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Modellprojekt Modellprojekt: Schwerbehinderte Jugendliche sammeln Erfahrungen in der Praxis

Von Yvette Meinhardt 09.04.2014, 18:35
Lisa Kindschuh (rechts) kocht und bäckt gern. In der Servicegesellschaft Zeitz hat sie jetzt eine Arbeitsstelle gefunden. Küchenmeister Stephan Wolf steht ihr mit Rat und Tat zur Seite. Annett Kühn rollt den Hefeteig für einen Kokoskuchen aus. Gebacken wird mehrmals in der Woche.
Lisa Kindschuh (rechts) kocht und bäckt gern. In der Servicegesellschaft Zeitz hat sie jetzt eine Arbeitsstelle gefunden. Küchenmeister Stephan Wolf steht ihr mit Rat und Tat zur Seite. Annett Kühn rollt den Hefeteig für einen Kokoskuchen aus. Gebacken wird mehrmals in der Woche. Helga Freund Lizenz

Zeitz/MZ - Max Birke schraubt an Autos, wechselt die Sommerräder, überprüft den Luftdruck und wechselt den Filter. Der 17-Jährige blüht bei diesen Arbeiten richtig auf und absolviert in der Werkstatt Auto-Team Zeitz-Ost ein Praktikum. „Max stellt sich gut an und ist handwerklich geschickt“, sagt Inhaber Sven Göthling.

An diesem Tag schauen Astrid Kormann, Leiterin der Traugott-Weise-Schule, und Kathrin Heinicke vom Integrationsfachdienst (IFD) Sachsen-Anhalt in der Werkstatt vorbei. Im Rahmen eines Modellprojektes arbeiten Schule und IFD eng zusammen. „Ziel ist es, im Rahmen der Initiative Inklusion schwerbehinderte Jugendliche bei der Berufsorientierung zu unterstützten“, erklärt Kathrin Hennicke, die seit 2012 als Ansprechpartner für den Süden Sachsen-Anhalts gilt. Zum einen will man die individuellen Fähigkeiten der Schüler herausfinden, zum anderen geeignete Partner in der Praxis finden.

Aus Praktikum entsteht ein fester Arbeitsvertrag

Sozial engagierte Unternehmen können sich vom Integrationsfachdienst (IFD) zu Möglichkeiten der Unterstützung schwerbehinderter Jugendlicher beraten lassen, wenn es beispielsweise um die Durchführung von Praktika, die Einstellung von Menschen mit Behinderungen oder der behindertengerechten Ausstattung geht. (asm)

Weitere Informationen und Ansprechpartner des IFD gibt es im Internet auf: www.ifd-halle.de

In Zeitz ist man dabei auf einem ausgesprochen gutem Weg. Vier Schüler der Werkstufe (10. bis 12. Schuljahr) arbeiten in verschiedenen Praktika und in einem besonders hervorzuhebenden Fall entstand aus eben solch einem Praktikum sogar ein fester Arbeitsvertrag. „Möglich wurde dieser durch das gute Zusammenspiel von Schule, Integrationsfachdienst und Unternehmen“, erzählt Andreas Fuchs. Der Geschäftsführer der Servicegesellschaft Zeitz mbH sucht immer wieder Nachwuchs für das Unternehmen. In persönlichen Gesprächen konnte er die Schülerin Lisa Kindschuh kennenlernen. „Mir war es wichtig, ihre Pläne und Ziele zu erfahren, danach haben wir geschaut, ob sie in unser Unternehmen passen könnte“, beschreibt er die Vorgehensweise. So hat Lisa verschiedene Abteilungen durchlaufen, arbeitete in der Küche, in der Wäscherei, in der Gebäudereinigung und im Restaurantbetrieb in der Stiftung Seniorenhilfe. „Ich koche und backe sehr gern, in Küche und Catering fühle ich mich sehr wohl und arbeite sehr gern hier“, sagt Lisa Kindschuh. Und trotzdem gilt sie als schwerbeschädigt, sie besitzt keinen Schulabschluss und daher auch keine Aussicht auf eine Lehrausbildung. Nach den Praktika konnte das Unternehmen die Leistungsfähigkeit von Lisa einschätzen, kennt auch ihre Schwächen. So hat sie Probleme mit genauem Abwiegen, mit Mengenangaben und Namen. Aus diesem Grund steht ihr jemand zur Seite.

„In unserer Küche ist sie dennoch eine wertvolle Arbeitskraft. Wir wollen ihr gern eine Chance geben und haben ihr einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten“, sagt Fuchs. Denn ein großer Teil der Belegschaft im Unternehmen ist bereits über 50 Jahre alt, Nachwuchs zu bekommen sei schwierig. Das Unternehmen selbst bildet nicht aus. Für die Einstellung der schwerbehinderten Lisa hätte der Betrieb Fördermittel bekommen können. „Wir haben darauf verzichtet, denn Umbauten wie etwa zur behindertengerechten Ausstattung waren im Falle von Lisa nicht notwendig“, sagt Andreas Fuchs.

Max Birke absolviert bei Sven Göthling in der Autowerkstatt ein Praktikum.
Max Birke absolviert bei Sven Göthling in der Autowerkstatt ein Praktikum.
Helga Freund Lizenz