterin Jacqueline Küster zeigt, wo das Lorbeerkranz-Muster auf dem Grabstein verläuft.
Grabungsmitarbeiterin Jacqueline Küster zeigt, wo das Lorbeerkranz-Muster auf dem Grabstein verläuft. Angelika Andräs

Zeitz - Hat er im Brühl gelebt? Oder befand sich das Grab auf dem Johannisfriedhof und die schwere Steinplatte wurde irgendwann als Baumaterial verwendet? Wie kommt eine Grabplatte in einen Wasserkanal? Und war es überhaupt ein „Er“? Das alles lässt sich noch nicht beantworten. Dennoch sorgte der Fund an sich schon einmal für großen Bahnhof im Brühl.

Bei den baubegleitenden archäologischen Untersuchungen im Brühl in Zeitz ist eine Grabplatte freigelegt worden. „Sie ist knapp zwei Meter groß, also genau 1,76 Meter“, erklärt Grabungsleiter Peter Hiptmair, Archäologe vom Landesamt Halle, „rund 80 Zentimeter breit und knapp 30 Zentimeter stark.“ Sie befindet sich direkt im Kanal, dort, wo er auf der Westseite den ältesten Stadtteil durchquert, und wurde dort offensichtlich genau eingepasst. Das wiederum lässt laut Hiptmair den Schluss zu, dass die Platte bereits dort gelegen hat, ehe um 1518 der Kanal gebaut worden ist.

Platte älter als der Kanal

Wie der Archäologe erzählt, haben die Anwohner im Brühl nämlich 1513 den Antrag gestellt, dass der Kanal überbaut werden soll. „Sie ist älter als der Kanal, das kann man schon sagen, der Kanal wurde darüber gebaut, und die Platte wurde auch extra dafür beschnitten.“ Damit sie „passt“, wurde sie nämlich auf der einen Seite bearbeitet. Deshalb ist das Lorbeerkranz-Muster, das offensichtlich zum erhabenen Teil der Platte gehört und das Schriftfeld einfasst, auch links nicht mehr vollständig erhalten. Ansonsten erkennt man aber sehr gut, wie Mitarbeiterin Jacqueline Küster zeigt, wo das Muster verläuft.

Auch die Schrift lässt sich noch relativ gut erkennen. Oder zumindest sieht man, dass der gesamte Mittelteil beschrieben ist. Leider ist diese nach den Jahrhunderten nicht mehr so erhalten, dass man auf Anhieb etwas lesen kann. „Wir haben auch schon einiges versucht, Fotos gemacht und die vergrößert, aber es ist nichts zu erkennen“, so Hiptmair, „aber da stehen die Chancen ganz gut, dass man etwas lesen kann, wenn die Grabplatte geborgen ist.“ Was mit schwerer Technik geschieht, denn sie wiegt bestimmt 500 Kilogramm, wie Hiptmair schätzt.

Zwischenlagerung im Schlossmuseum

Sie wird dann im Schlossmuseum Moritzburg zwischengelagert und gereinigt. Und dann wird es richtig spannend. Denn mit der Inschrift lässt sich vielleicht sogar die Frage beantworten, warum die Platte genau hier zu finden war. Und zu wessen Grab sie gehörte.

Vielleicht hätte der alte Stein weiter unentdeckt in der Erde geruht, wenn nicht an dieser Stelle Hausanschlüsse gelegt werden müssten, was bedeutet, dass die Archäologen hier tiefer ins Erdreich schauen dürfen.

Dabei legten sie gleich noch zwei weitere Funde frei: Direkt neben der Grabplatte sieht man die Reste einer hölzernen Einfassung und entlang der Schachtes zieht sich eine gut erhaltene Steinmauer. „Bei dem Holz handelt es sich um eine Holzkastenlatrine“, erklärt Peter Hiptmair, „wir wollen das Holz noch dendrochronologisch untersuchen lassen, um so das Alter herauszubekommen.“

Jahresringe werden ausgewertet

Dendrochronologie, Holzaltersbestimmung, ist eine Methode, bei der die Jahresringe ausgewertet werden. So lässt sich jeder einzelne Ring anhand seiner Breite und Beschaffenheit zurückverfolgen und einer bestimmten Wachstumszeit, einem Jahr, zuordnen. Und man erfährt, wann der Baum gefällt wurde. Ähnlich wird auch mit den Holzbalken aus dem Fundament des Hauses verfahren, die ein Stück weiter nördlich, aber ebenfalls auf der Westseite gefunden wurden.

Die archäologischen Untersuchungen gehen demnächst weiter im Straßenraum. Und selbst wenn die Arbeit vor Ort abgeschlossen ist, ist die Arbeit noch lange nicht beendet. Im Zuge der Auswertung, die sich an die Vor-Ort-Grabungen anschließt, kann es wichtige Erkenntnisse über den ältesten Zeitzer Stadtteil, seine Bebauung und Ausrichtung und das mittelalterliche Leben hier vor Ort geben. Immerhin wurden im Zuge der Baumaßnahme bereits das Steintor, Häuser in unterschiedlicher Bebauung, Kanäle und andere wichtige Orte vergangenen Lebens anhand von Funden lokalisiert und zugeordnet. (mz)