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Letzte Stollen wandern in den Ofen

Von Klaus-Dieter Kunick 20.12.2006, 17:23

Theißen/MZ. - Die Nacht war für Thomas Wagner kurz nach Mitternacht zu Ende. Sein Arbeitstag beginnt um diese Zeit als Bäcker. Den Gasofen anheizen, den Teig für die Brötchen fertig machen und schon geht es los mit Backen. Um 6 Uhr werden die ersten Brötchen und Brote im rollenden Verkaufswagen, der über die Dörfer fährt, verstaut. Mit im Gepäck zu dieser Jahreszeit: Natürlich Stollen.

Mittwoch früh schob Bäckermeister Alfred Melzer aus Theißen die letzten 50 Stollen in den Ofen. Seit Mitte November hatte er damit zu tun. Es gebe Hunderte von Rezepten, jeder habe so seinen Geschmack, meinte der 65-Jährige. Er backe nach einem alten Rezept, denn schon seit Großvater habe die Bäckerei geführt. "Einige brachten uns aber auch die Zutaten, wir haben den Teig angefertigt und diese Stollen dann hier in den Ofen geschoben", erzählte der Altmeister. Einen Stollen habe er tiefgefroren und erst zum Gartenfest in diesem Sommer herausgeholt. "Der hat phantastisch geschmeckt", merkte Melzer an. "Es lassen leider immer weniger einen Stollen backen", ergänzte Melzer. Vor allem die Jüngeren, fügte er hinzu, würden sich den lieber im Supermarkt kaufen.

Margrit Graul aus Nonnewitz gehört nicht dazu. Sie bringe schon seit Jahren ihren Stollen zum Bäcker nach Theißen. "Das ist hier der beste Stollenbäcker", schwärmte sie. Mitte November würden die Vorbereitungen losgehen, meinte sie. 18 Stollen habe sie zum Backen gebracht. Das Rezept stamme noch von ihrer Großmutter. "Beim Stollenbacken verlässt sich meine Tochter lieber auf die Mutter", sagte Frau Graul schmunzelnd. Auf alle Fälle müsse er richtig durchziehen. Trockener Stollen schmecke schließlich nicht. Und am Ende müsse er stets mit guter Butter und Puderzucker überzogen werden. Die Stollen verschicke sie unter anderem an Freunde und Bekannte bis hin an die Mosel. Schon zu DDR-Zeiten habe sie Pakte fertig gemacht. Heute sei allerdings das Porto teuerer als der ganze Stollen.

Zu den etwa 25 Kunden, die den Stollen bei Melzer backen ließen, gehört auch Regina Krostewitz aus Wildschütz. Es gebe einen Unterschied, ob man den Stollen selber backe oder im Supermarkt kaufe. Selbst von Bäcker zu Bäcker würden Stollen anders schmecken, verriet die Wildschützerin.