500 Bomben auf Zeitz 500 Bomben auf Zeitz: Nur das Grabmal der Familie Gütte blieb

Zeitz - Eines der stilvollsten und kulturgeschichtlich bedeutsamsten Wandgrabmale auf dem Johannisfriedhof in der Stephansstraße erzählt nicht nur die Geschichte einer einst angesehenen Zeitzer Familie, sondern auch von einer schrecklichen menschlichen Tragödie während des Zweiten Weltkrieges. 75 Jahre ist es her: Der 30. November 1944 ist ein denkwürdiger Tag in der Zeitzer Stadtgeschichte.
Es war jener verhängnisvolle Donnerstag, an dem die Stadt Zeitz den schwersten Bombenangriff während des Zweiten Weltkrieges erlebte. Sogar die BBC London erwähnte den Luftangriff in ihren Meldungen, bei dem ungefähr 500 Bomben auf die Stadt niederfielen.
Häuser wurden ganz oder teilweise zerstört
Häuser wurden ganz oder teilweise zerstört, so unter anderem in der Besenstraße, Blücherstraße, Fischstraße, Humboldtstraße, Klosterstraße, Posaer Straße, Vater-Jahn-Straße und am Steinsgraben sowie in der „NS-Siedlung“. Auch öffentliche Gebäude wie die Schwimmhalle des Naetherbades oder ein Teil des Rathauses am Altmarkt versanken in Schutt und Asche. Im altertümlichen Wohnturm Freiheit 12 in der Stadtmauer detonierte eine Bombe mit Zeitzünder.
Als sogenannter Totalschaden gingen insgesamt 36 Gebäude in die Statistik ein, und 224 Wohnungen waren laut einer Meldung des Oberbürgermeisters vom 15. Januar 1945 vernichtet. Einige Häuser wurden wieder aufgebaut, an anderer Stelle wurde neu gebaut. Doch besonders präsent ist dieser Tag auf dem Johannisfriedhof: Ehrfürchtig bleibt der Spaziergänger unweigerlich vor der großen und schlanken, andächtig den Kopf gesenkten und auf einem Postament stehenden Mädchenskulptur stehen, die sich hinter der dominanten Einfassung erhebt.
Erbbegräbnis der Güttes im Stil des Art déco
Das Erbbegräbnis der Güttes im Stil des Art déco beeindruckt und mahnt vor dem Hintergrund ihrer Familiengeschichte gleichermaßen.
Am frühen Nachmittag des 30. November 1944, jener Donnerstag, als Zeitz den schwersten Bombenangriff während des Zweiten Weltkrieges erlebte, zerstörte eine Fliegerbombe auch das Haus Humboldtstraße 29. Sechs Personen befanden sich im Keller, die dort auf qualvolle Weise unter den Trümmern starben. „Gefallen durch Feindeinwirkung“, so die amtlich beurkundete Todesursache von Margarete Gütte und ihren drei Söhnen sowie dem Hausmeisterehepaar Otto und Anna Glinschert.
Bekanntester Angehöriger dieser Zeitzer Familie war Wilhelm Gütte
Werner Gütte, Ehemann und Familienvater, war als Unteroffizier bereits am 26. Juni 1944 während der schweren Kämpfe an der Ostfront im sowjetischen Tolotschin gefallen. Besondere Tragik ist, dass seine Familie in Zeitz damals noch nichts von seinem Tod wusste. Erst acht Jahre später, im Frühjahr 1952, konnte durch Recherchen des Suchdienstes für vermisste Deutsche im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin das Schicksal Werner Güttes endgültig geklärt werden. Eine ganze Familie war Opfer der durch den Faschismus in der Welt hervorgerufenen Gewalt und Zerstörung geworden.
Bekanntester Angehöriger dieser Zeitzer Familie war Wilhelm Gütte (1870-1933), langjähriger und verdienstvoller Direktor der Zeitzer Zuckerfabrik und Schwiegervater und Großvater der beim Bombenangriff getöteten Margarete und der Jungen. Seit 1906 lebte er mit seiner Familie in Zeitz. Durch sein hohes Fachwissen mit Weitblick auf den Gebieten der Ökonomie und Landwirtschaft erwarb er sich Anerkennung und Respekt bis in die obersten Regierungskreise.
Der Aufstieg der Zeitzer Zuckerfabrik
Der Aufstieg der Zeitzer Zuckerfabrik zur größten und produktivsten Weißzuckerfabrik des damaligen Deutschen Reiches war das Verdienst seiner geschickten Leitungstätigkeit. Der älteste Sohn von ihm und seiner Frau Marie, Wilhelm, führte in Meineweh das Rittergut. (mz)

