Luftfeuchtigkeit nicht über 65 Prozent Luftfeuchtigkeit nicht über 65 Prozent: Die Buchretterin von Zeitz

Zeitz/Naunhof - Wenn es um die Raumluft geht, da ist Susanne Lorenz sehr akribisch. Die 61-Jährige wacht mit Argusaugen darüber, dass dort, wo sie in ihrem Haus Bücher stehen hat, die Luftfeuchtigkeit nicht über 65 Prozent steigt. Denn dann könnten ihre Bücher Schaden nehmen, könnte Papier Papier schimmeln. Und das will Susanne Lorenz den Druckwerken nicht antun. Zuviel Ehrfurcht hat sie vor den Werken und der Arbeit, die am Ende in jedem einzelnen steckt.
Susanne Lorenz weiß genau, was sie tut und von was sie redet. Sie ist vom Fach. Die Frau, die nahe Leipzig in Naunhof wohnt und arbeitet, ist Restauratorin für Bücher und Papier. Und: Sie hat in der Vergangenheit nicht nur einmal für Zeitz gearbeitet. So hat sie bereits eine Reihe von Büchern für die Zeitzer Lutheridenbibliothek, die am Wochenende ihr 20-jähriges Bestehen feiert, restauriert. Auch für den Evangelischen Kirchenkreis Zeitz war sie schon tätig. Für ihn hat Susanne Lorenz jenen Sammelband restauriert, in dem vor Jahren ein originaler Thesendruck Luthers gefunden worden war.
Susanne Lorenz restauriert Papier ebenso wie Pergament oder Ledereinbände
Wenn Susanne Lorenz an Bücher Hand anlegt, dann restauriert sie Papier ebenso wie Pergament oder Ledereinbände. Sie beseitigt Schmutz, egal ob er durch häufiges Benutzen auf die Seiten gekommen ist oder ob Kaffee aufs Papier geschüttet wurde. Sie glättet Papier, setzt neues Material praktisch Faser für Faser an Stellen, wo das ursprüngliche nicht mehr vorhanden ist. Sie bindet nach alter Tradition auch Bücher neu. Papier, das von 1850 an bis in die 1980er Jahre hergestellt worden ist, muss sie Säure entziehen. Die Neutralisation geschieht zum Beispiel in speziellen Bädern oder Pulvern.
Das älteste Buch, das sie jemals zu Hause hatte, stammt aus dem Jahr 1517. Es war eben jener Sammelband aus Zeitz, in den die Luther-Thesen eingelegt waren. Bei dem Buch, erinnert sich die Restauratorin, waren der Deckel gebrochen, die sogenannten Schließen ab. Arbeitet die Handwerkerin an uralten Büchern, dann schweifen die Gedanken schon mal ab. „Dann frage ich mich, was das für Leute gewesen sind, die das Buch mal hergestellt haben oder wer es schon in Benutzung gehabt hat, wie die Menschen aussahen, was sie für Sorgen hatten“, sagt Lorenz.
Buch mit christlichen Zitaten in ihrer Werkstatt
Letztens habe sie ein Buch mit christlichen Zitaten in ihrer Werkstatt gehabt. Die Sprüche seien nach dem Jahreslauf geordnet gewesen. „Um Pfingsten rum, waren die Seiten sauber. Aber zur Weihnachtszeit waren sie voller Lampenruß.“ So erzählen Bücher eben auch andere als die niedergeschriebenen Geschichten.
Zuletzt hatte Lorenz für die Lutheridenbibliothek in Zeitz alte Dissertationen über Katharina von Bora, die Frau an Luthers Seite, in Arbeit, aber auch verschiedene Jahresbücher zu Luthergedenktagen wie zum Beispiel 200 Jahre Luther, 300 Jahre Luther... Dazu kam eine Bibel in zwei Bänden, illustriert von Gustav Doré. Die Werke haben viele Gebrauchspuren gehabt.
Die Restauratorin selbst nennt eine Bibel aus dem Jahr 1675 ihr Eigen. Das Buch ist etwa 1.200 Seiten stark und um die sieben Kilo schwer. In der Bibel blättere sie gern, sagt sie, und erfreue sich an den Illustrationen. Die sogenannte Frakturschrift lesen könne sie aber auch. Lesen an sich gehört natürlich auch zu ihren Leidenschaften. Um die 1.000 Bücher sind in ihrem Haus zu finden. Zu feucht steht keines. (mz)